Verantwortungsbewusstes Investieren stellt einen rasch wachsenden Bereich dar, der für die nächste Generation von Anlegern zu einem grossen Thema avancieren dürfte.

James Tomlins, Manager M&G Global Floating Rate High Yield Fund

Ganz gleich, ob man von grünen, verantwortungsvollen oder ESG-Investments spricht (Environmental, Social, Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung): Es besteht kein Zweifel daran, dass dieses Segment heute ein fester Bestandteil der Investmentlandschaft ist, die sich innerhalb weniger Jahre von einer Marktnische zu einem Mainstream-Produkt entwickelt hat.

Die zunehmende Sensibilisierung für eine Reihe von Umwelt- und Sozialaspekten hat dazu geführt, dass immer mehr Anleger ihren Fokus von rein finanziellen Zielen auf einen Ansatz verlagern, der auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer Anlagen berücksichtigt.

Generationenwechsel im Gange

Das Interesse an verantwortungsvollen Anlagen wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Das Thema ist zwar bei Anlegern jeden Alters immer beliebter geworden. Doch es ist die Generation der Millennials – im Allgemeinen definiert als die zwischen 1982 und 2000 Geborenen –, die sich am meisten für diese Form der Geldanlage begeistert.

In einer Studie von M&G und The Wisdom Council bekundeten 9 von 10 Millennials Interesse an sozial verantwortungsvollen Anlagen und wollten mehr über das Thema wissen. Millennials waren zudem mit einer mehr als doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit wie Anleger über 55 Jahre (29 Prozent) dazu bereit, in einen Fonds zu investieren, der bei seiner Investmentthese die soziale Verantwortung berücksichtigt.

Billionen-schwere Erbschaft

Obwohl sich die Ertragskraft der Millennials insgesamt noch in einem frühen Stadium befindet, dürfte der Wohlstand und Einfluss dieser Generation im Laufe der Zeit deutlich wachsen.

Die Millennials dürften in den nächsten Jahren zur grössten demographischen Gruppe anwachsen und in den kommenden Jahrzehnten von der wohlhabenden Generation der Babyboomer ein Vermögen von mehreren Billionen von Dollar erben. Daher stehen die Millennials als immer wichtigeren Impulsgeber für die Nachfrage nach verantwortungsvollen Investments.

Diese Veränderung der Ansichten und Prioritäten schlägt sich bereits in den Vermögenswerten nieder. Dies gilt besonders für Europa, wo das verwaltete Vermögen im ESG-Bereich von 180 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 438 Milliarden Euro per Ende Juli 2017 gestiegen ist.

Verschiedene Ansätze

Eine bemerkenswerte Entwicklung ist die wachsende Zahl der ESG-Anleihenfonds, die Anlegern bereits zur Verfügung stehen. Ein ESG-Ansatz, der sich auf breiter Front durchgesetzt hat, ist das regelbasierte Screening. Dieser Ansatz schliesst Unternehmen aus, die gegen international anerkannte Prinzipien verstossen, wie die Grundsätze der Uno-Initiative Global Compact in Bezug auf Menschenrechte, Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung.

Ein regelbasiertes Screening gewährleistet den Ausschluss von Unternehmen, die Analysen zufolge diese Standards nicht erfüllen. Allerdings erfasst dieses Konzept nur rund 2 Prozent der Unternehmen, die hochverzinsliche Anleihen emittieren, und stellt daher für sich betrachtet keinen umfassenden ESG-Ansatz dar.

Sehr enger Bereich

Ein weiterer gängiger Ansatz ist der Ausschluss von Unternehmen, die ihre Umsätze in bestimmten Sektoren wie Tabakwaren, Glücksspiel oder Waffen erwirtschaften. Dies nennt man Negativ-Screening durch das Unternehmen ausgeschlossen werden sollen, deren Tätigkeit als gesellschaftlich schädlich erachtet wird.

Dieser Ansatz ist zwar ein guter Ausgangspunkt, konzentriert sich jedoch auf einen sehr engen Bereich. Zudem ist die Entscheidung, welche Tätigkeiten als schädlich gelten sollten, oft recht subjektiv – ein Beispiel für eine kontroverse Branche ist die Kernenergie.

