Die Corona-Pandemie hat ganze Staaten zum Stillstand gebracht, den Reiseverkehr massiv eingeschränkt und zu dramatischen Verlusten an den Finanzmärkten geführt. Die Konjunkturdaten für das zweite Quartal 2020 werden erstmals Aufschluss über die effektiven Folgen liefern.

Von Scott Bauer, CEO der Prosper Trading Academy

Auch wenn die Menschen auf der ganzen Welt jetzt bereits die Auswirkungen dieses Virus' zu spüren bekommen, kann es sein, dass sich der gesamte Effekt auf die Wirtschaft – wie bei den meisten anhaltenden Krisen – erst in einigen Monaten wirklich bemerkbar macht.

In den kommenden Wochen und Monaten werden die Berichte über die Konsumausgaben, den Arbeitsmarkt, das BIP und die Ertragslage der Unternehmen im zweiten Quartal die aussagekräftigsten Daten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus' liefern.

Konsumausgaben

In Krisenzeiten neigen Konsumenten dazu, ihre Ausgaben für Nicht-Basiskonsumgüter einzuschränken, um sich auf das Unbekannte vorzubereiten, das noch kommen könnte. Sie planen keinen Urlaub mehr, schränken sich beim Shopping ein und geben mehr Geld für lebensnotwendige Güter aus, von denen sie eventuell auch Vorräte für den Notfall anlegen.

Die Coronakrise ist insofern einmalig, als dass die Verbraucher diese Wahl vielleicht nicht selbst treffen können. Die Daten zu den Konsumausgaben für das erste Quartal werden keine Aussagekraft für den gesamten Dreimonats-Zeitraum haben. Einen besseren Überblick zu den Auswirkungen dieser globalen Krise auf die Ausgaben für Konsumgüter, die nicht den Grundbedürfnissen dienen, werden hingegen die Statistiken für das zweiten Quartal liefern.

Arbeitsmarktdaten

Angaben des Bureau of Labor Statistics zufolge wurden im Februar 273'000 neue Arbeitsplätze ausserhalb der Landwirtschaft («Non-Farm Payrolls») geschaffen und damit deutlich mehr als die ursprünglich geschätzten 175'000 Stellen. Durch diese zusätzlichen 98'000 Arbeitsplätze sank auch die Arbeitslosenquote auf ein 50-Jahres-Tief von 3,5 Prozent.

Beide Zahlen dienten als Erinnerung daran, dass die Fundamentaldaten der Wirtschaft trotz des kurz zuvor erfolgten Ausverkaufs an den Aktienmärkten und den Abschlägen im Rentenbereich intakt waren. Wenngleich die Coronakrise beispiellos ist, könnten die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ähnlich ausfallen wie bei anderen länger andauernden Ereignissen in der Vergangenheit.

Während einer Finanzkrise haben Unternehmen kein Geld für Neueinstellungen und es kommt tendenziell zum Stellenabbau – das ist bei dieser Pandemie nicht anders. Da jedoch Restaurants und andere Dienstleistungsbetriebe kurzzeitig geschlossen werden, könnte die Arbeitslosenquote schneller ansteigen als üblich, da es zum Ausgleich der Entlassungen keine Neueinstellungen gibt.

Ertragszahlen

Zusätzlich zu den Arbeitsmarktberichten werden die Unternehmensgewinne im zweiten Quartal einen starken Indikator für die tatsächlichen Auswirkungen dieses Virus auf die Wirtschaft liefern. Die Ertragszahlen für das vierte Quartal 2019 waren durchweg positiv und bis Mitte Februar 2020 schien sich diese solide Gewinnentwicklung fortzusetzen.

Die anstehenden Berichte zur Ertragslage im ersten Quartal reflektieren nicht wirklich, wie das Coronavirus die Unternehmen beeinträchtigt hat, da die robuste Entwicklung in den ersten eineinhalb Monaten des Jahres die Zahlen für das Gesamtquartal verzerren wird. Die Gewinne im zweiten Quartal werden ein zutreffenderes Bild davon vermitteln, welchen Schaden die Finanzkennzahlen der Unternehmen erlitten haben.

Bruttoinlandprodukt

Den grössten Schaden könnte das Coronavirus allerdings beim Bruttoinlandprodukt (BIP) anrichten. In Krisenzeiten geben Verbraucher weniger Geld aus, die Arbeitslosenzahlen steigen, und die Neueinstellungen gehen zurück. Auch die Produktion erlebt einen dramatischen Einbruch.

Nach Angaben des Bureau of Economics stieg das reale BIP im Jahr 2019 um 2,3 Prozent, was auf höhere Ausgaben für den persönlichen Konsum und höhere Staatsausgaben zurückzuführen war, sowie auf die Tatsache, dass ein schwächerer Dollar mehr Exporte zur Folge hatte. Im vierten Quartal 2019 hatten Konsumausgaben einen Anteil von 68 Prozent an der gesamten US-Wirtschaft von 21,7 Billionen Dollar.

Für eine Einschätzung der langfristigen Effekte dieser Krise auf das BIP ist es noch zu früh, doch das BIP im zweiten Quartal dürfte die Schwierigkeiten und Probleme zahlloser Branchen verdeutlichen, denn Fachleute prognostizieren einen Rückgang um bis zu 24 Prozent.

Am Ende liegt es doch an den Menschen

Auch wenn wir in einer zunehmend digitalen Welt leben, in der man nahezu alles Notwendige online kaufen kann, sind es doch weiterhin Menschen, die diese Produkte herstellen, verpacken und ausliefern. Die erheblichen Beeinträchtigungen der Wirtschaft durch eine globale Krise – ganz zu schweigen von einer Gesundheitskrise – sind tiefgreifend, und keine Daten werden diese Auswirkungen deutlicher widerspiegeln als die nächsten beiden Quartalsberichte zum BIP.


Scott Bauer ist CEO der Prosper Trading Academy. Er schloss 1988 sein Studium an der University of Illinois Business School, Urbana Champaign, ab und erwarb einen B. Sc. in Finanzen, 1991 begann er mit dem Parketthandel und gründete 1995 das Unternehmen Botta Capital Management. Er handelte Aktienoptionen, S&P-Optionen an der CME und war später bei Goldman, Sachs als Vice President der Equities Division tätig.

Die CME Group ist einer der weltweit führenden und vielseitigsten Marktplätze für Derivate. Das Unternehmen besteht aus vier Designated Contract Markets (DCMs). Weitere Informationen über die Regeln und Produktlisten jeder Börse finden Sie hier.