Im Jahr 2021 müssen Banken, Versicherungen und Corporates bereit sein, ohne Interbank Offered Rates wie den LIBOR zu arbeiten. Viele Firmen fangen schon jetzt damit an, auf Alternativen umzustellen.

Die meisten Verträge, die an variable Zinsen gekoppelt sind, beruhen auf Interbank Offered Rates. Die wichtigste Datenquelle, die London Interbank Offered Rate (LIBOR), wird es 2021 voraussichtlich nicht mehr geben.

Die britischen Regulatoren werden ab 2021 die Banken nicht mehr zwingen und nicht einmal mehr ermutigen, täglich ihre Zinssätze zu melden. Damit dürfte der LIBOR seine Aussagekraft verlieren – möglicherweise wird er überhaupt nicht mehr veröffentlicht.

Nicht besonders zuverlässig

Das ist regulatorisch so gewollt. Denn schon heute sind Interbank Offered Rates nicht besonders zuverlässig: Sie beruhen auf «theoretischen» Zinssätzen, welche die Banken offerieren und beruhen an vielen Tagen auf einem geringen tatsächlichen Handelsvolumen. Das bietet keinen Schutz gegen Manipulationen.

Einen Schritt weiter als die Briten gehen die Regulatoren der EU. Ihre neuen Vorgaben verbieten die weitere Anwendung von EURIBOR und EONIA – und das bereits ab 2020.

Ende eines Standards

LIBOR und andere Interbank Offered Rates sind heute der Standard für Verträge, die auf variablen Zinsen basieren. Fällt dieser weg, dann verändert das einschneidend das Geschäft für alle Unternehmen, die Kredite vergeben, die eigene Anleihen ausgeben oder die mit Derivaten handeln.

Ein Beispiel aus der Welt der Derivate: Ende 2016 waren Kontrakte im Wert von 190 Billionen Dollar an den LIBOR gebunden. Fast zwei Drittel von ihnen laufen zwar vor 2021 aus, doch für die restlichen 66,5 Billionen Dollar müssen die Verträge auf einen anderen Benchmark umgestellt werden.

Alternative Referenzraten

Als neuer Benchmark bieten sich Alternative Referenzraten (ARR) an. Diese werden in der Regel von offiziellen Stellen wie Zentralbanken oder Börsen gestellt und lassen daher wenig Raum für Manipulationen zu. Für vier der grossen Währungen gibt es bereits ARR.

Für den Franken ist das die Swiss Average Rate Overnight (SARON). Für das Pfund der Reformed Sterling Overnight Index Average (SONIA), für den Dollar die Secured Overnight Financing Rate (SOFR) und für den Yen die Tokyo Overnight Average Rate (TONAR). Beim Euro ist die Entscheidung zwischen drei aussichtsreichen Kandidaten noch nicht gefallen.

Was ist zu tun?

Das Ziel ist also noch nicht ganz klar, da teilweise noch Unsicherheiten hinsichtlich der Ausgestaltung der verschiedenen ARR bestehen. Beispielsweise haben die IBOR verschiedene Laufzeiten, was mit den ARR zurzeit oftmals noch nicht der Fall ist. Trotzdem sollten Unternehmen mit ihrer Umstellung schon jetzt beginnen. Ein Transitionsprojekt lässt sich nicht in drei Monaten bewerkstelligen. Eine realistische Annahme für die Umsetzung liegt bei einer Dauer von 18 Monaten.

Das Projekt braucht die Unterstützung aus der Unternehmensleitung. Nur mit Senior Sponsorship lassen sich die Veränderungen durchsetzen, die sich quer durch das Unternehmen ziehen werden:

EY 504

Valuation und Risk Management

Die ARR geben die Zinssätze nur Overnight an. Informationen über spätere Termine auf der Zinskurve liefern sie im Gegensatz zum LIBOR nicht. Ausserdem ist in den ARR kein Anteil für das Kreditrisiko enthalten. Beide Komponenten müssen in die Bewertungsmodelle neu integriert werden.

Legal Documentation

Langfristig müssen Verträge angepasst werden. Schon vorher braucht es Fallback-Regelungen. Was soll gelten, wenn die zugrundeliegende IBOR nicht mehr veröffentlicht wird?

Das sind nur zwei wichtige Bereiche, in denen Veränderungen nötig sind. Ausserdem betroffen sind Regulation, Accounting und Tax sowie IT und Operations.

Nicht nur Banken müssen reagieren

Neben Banken und Versicherungen müssen auch Unternehmen heute bereits reagieren, da sie stark von der Umstellung betroffen sein werden. Neben den betroffenen Bankverträgen, sind auch interne Pricing Methoden sowie Absicherungs- und Finanzierungsstrategien zu prüfen und eventuell anzupassen.

Dabei sind auch legale und steuerliche Aspekte zu bewerten. Zudem wird es wichtig sein, frühzeitig die Systeme auf die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Jetzt beginnen

Das etwas getan werden muss, ist den meisten Unternehmen klar. In einem Panel von EY mit Vertretern von Banken und Versicherungen haben nur 17 Prozent noch gar keine Schritte unternommen. 57 Prozent haben immerhin auf Leitungsebene intern diskutiert. 25 Prozent haben bereits die Lage eingeschätzt. Aber nur 11 Prozent der Unternehmen haben schon Budgets und Ressourcen gesprochen für die Umsetzung.

Zwei wichtige Schritte

Dabei wären diese beiden Schritte schnell nötig: Impact analysieren. Wie hoch ist Ihre IBOR-Exposure jetzt? Was können Sie sofort tun, um die Exposure nicht weiter zu erhöhen – selbst wenn es ARR-basierten Alternativen noch an Liquidität fehlt?

Fallbacks definieren. Warten Sie nicht auf die Rahmenwerke Ihrer Verbände. Werden Sie selber aktiv. 2020 und 2021 sind nur die geplanten Daten. Tatsächlich könnte es bereits früher geschehen, dass die IBOR aus Ihren Verträgen nicht weitergeführt werden.


Weitere Erkenntnisse aus dem Panel und einige der Schritte, die für Ihr Unternehmen wichtig sein könnten, hat EY zusammengefasst: