Die Navigation durch die globalen wirtschaftlichen Entwicklungen – ein Ausblick von Jean-Christophe Rochat, Chief Investment Officer der Banque Heritage.
Es ist klar, dass wir in dieser zweiten Jahreshälfte 2023 durch einige komplexe globale wirtschaftliche Entwicklungen navigieren. Die Aktienmärkte wurden durch unerwartet gute makro- und mikroökonomische Daten nach oben getrieben. Die Inflation zeigte endlich Anzeichen einer Entspannung auf beiden Seiten des Atlantiks. Darüber hinaus nähert sich die Geldpolitik, auch wenn sie immer noch restriktiv ist, Monat für Monat ihrem Wendepunkt.
Der makroökonomische Kontext ist nach wie vor aber fragil, während einige Anlageklassen zu teuren Bewertungen gehandelt werden. Wie können wir also in diesem Umfeld navigieren und unser Portfolio konsequent positionieren?
Europas turbulente wirtschaftliche Lage
Trotz der aggressiven Straffung der Geldpolitik durch die Federal Reserve hat die US-Wirtschaft eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit gezeigt. Der Abwärtstrend bei der Inflation und eine wahrscheinliche weiche Landung deuten darauf hin, dass das amerikanische Schiff dank eines florierenden Dienstleistungssektors, eines immer noch robusten Konsumverhaltens und eines starken Arbeitsmarktes auch in turbulenten Gewässern stabil bleiben könnte.
Europa hingegen sieht sich unruhigeren Gewässern gegenüber. Auf dem Kontinent herrscht eine anhaltende Inflation und das Wachstum ist am stärksten beeinträchtigt. Der geopolitische Sturm des Ukraine-Kriegs und die Abhängigkeit von russischer Energie, gepaart mit einem Einbruch des Inlandsverbrauchs und einer geschwächten internationalen Nachfrage, haben die EU seit dem ersten Quartal 2023 in eine Rezession geführt.
Unsicheres Fahrwasser
Die Schwellenländer sind in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung weiter fortgeschritten, aber der starke Dollar und die Politik der Federal Reserve stellen einen erheblichen Gegenwind dar. Während sich die Inflation in vielen dieser Länder in Grenzen hält und die Wachstumsaussichten vielversprechend sind, bleibt die Bedienung der Schulden für viele dieser Volkswirtschaften eine gewaltige Herausforderung.
In diesem unsicheren Fahrwasser verfolgen wir eine umsichtige, aber opportunistische Diversifizierungsstrategie. Sowohl Aktien als auch Anleihen spielen eine wichtige Rolle und geben uns die Möglichkeit, durch die verschiedenen Stadien des Wirtschaftszyklus zu navigieren. Wir halten eine neutrale Position in unserem Aktienportfolio und bevorzugen den US-Markt trotz seiner hohen Bewertungen. In den Schwellenländern sind wir jedoch vorsichtig, insbesondere in jenen, die stark von der Rohstoffproduktion abhängig sind.
Gold als glänzende Investition
Meiner Meinung nach glänzt der Anleihenmarkt mit risikobereinigten Renditen. Staatsanleihen aus den USA und Europa bieten verlockende Chancen, insbesondere angesichts der erwarteten Verlangsamung der Inflation und der bevorstehenden Anpassungen der Geldpolitik. Ich empfehle auch hochwertige Unternehmensanleihen als wirksamen Puffer gegen mögliche Korrekturen am Aktienmarkt.
Gold behält in dieser unsicheren Wirtschaftslage seinen Glanz bei. Angesichts der anhaltenden Nachfrage seitens der Zentralbanken und der mittelfristigen Abschwächung des Dollars scheint es, dass Gold weiter an Wert gewinnen wird. Andererseits werden die Ölpreise weiterhin durch die gedämpfte globale Wirtschaftstätigkeit gebremst.
Was die Währungen betrifft, so hat sich der Dollar inmitten der wirtschaftlichen und geopolitischen Turbulenzen gut gehalten. Ich rechne jedoch mittelfristig mit einer möglichen Abschwächung gegenüber dem Euro und dem Franken, sobald die US-Notenbank ihr Straffungsprogramm beendet.
Jean-Christophe Rochat, Chief Investment Officer der Banque Heritage verfügt über knapp zwanzig Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung und ist seit 2009 für die Banque Heritage mit Hauptsitz in Genf, sowie Filialen in Basel, Sion und Zürich tätig.