Die Analyse des Ankaufprogramms der Europäischen Zentralbank zeigt: Es profitierten vor allem die Firmenanleihen von Anheuser-Busch InBev, EDF und Telefonica, sagt Wolfgang Bauer von M&G.

Von Wolfgang Bauer, Fondsmanager des M&G Global Corporate Bond Fund und des M&G European Corporate Bond Fund

Die Spreads auf europäische Unternehmensanleihen mit Investment Grade (IG) sind derzeit mehr als 40 Basispunkte enger als Anfang März 2016. Damals gab die Europäische Zentralbank (EZB) die Ausweitung des quantitativen Lockerungsprogramms in den Sektor für Euro-IG-Unternehmensanleihen bekannt.

Zur starken Wertentwicklung der Assetklasse trug der technische Rückenwind durch die monatlichen Anleihenkäufe von etwa 7,5 Milliarden Euro seit Juni im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) wesentlich bei.

Drosselung der Käufe

Die EZB erschuf eine CSPP-Bilanz von Positionen in Firmenanleihen im Wert von insgesamt 83,4 Milliarden Euro. So beeindruckend diese Zahl auch klingen mag: Man sollte nicht vergessen, dass es sich bei dem CSPP nur um eins von vier Programmen des ausgeweiteten Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) der EZB handelt.

Das CSPP ist in seinem Umfang zwar deutlich grösser als das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP), aber wesentlich kleiner als das dritte Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP3) und vor allem kleiner als das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP).

Die grosse Frage

Die Positionen des PSPP im Wert von 1,5 Billionen Euro machen mehr als 80-Prozent der gesamten Positionen im Rahmen des APP aus, das CSPP umfasst weniger als 5 Prozent.

Im Dezember letztes Jahr kündigte die EZB eine Erweiterung des APP, aber eine Reduzierung der monatlichen Gesamtkäufe von 80 Milliarden Euro auf 60 Milliarden Euro ab April 2017 an. Die grosse Frage für Anleger in Unternehmensanleihen, wie wir es sind, war, ob die EZB die CSPP-Käufe in Übereinstimmung mit den Gesamtkäufen im Rahmen des APP senken würde oder nicht.

Starke Liquidität

Basierend auf den wöchentlichen Finanzberichten der EZB berechneten wir ab Juni 2016 rollierende Kaufvolumina für Zeiträume von vier Wochen – stellvertretend für Käufe auf Monatsbasis. Im August und noch stärker im Dezember wurden die Käufe signifikant zurückgefahren.

Wenn man bedenkt, wie stark die Liquidität am Anleihenmarkt im Hochsommer und zwischen Weihnachten und Neujahr nachlässt, ist diese Tatsache nicht sonderlich überraschend. Interessanter ist hingegen der jüngste Rückgang im Umfang der Ankäufe von Januar bis April 2017. Die APP-Käufe liegen mittlerweile bei etwa 60 Milliarden Euro pro Monat und stimmen somit mit der Ankündigung der EZB überein.

Erwähnenswert ist, dass die Reduktion der monatlichen CSPP-Käufe auf derzeit 5,6 Milliarden Euro scheinbar proportional zur APP-Drosselung insgesamt verläuft.

Total 912 Unternehmensanleihen gekauft

Wir gingen noch einen Schritt weiter und schauten uns einzelne Emittenten von Unternehmensanleihen und Industriesektoren an, deren Bewertungen bisher von dem CSPP profitierten. Diese könnten jedoch darunter leiden, wenn die Ankäufe weiter eingeschränkt oder vollständig eingestellt werden.

Die Analyse gestaltet sich jedoch komplizierter als man denkt: Zwar wird das Gesamtvolumen der Käufe sowie die Identität der 912 Unternehmensanleihen, die im Rahmen des CSPP gekauft wurden, von der EZB und entsprechend von den nationalen Zentralbanken veröffentlicht – die Positionsgrössen indes nicht.

Aus diesem Grund können wir die Portfoliogewichtungen für die einzelnen Anleihen, Emittenten und Sektoren nicht genau berechnen. In unserer Analyse haben wir angenommen, dass die EZB die Unternehmensanleihen in Proportion zu den ausstehenden Beträgen gekauft hat, was nicht sehr wahrscheinlich ist, aber dennoch unserer besten Schätzung entspricht.

Die grössten Profiteure

Entsprechend unserer Analyse sind die Emittenten von Unternehmensanleihen, die vom CSPP am meisten profitieren, Anheuser-Busch InBev, EDF und Telefonica, gefolgt von Daimler und BMW.

Beispielsweise haben alle 18 Anleihen von AB InBev auf der Liste der CSPP-Positionen einen ausstehenden Betrag von insgesamt 23,3 Milliarden Euro, was 3,6 Prozent des ausstehenden Gesamtbetrags aller Unternehmensanleihen im Bestand der EZB entspricht. Mit Blick auf Industriesektoren bestand die grösste Nachfrage des CSPP bei Versorgern, nicht zyklischen Werten und zyklischen Konsumwerten.

Technische Überlegungen

Durch sinkende und letztendlich endende CSPP-Käufe dürfte sich die Angebot-und-Nachfrage-Dynamik für diese Emittenten und Sektoren unter sonst gleichen Bedingungen aller Wahrscheinlichkeit nach verschlechtern, was zu einer potenziellen Minderperformance gegenüber dem weiteren Universum für Euro-IG-Firmenanleihen führen könnte.

Wichtig zu erwähnen ist jedoch, dass diese technischen Überlegungen nur einen Einflussfaktor für Anleihen-Bewertungen darstellen. Die Kredit- und Sektor-Fundamentaldaten sind mindestens genauso wichtig – vor allem für Investoren mit einem längeren Anlagehorizont.