Differenzierte Analyse

Die ESG-Integration bietet einen umfassenderen Ansatz, der ESG-Faktoren im gesamten Anlageentscheidungsprozess berücksichtigt. Dieses Vorgehen erfordert eine differenzierte Analyse zahlreicher komplexer Fragen, die von Energieeffizienz und Umweltverschmutzung bis hin zu Arbeitsbedingungen und Produktsicherheit reichen können.

Die ESG-Integration ermöglicht die Beurteilung von Unternehmen mit einer robusten und vergleichbaren ESG-Methodik. Es könnten etwa 20 Prozent der Emittenten von Hochzinsanleihen als Branchen-Schlusslichter mit negativen ESG-Merkmalen eingestuft werden.

Proaktiver Ansatz

Das Positiv-Screening ist ein «Best-in-Class»-Ansatz, mit dem Unternehmen identifiziert werden sollen, die in sozialen und ökologischen Fragen vorbildlich agieren. In diesem proaktiven Ansatz für ESG-Investments werden die führenden Unternehmen jeder Branche ausdrücklich belohnt.

Bei Anlagen in hochverzinslichen Anleihen lässt dieser Ansatz jedoch nur eine sehr begrenzte Auswahl an Emittenten zu, was die Diversifizierung und die Umsetzung investmentorientierter Einschätzungen gefährdet.

Verantwortungsvolles Investieren weiter entwickelt

Auf der Basis der ESG-Bewertungen von MSCI gelten rund 20 Prozent der Unternehmen im globalen Investment-Grade-Markt als ESG-Branchenführer (Unternehmen mit den ESG-Ratings AAA oder AA). Zum Vergleich: Nur 5,6 Prozent der Emittenten von Hochzinsanleihen haben ein ESG-Rating von AAA oder AA, was zu erheblichen negativen Auswirkungen auf die Portfoliodiversifizierung und das Konzentrationsrisiko führen würde.

Das Impact Investing entwickelt das Konzept des verantwortungsvollen Investierens weiter, indem es sich speziell auf Unternehmen oder Organisationen konzentriert, deren Kernziel die Bewältigung sozialer oder ökologischer Herausforderungen ist.

Impact Investing deckt ein breites Spektrum von Aktivitäten ab, das von nachhaltiger Landwirtschaft über das Gesundheitswesen bis hin zu erneuerbaren Energien reicht. Die Anlagechancen in diesem Bereich sind jedoch in der Regel illiquide und projektbezogen und werden nicht öffentlich gehandelt.

Ein dreistufiger ESG-Ansatz

Trotz der Einschränkungen, die für den High-Yield-Markt gelten, sind wir davon überzeugt, dass ESG-Kriterien für Investments in dieser Anlageklasse eine wichtige Rolle spielen. Mit dem richtigen Know-how sollte es möglich sein, ein breit diversifiziertes Portfolio aus Hochzinsanleihen aufzubauen, das vorteilhafte ESG-Merkmale aufweist.

Zudem kann eine sorgfältige Berücksichtigung von ESG-Faktoren zu einer umfassenderen Kreditanalyse beitragen, die letztlich zu fundierteren Anlageentscheidungen führt.
Auch grüne Anleihen können extrem hohen titelspezifischen Risiken unterliegen, wie im Fall einer Emission von Abengoa zeigt, eines spanischen Produzenten von erneuerbarer Energie.

Böse Überraschung

Die Anleihe von Abengoa Greenfield wurde 2014 zur Finanzierung von Projekten im Bereich saubere Energie emittiert. Im Jahr darauf fiel ihr Kurs jedoch um rund 90 Prozent, als das Unternehmen wegen der Streichung von Bankkrediten in finanzielle Schwierigkeiten geriet und alle ausstehenden Anleihen restrukturieren musste.

Ein optimaler ESG-Ansatz sollte für Anlagen am Hochzinsmarkt aus drei Screening-Stufen bestehen, einem regelbasierten Screening, einem negativen Sektor-Screening auf Basis von Schwellenwerten für den Umsatz und dem Ausschluss der ESG-Schlusslichter des Sektors nach einer umfassenden Überprüfung einer Reihe von ESG-Faktoren.