Investorinnen und Investoren sollten nicht nur in der Lage sein, den Veränderungen aus der bevorstehenden Energiewende standzuhalten, sondern sie können sich auch das enorme Ertragspotenzial klimabedingter transformatorischer Trends zunutze machen.

Andreas Nigg, Head of Equities Core Global & US, Barbara Janosi, Portfoliomanagerin und Alban Cousin, Portfoliomanager, J. Safra Sarasin Sustainable Asset Management

Zum Jahreswechsel wurde überall auf eine Normalisierung des Alltagslebens, des gesellschaftlichen Umfelds und der Volkswirtschaften gehofft. Gleichwohl gibt es einen Bereich, der nicht einfach zur Normalität zurückkehren kann. Damit sind das Klima und die Umwelt gemeint, welche durch menschliche Aktivitäten nachhaltig geschädigt wurden.

Heute setzen sich immer mehr Länder für die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen auf netto null ein, darunter auch Japan, Grossbritannien und die Schweiz. Selbst China, einer der grössten Treibhausgasemittenten, strebt bis 2060 CO2-Neutralität an.

Dieser unvermeidliche Übergang zu einer emissionsarmen Zukunft wird sowohl Gewinner als auch Verlierer hervor bringen. Für uns als Investoren ist es daher wichtig, unsere Portfolios «zukunftssicher» zu gestalten. Sie sollen nicht nur in der Lage sein, den mit der bevorstehenden Energiewende verbundenen Veränderungen standzuhalten, sondern auch, sich das enorme Ertragspotenzial von klimabedingten transformatorischen Trends zunutze zu machen.

Warum sollten sich Anleger um den Klimawandel sorgen?

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Andreas Nigg (Bild oben): Die verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels sind nicht zu unterschätzen. Neben den unmittelbaren Folgen wie Dürren, Überschwemmungen und anderen Naturkatastrophen sind es vor allem die Nebeneffekte, wie eine verstärkte Migration, zunehmende intraregionale Konflikte und häufigere Störungen der Lieferketten, auf die ein grösserer Teil der wirtschaftlichen Schäden entfällt.

So richteten die heftigen Monsun-Regenfälle in Südostasien im Jahr 2011 beispielsweise verheerende Schäden im Technologiesektor an, da ein Grossteil der Festplattenproduktion in einem Gebiet angesiedelt war, das wochenlang überflutet war.

Es gibt zwei Hauptkategorien von klimabezogenen Risiken: physische Risiken und solche, die sich aus dem Klimawandel ergeben. Erstere beziehen sich auf die direkten Folgen des Klimawandels wie Naturkatastrophen. Die zweite Kategorie umfasst Risiken, welche durch Unternehmen entstehen, die mit dem Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft nicht Schritt halten können.

Wie können Anleger die Risiken des Klimawandels beurteilen?

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Alban Cousin (Bild oben): Um diese Risiken zu beurteilen, haben wir einen Analyseansatz entwickelt, mit dem sich das Temperaturszenario eines Unternehmens prognostizieren lässt. Anhand dieses zukunftsorientierten Ansatzes analysieren wir den Beitrag zur Erreichung von Klimazielen, welche sich die Unternehmen selbst gesetzt haben.

Da die Volkswirtschaften auf das im Rahmen des Pariser Übereinkommens festgelegte Ziel hinarbeiten, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C zu begrenzen, werden einzelne Unternehmen anhand ihrer Bestrebungen zur Erreichung dieses Ziels bewertet.

Die Ziele sowie die vergangenen Erfolge der Unternehmen bei der Reduzierung ihrer CO2-Intensität werden herangezogen, um die Ausrichtung an einem Temperaturszenario zu berechnen. Obwohl diese Methode auf zahlreichen Modellierungs-Entscheidungen beruht, dürfte sie ein klares Bild darüber vermitteln, wie gut die Unternehmen auf die Energiewende vorbereitet sind.


Unternehmen sind besser auf eine emissionsarme Zukunft positioniert wenn sie:

  • beweisen, dass sie ihre CO2-Emissionen im Laufe der Zeit senken können
  • im Rahmen ihrer Strategie ein echtes Engagement zur Fortsetzung dieser Bemühungen unter Beweis stellen
  • bestrebt sind, Konformität mit dem Übereinkommen von Paris zu erreichen.

