Die Harmonisierung des Finanzwesens in der EU schreitet weiter voran. Nun werden die Kapitalmärkte durch neue Richtlinien für die Wertpapierabwicklung vereinheitlicht.
Nach der gemeinsamen Währung, gemeinsamen Zahlungsverkehrssystemen und einheitlichen Wertpapiervorschriften nimmt sich die EU nun mit der Abwicklungsdisziplin CSDR III (Central Securities Depositories Regulation - CSDR) den Kapitalmärkten an.
Natürlich kommen die neuen Regularien mit einer ganzen Reihe neuer Begrifflichkeiten daher, aber letzten Endes soll die Verordnung über die Zentralverwahrer die Zahl der Ausfälle bei der Handelsabwicklung verringern und das Wertpapiergeschäft mit der übrigen Finanzwelt in Einklang bringen - und zwar in Echtzeit.
Frédéric Viard, Director of Financial Messaging bei Bottomline, erklärte gegenüber Bottomline’s Payments Podcast Serie, dass die Einführung der CSDR eigentlich schon im Jahr 2014 begonnen hat und alle Unternehmen dazu verpflichtet, Abwicklungsverzögerungen zu minimieren und Straight-Through-Processing-Praktiken einzuhalten, unabhängig vom Standort. Nun soll im Februar 2022 ein neues Regelwerk mit der Bezeichnung «Settlement Discipline Regime» (SDR) in Kraft treten.
Das eigentliche Kernstück
«Diese letzte Komponente bildet heute das eigentliche Kernstück des gesamten Marktes. Sie hat tiefgreifende Auswirkungen auf ihn, da sie Strafen für den automatischen Kauf von Wertpapieren vorsieht, wenn die Vorschriften nicht eingehalten werden», so Viard. «Der Markt steht wirklich unter dem Druck, das Umfeld im Bereich der Wertpapierabwicklung zu harmonisieren.»
(Hinweis: Nach Angaben von BNY Mellon fallen unter den Begriff «Wertpapiere» übertragbare Wertpapiere, das heisst Aktien, Obligationen, Hinterlegungsscheine, börsengehandelte Fonds (ETFs), Geldmarktinstrumente, OGAW et cetera. Wertpapierdarlehen und -rückgaben können mit Sanktionen belegt werden, wenn sie nicht am vorgesehenen Abrechnungstermin abgewickelt werden).
Geldstrafe für nicht erfolgte Lieferung
Bei diesen Vorschriften vom Februar 2022 stehen kürzere Abwicklungsfristen, die Prozess-Digitalisierung sowie Strafmassnahmen bei Nichteinhaltung im Mittelpunkt. So wird beispielsweise die Abwicklungsfrist auf maximal T+2 (Abschlussdatum plus zwei Tage) festgelegt. Sobald ein Händler ein Geschäft in die Wege leitet, muss es noch am selben Tag bestätigt werden.
Laut Viard geht es auch darum, ein Scheitern der Abwicklung zu verhindern. Die SDR fordert eine Überprüfung der Meldung von Fehlschlägen und wird Geldstrafen für die nicht erfolgte Lieferung der bestätigten Aktien einführen.
Geschwindigkeit der Abwicklung
«Der Fokus wird also auf der Geschwindigkeit liegen, mit der man die Geschäfte abwickeln und auf einen möglichen Ausfall reagieren kann», so Viard. «Weiter liegt der Schwerpunkt auf der Umstellung von der täglichen oder manchmal sogar wöchentlichen Überwachung der Abrechnung auf etwas, das wirklich in Echtzeit erfolgt.
In der Vergangenheit waren die Unternehmen daran gewöhnt, zu überwachen, wie lange sie die Aktien hielten und wie sie ihre Positionen bewerteten. Nun geht es darum, die Transaktionen von Anfang bis Ende zu kontrollieren, um mögliche Risiken zu erkennen, die zu Fehlern und dann zu Strafen führen können.»
Detaillierte Informationspflicht
Viard wies im Podcast auf eine weitere Parallele zwischen dem SDR und Echtzeit-Zahlungen hin, und zwar die Nachrichtenübermittlung. Echtzeit-Zahlungen verwenden ISO 20022; SDR enthält auch eine Reihe von detaillierten Informationspflichten, die mit dem Wertpapiergeschäft einhergehen.
Die Investmentgesellschaft muss dem Kunden eine Bestätigung über die getätigte Transaktion übermitteln, worauf der Kunde bestätigen muss, dass er die Bedingungen des Geschäfts akzeptiert.
Neue Benachrichtigungen mit Sanktionsfeld
Der Kunde ist im SDR auch dazu verpflichtet, Einzelheiten über die Vergabe von Wertpapieren oder Bargeld zu liefern. Die Investmentgesellschaften müssen dann den Erhalt der bestätigten Nachrichten innerhalb von zwei Stunden bestätigen.
Viard sagte, dass die neuen Benachrichtigungen auch ein Sanktionsfeld enthalten werden. Er fügte hinzu, dass Compliance-Probleme mit dem SDR höchstwahrscheinlich mit der Nachrichtenübertragung beginnen werden. Im ersten Schritt, mit dessen Tests einige Banken bereits begonnen haben, geht es darum, die Kommunikation aufzubauen und zu verstehen. Der zweite Schritt besteht darin, Situationen zu antizipieren, die eine Strafe nach sich ziehen könnten.
Automatisierter Echtzeitprozess
Das SDR verlagert die Wertpapierabrechnung von einer manuellen Aufgabe am Ende des Tages zu einem automatisierten Echtzeitprozess mit spezifischem Abgleich und eindeutiger Nachrichtenübermittlung. Banken und Investmentgesellschaften mit Altsystemen werden auf die Veränderungen nicht vorbereitet sein.
«Ich glaube nicht, dass es hier um Gewinner oder Verlierer geht», sagte Viard, «aber ich denke, dass es Institute geben wird, die eher die Bedingungen hinsichtlich der verstrichenen Zeit für die Abwicklung eines Geschäfts erfüllen können. Und sie müssen auch sicher sein, dass sie nicht zu einem gescheiterten Handel führen. Aber was passieren wird ist, dass, wenn Sie ein «Bad Guy» in der Reihe sind, wie zum Beispiel ein säumiger oder gescheiterter Händler, Sie vom Marktplatz gemieden werden könnten, weil Sie kein sicherer Akteur sind.»
- Fréderic Viards Ausführungen sind in der Folge «CSDR: Harmonising Securities Settlement in Europe» auf Bottomlines Payments Podcast zu hören (in Englisch).