Thomas Piske, CEO LGT Private Banking, über das neue Berufsbild des Kundenberaters und welche «Skills» künftig gefragt sein werden.

Herr Piske, eine kürzlich durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass der Einstieg in die Bankbranche immer weniger attraktiv erscheint. Können Sie das nachvollziehen und falls ja, warum?

Ja, das ist zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Die Reputation der Banken hat in der Finanzkrise tatsächlich gelitten. In der Öffentlichkeit wurden zu Recht gewisse Exzesse angeprangert. Zudem befindet sich die Branche im Wandel. In einigen Bereichen hat das zum Verlust von Arbeitsplätzen geführt, das verunsichert zusätzlich.

Setzt man also mit einem Einstieg ins Private Banking auf ein «lahmendes Pferd»?

Keineswegs. Private Banking und Asset Management bieten weiterhin attraktive Möglichkeiten und Chancen. Es gibt nur wenige Branchen mit einer ähnlich hohen Wertschöpfung. Das Berufsbild hat sich zwar verändert, aber unsere Dienstleistungen werden auch in Zukunft benötigt werden.

Die Anforderungen an einen Private Banker sind durch die zunehmende Regulierung, durch den Margendruck und intensivere Konkurrenz heute höher als früher. Das macht unsere Arbeit eher noch interessanter und vielfältiger.

Trotzdem: Das Schweizer Private-Banking-Geschäft befindet sich in einem Schrumpfungs- und Konsolidierungsprozess.

Das muss man differenziert betrachten. Das Private Banking Geschäft geht seit einigen Jahren durch einen Anpassungsprozess. In solchen Phasen gibt es immer Verlierer und Gewinner. Banken, die sich frühzeitig strategisch richtig aufgestellt haben, können jetzt profitieren.

«Das wird weiterhin für ein ansprechendes Lohnniveau sorgen»

Dass die LGT in den letzten fünf Jahren die verwalteten Vermögen um über 70 Prozent steigern können, zeigt, dass es in diesem Umfeld auch Chancen gibt.

Gemäss der eingangs erwähnten Umfrage sollen im Private Banking die Löhne und Boni in den nächsten Jahren deutlich sinken. Teilen Sie diese Einschätzung?

Dass niedrigere Margen und Gewinne sich auch auf die Löhne auswirken, ist eine logische Konsequenz. Die Löhne in der Finanzbranche sind auch immer in Relation zu den Löhnen in anderen Branchen zu sehen. Banken müssen auch in Zukunft wettbewerbsfähige Anstellungsbedingungen bieten, um die besten Talente anzuziehen. Das wird weiterhin für ein ansprechendes Lohnniveau sorgen.

Was macht denn den Job eines Kundenberaters im Private Banking auch in Zukunft attraktiv?

Im Private Banking sollte der Mensch im Mittelpunkt stehen, auch wenn das heute vielleicht nicht überall so gelebt wird. Wir wollen unterschiedlichste Menschen mit langfristigen Lösungen für ihr Vermögen unterstützen, damit sie ihre Zukunft sichern oder ihr Vermögen an die nächste Generation übergeben können.

Das ermöglicht bereichernde Begegnungen, interessante Einblicke und fachlich interessante Aufgabenstellungen.

Und welche Voraussetzungen sollte ein angehender Private Banker heute mitbringen?

Neben der fachlichen Qualifikation sind Persönlichkeit und Soft Skills sehr wichtig.. Wer anspruchsvolle Kunden betreuen will, braucht ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten und eine hohe soziale Kompetenz. Auch muss man Überdurchschnittliches leisten wollen und bereit sein, die «extra Meile» zu gehen.

Wie funktioniert bei der LGT der Evaluationsprozess für Neueinsteiger?

Es ist schwierig, am Anfang einer Karriere zu beurteilen, ob jemand einmal ein guter Berater wird oder nicht. Jungen Fachkräften führen wir deshalb mit hauseigenen Ausbildungsprogrammen an die Aufgabengebiete im Private Banking heran. Voraussetzung für den Einstieg ist ein ausgezeichneter Abschluss in Banking & Finance oder in einer anderen Disziplin wie zum Beispiel in General Management.

«Die Kernaufgaben eines Kundenberaters können nicht von Robotern übernommen werden»

Wir sind aber auch für Quereinsteiger offen, wenn die bisherigen Leistungen überdurchschnittlich waren und die Person zu unserer Unternehmenskultur passt. Die Bewerber durchlaufen einen klassischen, mehrstufigen standardisierten Rekrutierungsprozess mit persönlichen Gesprächen und einer Leistungsdiagnostik.

Viele gestandene Kundenberater fürchten heute um ihren Job. Was können sie unternehmen, um auch in Zukunft gefragt zu sein?

Das Berufsbild des Private Banker ist im Wandel begriffen. Ich kann verstehen, wenn das langjährige Kundenberater verunsichert. Aber wer diesen Wandel mitmacht, muss sich keine Sorgen machen.

Gute Kundenberater sind nach wie vor sehr gefragt. Die Kernaufgaben eines Kundenberaters können weder outgesourct noch von Robotern übernommen werden. Gute Beratung wird immer ein «people‘s business» bleiben.

Was muss geschehen, damit sich das Schweizer Bankgeschäft auch in Zukunft erfolgreich weiterentwickeln und prosperieren kann?

Wir müssen zuerst den derzeitigen Transformationsprozess sauber abschliessen. Heute sind viele Banken viel zu sehr mit sich selber beschäftigt. Die Weiterentwicklung des Swiss Banking muss sich konsequent an den Bedürfnissen der Kunden orientieren.

«Wir verfolgen eine Qualitätsstrategie, dazu brauchen wir die besten Leute»

Wir müssen erstklassige Lösungen und Produkte und vor allem auch einen erstklassigen Service anbieten. Das geht aber nur mit einer gewissen Kontinuität im Management und beim Personal.

Welche Wachstumspläne verfolgen Sie mit dem Private Banking bei der LGT?

Wir haben unser Geschäft in den vergangenen fünfzehn Jahren erfolgreich internationalisiert und sind heute geografisch ausgewogen, solide und kompetent aufgestellt. Mit Niederlassungen in Liechtenstein, der Schweiz, Österreich, Hongkong, Singapur, Dubai und London verfügen wir nun über Servicezentren an den wichtigsten Finanzplätzen in Europa, Asien und dem Nahen Osten. Nun gilt es, diese Plattformen weiterzuentwickeln und optimal zu nutzen. Wir verfolgen eine Qualitätsstrategie, dazu brauchen wir die besten Leute.


Der Österreicher Thomas Piske studierte an der Universität Innsbruck und stiess bereits 1986 zur LGT Bank in Vaduz, wo er zunächst als Finanzanalyst und Anlageberater arbeitete. In den 1990er-Jahren hatte er diverse Führungspositionen im Private Banking inne und stieg 1998 als Leiter des Geschäftsfelds Privatkunden in die Generaldirektion auf. Seit 2009 ist er CEO LGT Private Banking und Verwaltungsratspräsident aller LGT Privatbanken weltweit. Zwischen 2002 und 2012 war Piske auch Präsident oder Vizepräsident des Liechtensteinischen Bankenverbands.