Um ein ganzheitliches Bild eines Unternehmens gegenüber Klimarisiken zu erhalten, sollte die Beurteilung des Temperaturszenarios mit einer umfassenden fundamentalen Analyse kombiniert werden. So kann die strategische Denkweise des Unternehmens in Bezug auf die Energiewende besser verstanden werden.

Bestehen neben den Risiken auch Chancen bei der Investition in den Klimawandel?

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Barbara Janosi (Bild oben): Neben den aus dem Klimawandel resultierenden Risiken birgt die Klimawende auch Chancen und erfordert neue Lösungen, die einen emissionsarmen Ersatz für bestehende Bedürfnisse darstellen. Dies eröffnet zahlreiche attraktive Gelegenheiten für Anlagen in Unternehmen, die ein Temperaturszenario von 2°C unterstützen oder innovative Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels bereitstellen.

Darüber hinaus verschafft die Klimawende neuen Akteuren die Möglichkeit, mit etablierten Unternehmen erfolgreich um Anteile an neuen Märkten zu konkurrieren. Dies ist in einer breiten Auswahl von Branchen denkbar.

Tesla wurde erst 2003 gegründet, ist aber bereits einer der grössten Anbieter von Luxusautos in den USA und lässt dabei die seit über 100 Jahren bestehenden europäischen Marken wie Daimler oder Audi hinter sich. Ein anderes Beispiel ist General Electric, das Unternehmen erwirtschaftet mit seiner eigenen Onshore-Wind-Sparte bereits einen ähnlichen Umsatz wie mit dem konventionellen Gasturbinengeschäft.

Wie können Anleger die künftigen Gewinner der emissionsarmen Welt erkennen?

Nigg: Um ein robustes Portfolio zusammenzustellen, das den aus dem Klimawandel resultierenden Veränderungen erfolgreich standhalten kann, ist es unseres Erachtens wichtig, in zwei Arten von Unternehmen zu investieren: «Climate Pledgers» und «grüne Champions».

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Bei «Climate Pledgers» handelt es sich um Unternehmen, deren Treibhausgasemissionen ein Temperaturszenario von unter 2°C unterstützen. Angesichts des steigenden Drucks seitens Regierungen, Regulierern und Verbrauchern, den Klimawandel zu bekämpfen, sind «Climate Pledgers» bereits gut positioniert, was ihnen Vorteile gegenüber Mitbewerbern verschafft.

Grüne Champions sind Unternehmen, die innovative emissionsarme Lösungen anbieten, zum Beispiel in den Bereichen Smart Mobility, Gebäudedämmung und erneuerbare Energie. Diese Unternehmen dürften von einem starken Anstieg der Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen profitieren und ermöglichen anderen dabei die Bekämpfung des Klimawandels.

Durch die Investition in diese beiden Arten von Unternehmen können wir die aus der Klimawende resultierenden Chancen und Risiken im Rahmen eines globalen, benchmarkorientierten Portfolios nutzen respektive mindern.

Können Sie ein Beispiel eines grünen Champions nennen?

Cousin: Ein von uns ermittelter grüner Champion ist Shimano. Während traditionelle erneuerbare Energieunternehmen meistens als offensichtlichste grüne Champions angesehen werden, geht unsere Analyse darüber hinaus, um andere strukturelle Gewinner der Klimawende zu ermitteln.

Exakt 16 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entfallen auf das Transportwesen und 12 Prozent auf den Strassenverkehr, wovon 60 Prozent dem Personenverkehr zuzuschreiben sind. Fahrräder bieten zahlreiche Vorteile hinsichtlich der Mobilität auf kurzen Distanzen. Sie verursachen keine Umweltbelastung und die körperliche Betätigung wirkt sich zudem positiv auf die Gesundheit aus. Der Radverkehr nimmt in Städten seit Jahren stetig zu und Covid-19 hat diese Entwicklung zusätzlich beschleunigt.

Shimano, ein japanisches Unternehmen, das bereits seit langer Zeit Fahrradteile herstellt, steht im Mittelpunkt dieses nachhaltigen Trends; 80 Prozent des Konzernumsatzes entfallen auf das Fahrradsegment. Unter Berücksichtigung dieses emissionsarmen Geschäftsbereichs stellt Shimano einen grünen Champion innerhalb unseres Anlageuniversum mit 80 Prozent an grünen Umsätzen dar.