Markus Werner, Head Intermediary Business, über die zukünftigen Herausforderungen, denen sich unabhängige Vermögensverwalter stellen müssen.
Markus Werner, Sie sind in ihrer Funktion als Head Intermediary Business für das Geschäft mit unabhängigen Vermögensverwaltern in der Schweiz und in Liechtenstein verantwortlich. Wie wichtig ist dieses Geschäft für die Bank?
Es ist für uns seit 30 Jahren ein strategisch wichtiges Geschäftsfeld und umfasst nebst Vermögensverwaltern auch Multi Family Offices, Fund Management Companies, Trust Companies und Rechtsanwaltskanzleien.
Wir betreuen unsere Partner von unseren Standorten Vaduz, Zürich, Genf und Lugano aus und möchten das Geschäft gezielt erweitern. Dazu gehören nebst dem weiteren Ausbau unserer Plattformen in der Schweiz und Liechtenstein, auch die internationale Diversifikation nach Deutschland und UK.
Nach langer Zeit scheint nun ein Ende der Pandemie in Sicht. Wie lief die digitale Zusammenarbeit mit den Vermögensverwaltern in dieser schwierigen Phase?
Die verlief ausgesprochen gut. Die meisten digitalen Tools wie MS Teams haben wir schon vorher genutzt. Unser neu entwickeltes Online-Banking für unabhängige Vermögensverwalter war bei Ausbruch der Pandemie bereits voll in Betrieb, was ausserordentlich hilfreich war.
«OpenWealth vereinfacht den Einsatz von Open-Banking-Lösungen, insbesondere auch für Vermögensverwalter»
Die Prozesse, die zuvor physisch abliefen, haben wir im Frühjahr 2020 nach agilen Grundsätzen recht schnell und unkompliziert auf digitale Lösungen umgestellt.
Ein grosses Thema, das die Branche zurzeit bewegt, ist das sogenannte «Open Banking». Wie wird dies die Zusammenarbeit zwischen Banken und unabhängigen Vermögensverwalter verändern?
Hier gibt es sehr spannende, neue Entwicklungen. Mehrere Banken, darunter auch die LGT, haben begonnen, sich intensiv mit OpenWealth zu beschäftigen, auch im Rahmen der OpenWealth Association, wo die LGT aktives Mitglied ist. Open Wealth vereinfacht den Einsatz von Open-Banking-Lösungen, insbesondere auch für Vermögensverwalter.
Ziel ist es, standardisierte Schnittstellen zwischen der Bank, den verschiedenen Finanzintermediären sowie IT Service Providern zu schaffen. Die Vermögensverwalter können über diese Schnittstellen Kundendaten von ihrer Bank beziehen und ihr liefern, diese in ihren eigenen Systemen automatisch verarbeiten, Wertschriftenpositionen elektronisch abgleichen, Transaktionen digital auslösen, Kundenprofile aktualisieren und mittelfristig sogar Kontoeröffnungen durchführen.
«Für uns als Partner der Vermögensverwalter ist der Schutz der Kundendaten fundamental»
Diese Normierungsbestrebungen werden sowohl für die Vermögensverwalter wie auch für die Depotbanken die Entwicklungs- und Betriebsaufwendungen sowie die Umsetzungsfristen massiv reduzieren.
Open Banking bringt also Vorteile, birgt aber wahrscheinlich auch Gefahren, gerade im Bereich des Datenschutzes und der Cybersecurity. Wie schätzen Sie die Risiken ein?
Die Öffnung von Schnittstellen und der vermehrte Datenaustausch stellen sowohl Banken als auch Vermögensverwalter definitiv vor neue, sehr wichtige Herausforderungen. Für uns als Partner der Vermögensverwalter ist der Schutz der Kundendaten fundamental.
Der Datenaustausch gemäss höchsten Sicherheitsstandards muss deshalb unbedingt von beiden Seiten gewährleistet werden. Einschlägige Monitoring- und Sicherheitsmechanismen sind zwingende Voraussetzungen für den sicheren Betrieb der Systeme und Schnittstellen.
Was bietet die LGT den unabhängigen Vermögensverwaltern in Bezug auf Open Banking?
Die LGT bietet diesen bereits jetzt elektronische, bi-direktionale Schnittstellen an und arbeitet daran, in Zusammenarbeit mit der OpenWealth Association, weitere elektronische Schnittstellen zu standardisieren, unter anderem für Kontoeröffnungen, Transaktionsabwicklungen oder die Belastung der Managementgebühren. Weiter sind Bestrebungen zur datentechnischen Normierung bezüglich KYC-Fragestellungen im Gange.
