In volatilen Märkten, wie sie derzeit eine fast schon tägliche Realität sind, können Anleger gewisse Strategien anwenden, ohne sich dabei zwangsläufig für die eine oder andere Richtung der Kurse zu entscheiden.
Von Laurent Bakhtiari, Marktanalyst bei der IG Bank
In acht der vergangenen zwölf Monate lag der Volatilitätsindex (VIX) über dem Wert von 20. Das stand nicht nur sinnbildlich für eine hohe Volatilität, sondern sorgte auch für eine erhöhte Nervosität im Markt. Dazu passt auch, dass die Volatilität für Öl aktuell auf die Möglichkeit hindeutet, dass die Preise in den nächsten Monaten um mehr als 40 Prozent steigen könnten.
Nichtsdestotrotz hängt das nicht zwangsläufig mit einem Abschwung des Marktes zusammen, sondern wird sich wohl eher in einem stärkeren Ausmass auf den Börsenkurs auswirken. Wenn die Volatilität hoch ist, können Finanzwerte sowohl steigen als auch fallen.
Ein Investor, der von der Volatilität profitieren möchte, ohne sich zwangsläufig für eine Richtung zu entscheiden, kann dies auf unterschiedliche Art und Weise tun. Nachfolgend sind einige Möglichkeiten, die sich für alle Anlagekategorien eignen:
Der Straddle
Hierbei handelt es sich um eine gängige Optionsstrategie. Geht man davon aus, dass die Volatilität weiter steigen wird, sollte man sich für einen «long straddle» entscheiden – dann kauft man die Volatilität. Bei einem «long straddle» werden zwei Optionen zum gleichen Ausübungspreis und mit der gleichen Fälligkeit gekauft, jedoch auf eine unterschiedliche Art (eine Kaufoption und eine Verkaufsoption).
Grafisch gesehen ergibt sich dadurch ein Pay-Off in Form eines V‘s. Der Anleger profitiert also von dieser Hebelentwicklung, unabhängig davon, ob der Markt steigt oder fällt, da die Optionen offensichtlich einen erheblichen Nutzen bieten. Das kann auch eine interessante Lösung sein, wenn die Volatilität noch gering ist, aber Spannungen bereits abzusehen sind (Brexit, Entscheidung der OPEC).
Dennoch ist dabei zu berücksichtigen, dass die Prämie, die bezahlt werden muss, gemeinsam mit der vorhergesehenen Volatilität steigt. Dies erschwert das Erreichen der Gewinnschwelle. Im umgekehrten Fall, also wenn man die beiden Optionen und somit den Straddle verkaufen («short straddle») will, ist man der Volatilität. Man geht in diesem Fall davon aus, dass die Volatilität bald ihren Höchststand erreicht und anschliessend sinken wird. Wer «short» geht, sollte die Kurse genau beobachten, um eine frühzeitige Ausübung zu vermeiden.
Der Strangle
Hierbei handelt es sich um die gleiche Idee wie beim Straddle. Der Unterschied besteht darin, dass die Optionen, die man kauft oder verkauft, unterschiedliche Ausübungspreise aufweist. Generell gilt, dass die Ausübungspreise «out of the money» sein müssen, damit eine geringere Prämie bezahlt werden muss.
Das bedeutet aber auch, dass der Basiswert stärker in die eine oder andere Richtung reagieren muss, um einen Gewinn zu erzielen. Durch das «Shorten» des Strangles kann der Investor einen grösseren Spielraum in Bezug auf die Marge nutzen, und so eine Ausübung vermeiden und in einem profitablen Bereich bleiben. Allerdings sind – wie bereits beschrieben – die Prämien niedriger, und somit fällt auch der Gewinn niedriger aus.
Der Calendar Spread
Hierbei handelt es sich um einen erweiterten «Bär-Spread» auf zwei unterschiedliche Monate. Bei einem «Long Calendar Spread» müssen in der Praxis ein «short call» und ein «long call» mit dem gleichen Ausübungspreis, aber mit zwei verschiedenen Fälligkeiten gehandelt werden.
Es muss also in einen Basiswert investiert werden, der kurzfristig stabil bleibt, aber anschliessend langfristig an Wert verliert. Dadurch lässt sich ein Teil der Prämie reduzieren.
Hier deutet ein Anstieg der Volatilität darauf hin, dass sich die Option auf den Wert des «Calendar Spreads» positiv auswirkt. Generell ist das Vega der langfristigen Optionen höher, weshalb diese Strategie zu einem bedeutenden Gewinn führen kann. Dennoch ist nicht ausser Acht zu lassen, dass die beiden Optionen mit unterschiedlichen Niveaus in Bezug auf das Vega gehandelt werden.