Investoren sollten ihr Zinsengagement in Industrieländern reduzieren und durch Anlagen in ertragsreicheren Schwellenländer-Anleihen ersetzen, sagt Mark Nash von Old Mutual Global Investors.


Mark Nash ist Head of Global Bonds bei Old Mutual Global Investors


Der frühere US-Notenbank-Chef Alan Greenspan sagte unlängst, dass eine «sehr schwierige» Stagflationsphase beginne. Teilen Sie diese Meinung?

Im historischen Vergleich war die Erholung in den USA sehr schwach, weil das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage weiterhin eingetrübt ist. Schuld daran sind grösstenteils die Schwächung der Haushalte in Folge der Krise, geringe Investitionen, hohe Einkommensunterschiede, eine alternde Bevölkerung und hohe Sparquoten in Asien.

Die Nachfrage verbessert sich zwar, aber nur äusserst langsam. Zugleich nehmen globale Deflationsängste scheinbar ab, weil sich die globale Wirtschaftstätigkeit verbessert und Rohstoffpreise die Talsohle erreichen.

«In den Industrieländern ist die Marktnachfrage weiterhin gering»

Mit Stagflation meint Alan Greenspan wohl diese Kulisse eines Übergangs der US-Wirtschaft zu einem langsamen Wachstum und höherer Inflation. In dieser Hinsicht bin ich mit der Zusammenfassung des ehemaligen Fed-Vorsitzenden mehr oder weniger einverstanden. Eine Rückkehr zu einer Stagflation wie in den 1970er-Jahren halte ich jedoch für äusserst unwahrscheinlich.

Es ist häufig die Rede von einem Ende der quantitativen Lockerung. Warum dauert der Ausstieg in den wichtigsten Industrieländern so lange?

In den Industrieländern ist die Marktnachfrage wegen struktureller und zyklischer Faktoren weiter gering, das heisst, Zentralbanken müssen die Zinssätze künstlich auf niedrigem Niveau halten, damit die Wirtschaft vorankommt. In den letzten Jahren führten Ausbesserungsarbeiten dazu, dass die Bilanzen im Privatsektor allmählich wieder auf soliderer Grundlage stehen, aber die Schwäche dauert an.

Die schwache Nachfrage selbst dämpfte die Inflation und wegen des Deflationsrisikos sträuben sich Zentralbanken, die Zinssätze zu erhöhen. Die Zentralbanken möchten eine Deflation vermeiden, weil fallende Preise den realen Schuldenbetrag erhöhen und die Ausgaben möglicherweise noch mehr beeinträchtigen.

Wie wird sich die Beseitigung von Überschussliquidität auf die Anleihemärkte auswirken?

Anleiherenditen werden sich dadurch wahrscheinlich erhöhen, weil die Rekordtiefs der Zinsen und Anleihekaufprogramme der Notenbanken die Anleiherenditen künstlich auf niedrigem Niveau hielten.

«Die positive Einstellung der Anleger zur Eurozone hat sich weiter verbessert»

Ziel war die Erleichterung der Finanzbedingungen, um in geschwächten Volkswirtschaften die Kreditaufnahme und die Ausgaben zu fördern. Wenn Zentralbanken es für notwendig halten, ihre Bilanzen zu reduzieren, dann hat dies den gegenteiligen Effekt und wird die Anleiherenditen erhöhen.

Für welche festverzinslichen Anlagen sollten sich Anleger vor dem aktuellen Hintergrund entscheiden?

Die Zentralbanken der Industrieländer wollen ihr Entgegenkommen schrittweise abbauen und dabei die Zinssätze erhöhen. Unserer Meinung nach sollte man das Zinsengagement in Industrieländern reduzieren und durch Anlagen in ertragsreicheren Schwellenländeranleihen ersetzen.

Lokale Schwellenländeranleihen dürften von stabileren Bilanzen in Schwellenländern mit geringerer Abhängigkeit von Auslandsfinanzierung, höheren Renditen, rückläufiger Inflation und der Lockerungspolitik der Zentralbanken profitieren.

Und was sollten Anleger vermeiden?

Duration in Industrieländern, Investment-Grade-Anleihen und langfristige Anleihen werden sich unserer Ansicht nach wahrscheinlich schlechter entwickeln, wenn Zentralbanken ihre Geldpolitik straffen. Liquiditätsspritzen der Zentralbanken dämpften die Renditen nahezu entlang der gesamten Zinskurve und im gesamten Anleihespektrum.

Bei einer Zinserhöhung gehen wir davon aus, dass Fundamentaldaten der Anlagen genauer eingepreist werden und die Renditen, Zinskurven und Spreads die damit verbundenen Risiken besser widerspiegeln.

Sind Anleger zu selbstzufrieden im Hinblick auf politische Risiken in der Eurozone?

Die positive Einstellung der Anleger zur Eurozone hat sich weiter verbessert, da die populistischen Parteien bei den Wahlen in 2017 nicht an die Macht gekommen sind. Auch die Wachstumserholung war bestimmend, und 2018 wird die Europäische Zentralbank (EZB) wohl dazu übergehen, ihre Anleihekäufe zu beenden.

«Eine Rezession kann den Block jederzeit in eine neuerliche Krise stürzen»

Die Ausgestaltung der Eurozone – eine Währungsunion ohne Fiskalunion – bleibt jedoch ein inhärentes Risiko. Eine Rezession oder Wahl in der Eurozone kann den Block jederzeit in eine neuerliche Krise stürzen, wenngleich dies erst in der fernen Zukunft passieren könnte. Zurzeit drängen Anleger indes nach Europa, weil sie Angst haben, Anlagegewinne im Zuge der Wachstumsverbesserung zu verpassen.

Wie würde der Anleihemarkt wohl auf ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump reagieren?

Politischer Stillstand hat die Umsetzung von Trumps Agenda verhindert. Der Markt hat nun äusserst geringe Erwartungen. Aufgrund von nur wenigen Bewertungen könnte der Markt recht verhalten auf ein Amtsenthebungsverfahren reagieren, auch weil Mike Pence als Präsident vielleicht erfolgversprechender ist.

«Die Schuldenlast der griechischen Regierung ist immer noch untragbar»

Unruhe aufseiten des Trump-Kerns und die Beschaffenheit des Amtsenthebungsverfahrens dürfen angesichts der Spaltung der Wähler und der elitenfeindlichen Stimmung in den USA allerdings nicht ausser Acht gelassen werden.

Warum sind Sie optimistisch, was griechische Staatsanleihen angeht?

Die Schuldenlast der griechischen Regierung ist immer noch untragbar, deshalb ist irgendeine Art der Schuldenerleichterung nötig. Marktpapiere stellen jedoch nur 20 Prozent der Gesamtschulden der griechischen Regierung dar. Ausserdem hat die Politik sowohl in Griechenland als auch in der Eurozone äusserst wenig Lust auf ein weiteres Kreditprogramm.

Es scheint im Interesse aller zu sein, dass Griechenland sehr schnell Marktzugang für die Finanzierung erhält. Ein Schuldenschnitt bei griechischen Staatsanleihen hätte nur geringen Nutzen, und etwaige Schuldenerlasse betreffen wahrscheinlich Staatskredite. Dies dürfte griechische Anleiherenditen nach unten drücken.