Unabhängige Vermögensverwalter sind ja nicht nur Partner, sondern auch Konkurrenten von Banken im Wettbewerb um Endkunden. Wie beurteilen Sie deren Wettbewerbsposition?
Vermögensverwalter haben attraktive USPs im Vergleich zu Banken: Ihre Flexibilität, Unabhängigkeit, Individualität, ihr kundenspezifisches Know-how und ihre sehr engen Kundenbeziehungen bieten ihnen auch zukünftig grosse Chancen.
«Für unsere Intermediärkunden führen wir die Veranstaltungsreihe ‹Fit for Sustainability› durch»
Um jedoch weiterhin erfolgreich zu bleiben, müssen sie Marktveränderungen, vor allem auch regulatorische, zu ihrem Vorteil nutzen. Die steigenden Kunden-Anforderungen machen meines Erachtens eine weitere Spezialisierung notwendig. Durch Fidleg/Finig werden Vermögensverwalter teilweise auch neue Geschäftsmodelle oder Kooperationsmöglichkeiten näher prüfen.
Ein weiteres wichtiges Thema der Branche ist der Bereich Nachhaltigkeit. Was bietet die LGT den Intermediären in diesem Bereich?
Für die Intermediäre werden wir in diesem Jahr ein umfassendes und sehr attraktives Angebot lancieren, welches Dienstleistungen wie den Zugang zu Research-Inhalten im Bereich Nachhaltigkeit, die Schaffung von Transparenz durch Bereitstellung von Nachhaltigkeitsratings und -analysen, den Wissenstransfer sowie die Unterstützung bei regulatorischen Fragestellungen beinhaltet.
Eigens für unsere Intermediärkunden führen wir seit Anfang Jahr auch die Veranstaltungsreihe «Fit for Sustainability» durch, in welcher interne und externe Spezialisten spannende Themen rund um Nachhaltigkeit und nachhaltiges Investieren beleuchten.
In der Januar-Veranstaltung zeigten wir beispielsweise, wie die LGT «Net-Zero» bis 2030 umsetzen wird. Unser nächster Event zum Thema «Bedeutende Rolle der Finanzindustrie für Mensch und Umwelt» findet Ende März 2022 mit dem bekannten Umweltforscher der ETH Zürich, Reto Knutti, statt.
Regulationsdruck, zunehmende Wichtigkeit von Nachhaltigkeit, Generationswechsel: Was erwarten Sie angesichts dieser Entwicklungen für die Gesamtbranche der unabhängigen Vermögensverwalter?
Die Situation ist herausfordernd. Dies nicht nur aufgrund der Regulierung und der damit verbundenen Kosten. Auch die Kundenbedürfnisse steigen und wir stellen fest, dass die Kunden zunehmend preissensibler werden. Die Margen stehen unter Druck. In diesem Zusammenhang spielt natürlich auch die Struktur der Branche eine Rolle: Rund die Hälfte der unabhängigen Vermögensverwalter besteht aus Firmen mit vier oder weniger Mitarbeitenden.
«Der Markt hat grosses Wachstumspotenzial»
Die Vermögensverwalter werden ihre Geschäftsmodelle spezifischer definieren, um die künftigen Bedürfnisse der Kunden und die steigende Komplexität bewältigen zu können. Outsourcing von Dienstleistungen respektive Zusammenschlüsse in operativen Servicecenter sind interessante Möglichkeiten zur Steuerung der Kostenstruktur.
Trotzdem hat der Markt grosses Wachstumspotenzial. Beispielsweise erwartet die Boston Consulting Group in den nächsten fünf Jahren ein globales Wachstum in der Vermögensverwaltung von 3,2 Prozent. Im Bereich der unabhängigen Vermögensverwalter dürfte das Wachstum sogar noch etwas höher liegen.
Wir sehen diese Entwicklung als grosse Chance für die LGT und planen weitere Investitionen in die Verbesserung unseres Angebots für unsere Partner. Mit dem Ausbau unseres Active-Advisory-Angebots, neuen digitalen Dienstleistungen, einer Ausweitung unseres Nachhaltigkeitsangebotes sowie dem Zugang zu unseren Privatmarkt-Angeboten wollen wir Vermögensverwalter dabei unterstützen, ihre Kunden noch besser zu betreuen.
Markus Werner ist seit 2011 Mitglied der Geschäftsleitung der LGT Bank und seit 2018 Head Intermediary Business der beiden Banken in der Schweiz und Liechtenstein. Er ist seit 1996 bei der LGT Bank tätig, eidg. dipl. Bankfachexperte und eidg. dipl. Finanz- und Anlageexperte AZEK.