Die Schwellenländer hängen viel weniger von Rohstoffpreisen oder von der US-Wirtschaft ab als man annimmt. Investmentexperte Rob Marshall-Lee sagt, in welchen Branchen Potenzial besteht.

Von Rob Marshall-Lee, Investmentleiter für Schwellenländeraktien bei Newton, eine BNY Mellon Boutique

Die Industrialisierung in China löste in der Vergangenheit eine enorme Rohstoffnachfrage aus, wovon vor allem die Schwellenländer profiterten. Inzwischen üben andere Branchen wie der Bildungssektor oder das Gesundheitswesen einen viel grösseren Einfluss auf diese Volkswirtschaften aus.

Denn die Menschen in China werden nicht nur wohlhabender, sondern auch älter – und geben immer mehr Geld für Gesundheit und Bildung aus. Interessanterweise verfügen auch die Jungen in China über mehr Geld, so dass ihre Reiseaktivitäten zunehmen. Ausserdem nutzt die junge Generation das mobile Internet eher als PCs.

Stärkeres Wachstum in Indien

Das strukturelle Wachstumspotenzial spricht dafür, dass Indien ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau deutlich zulegen wird. Gestützt wird diese Entwicklung durch das demografische Umfeld, die niedrige Verschuldung der Privathaushalte sowie einer vielversprechende Reformagenda des Staates.

Premierminister Narendra Modi agiert proaktiv und setzt Wirtschaftsreformen durch. Zudem löst er Wachstumsbremsen (etwa in der Infrastruktur). Die Erträge indischer Firmen haben inzwischen ein zyklisches Tief erreicht, so dass die Unternehmensgewinne wieder steigen werden (vgl. nachstehende Grafik)

Indien vs. USA – Kapitalrendite indischer Firmen

BNYM Chart 500

Obwohl die Schwellenländer von der zunehmenden Globalisierung profitiert haben, scheint nun der scharfe Tonfall der Populisten im Westen die Haltung gegenüber den Schwellenländern zu beeinträchtigen. Zwar besteht derzeit die Gefahr von mehr Protektionismus und Handelskriegen, doch die Schwellenländermärkte entwickeln sich nach wie vor erfreulich. Was heisst das?

Marktausblick für Schwellenländeraktien

  • Rob Marshall-Lee hat seine Engagements in Mexiko im November aufgrund des gesunkenen Bewertungsniveaus aufgestockt.
  • In Indien stellt er eine zyklische Erholungstendenz fest, die vom Konsumsektor ausgeht. Das strukturelle Wachstumspotenzial wird durch die wieder anziehende Produktivität gestützt.
  • Obwohl die Aussichten für das chinesische Wirtschaftswachstum vergleichsweise zurückhaltend sind, sieht Marshall-Lee für ausgewählte Branchen und Unternehmen mit nachhaltigen Wachstumsaussichten einiges Potenzial. Zu diesem «neuem China» gehören die Segmente Internet, Gesundheitswesen, Bildung und Elektrofahrzeuge.
  • Für Brasilien bleibt Marshall-Lee trotz des jüngsten Aufschwungs zurückhaltend gestimmt.

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