Die Digitalisierung stellt einen Dreh- und Angelpunkt des Bankgeschäfts in Frage: Robo-Advisors sollen die Branche revolutionieren und den Berater ablösen. Doch wird es wirklich so weit kommen?

Von Antony Lassanianos, CEO der VP Bank (Schweiz)

Bereits im Mai 2015 titelte das britische Wirtschaftsmagazin «The Economist»: «Menschliche Anlageberater kommen aus der Mode.»

Damit formulierte das Magazin pointiert, was heute lautstark von vielen Medien und Trendforschern behauptet wird: In Zukunft sollen algorithmenbasierte Programme – sogenannte Robo-Advisors – in der Vermögensverwaltung an Bedeutung gewinnen und mit menschlichen Beratern konkurrieren. Wie ist diese Entwicklung zu beurteilen?

Welche Vorteile bringt sie für den Kunden? Und wird der Anlageberater aus «Fleisch und Blut» tatsächlich überflüssig?

Digitalisierung als Vorteil

Eines ist klar: Die Digitalisierung des Finanzsektors ist unumkehrbar. Bankkunden aller Generationen benutzen heute das Internet für zahlreiche Finanzgeschäfte und erwarten ein bequemes, modernes E-Banking. Die neuen Kommunikationsgewohnheiten und mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablet-PCs werden diesen Trend noch verstärken. Robo-Advisors sind in der Lage, basierend auf Algorithmen und Big Data, eigene Anlagestrategien zu entwickeln und diese zeitnah umzusetzen.

Als Kunde hat man, je nach Anbieter, mehr oder weniger grosse Möglichkeiten, um Einfluss auf Anlagestrategien zu nehmen, die Allokation zu individualisieren, Sektoren zu favorisieren und Produkte zu definieren, mit denen nicht gehandelt werden soll.

Somit bringt die Digitalisierung der Finanzbranche durchaus Vorteile. Die Vermögensverwaltung durch solche automatisierte Lösungen wird insgesamt günstiger und selbst für kleinere Beträge verfügbar.

Diskutieren und reflektieren

Jede Technologie hat jedoch ihre Grenzen – auch Robo-Advisors haben solche. Sie funktionieren zwar schnell, sachlich und logisch. Doch die Verfechter vollautomatisierter Lösungen vergessen, dass Vermögensverwaltung keine rein rational-analytische Angelegenheit ist.

Denn hinter jedem zu verwaltenden Vermögen steht ein Mensch, mit individuellen Bedürfnissen und Wünschen. Ein Mensch, der sein Vermögen in guten Händen wissen will, der seine Bedenken mit einem Berater diskutieren und reflektieren will.

Mehr als zahlengetriebene Parameter

Oder anders gesagt: Ein über viele Jahre erarbeitetes Vermögen gibt man nicht bereitwillig in die «Hände» von Robotern. Denn Vermögensverwaltung beruht wie kaum ein anderes Geschäft auf Vertrauen. Zudem sind Robo-Advisors nicht in der Lage, eine Situation empathisch zu erfassen.

Ein professioneller Kundenberater berücksichtigt weit mehr als nur zahlengetriebene Finanz- und Risikoparameter. Er verfügt über persönliche Fähigkeiten wie Interesse, Empathie und Verständnisfähigkeit – Eigenschaften, die eine Maschine in dieser Art nie besitzen wird.

Emotionen gehören dazu

Für die VP Bank umfasst ein Beratungsprozess vier Schritte: Verstehen – Beraten – Umsetzen – Begleiten. Vier Schritte, die wir gemeinsam mit unseren Kunden zur Umsetzung ihrer Anlageziele gehen. Jeder dieser Schritte setzt Neugier, Ausdauer und emotionale Intelligenz beim Berater voraus.

Dabei ist es evident: Die grösste Stärke automatisierter Lösungen, die Befreiung der Entscheidungen von Emotionen, ist zugleich deren grösste Schwäche. Wir bei der VP Bank sind uns dessen bewusst und legen umso mehr Wert darauf, das Menschliche, Individuelle und Besondere unserer Kunden mit massgeschneiderter Vermögensverwaltung, Anlageberatung sowie Vermögensplanung zu kombinieren.

Nichtsdestotrotz erwarten die Kunden heute digitale Zugangswege zu ihrer Bank. Die Finanzinstitute müssen daher ebenfalls ein Omni-Channel-Angebot anbieten, das optimal zusammenspielt und die sich verändernden Kundenbedürfnisse abdeckt.

Bloss keine Glorifizierung

Die VP Bank hat die Zeichen der Zeit erkannt und investiert gezielt in digitale Lösungen, die das Leben von Privatkunden und Intermediären einfacher machen. Gleichzeitig arbeiten wir intensiv daran, digitale Plattformen und persönliche Beratung geschickt zu verknüpfen. Denn wir sind überzeugt: Das Erfolgsmodell der Zukunft wird eine Kombination aus automatisierten Dienstleistungen und persönlicher Beratung sein.

Diese sogenannte «hybride Beratung» verbindet die Vorteile digitaler Lösungen mit der Erfahrung und dem Wissen eines menschlichen Beraters. Der wohl grösste Fehler, den Banken begehen können, ist die Digitalisierung zu glorifizieren.

Sozialkompetenz bleibt den Menschen vorbehalten

Robo-Advisors werden vorläufig nicht in der Lage sein, die Stärken eines persönlichen Kundenberaters zu ersetzen. Sozialkompetenz ist und bleibt den Menschen vorbehalten. Technologische Entwicklung hin oder her.

Für die VP Bank ist klar: Wir bleiben unseren Wurzeln treu und werden den Menschen auch weiterhin in den Mittelpunkt stellen. Genauso wie es unser Gründer Guido Feger vorgelebt hat. Sein Unternehmergeist und sein Denken bestimmen noch heute die Werte der VP Bank.

Sie stehen für Verlässlichkeit und Kontinuität einer leistungsstarken Privatbank, die in ihrem Denken und Handeln stets einen Schritt weitergeht, als es die Aufgabe verlangt. So bewegen wir uns auch in Zukunft «sicher voraus».


 Antony Lassanianos ist seit 2014 Mitglied der Geschäftsleitung der VP Bank (Schweiz). Im Juni 2016 übernahm er seine Funktion als CEO der Schweizer Niederlassung, die zur weltweit tätigen VP Bank Gruppe gehört. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!