«Meine Erfahrung als Long-/Short-Manager sowie Edelmetall-und Rohstoff-Investor schärfte mein Sensorium für globale Makrothemen, Marktverhalten und fragwürdiges Geschäftsgebaren», sagt Matthias Bachmann, Chief Investment Officer von Lumen Capital (Schweiz) im Interview.


Herr Bachmann, welche Anlagephilosophie verfolgt Lumen Capital Schweiz?

Wir berücksichtigen alle Anlageklassen in Verbindung mit thematischen Schwerpunkten. Der Hauptfokus liegt auf liquiden Anlagen. Wir verfolgen einen aktiven Anlagestil im Rahmen einer dynamischen Anlageallokation. Damit wir in der Umsetzung keine Interessenskonflikte erleiden, verwenden wir keine eigenen Produkte.

Unsere Sicht ist unvoreingenommen, der Anlagestil langfristiger Natur sowie agnostisch bezüglich «Value» oder «Growth». Das Ziel ist eine stete Wertsteigerung nach Inflation und Kosten.

Könnten Sie das ein wenig konkretisieren?

Wir wählen Wertschriften, die attraktives und nachhaltiges Ertragspotenzial bieten. Im Bereich Aktien investieren wir in Unternehmen, die eine top Marktstellung innehaben und Preiskraft aufweisen. Eine starke operative Leistung führt zu hohen Renditen auf dem eingesetzten Kapital und zu substanziellen freien Cashflows, ein aus unserer Sicht zentraler Aspekt für Mehrwertsteigerung.

Daneben berücksichtigen wir Firmen, die aufgrund einer überlegenen Technologie oder transformativen Akquisition zu Industriegewinnern werden. Solche Anlagen offerieren ein mehrfaches Aufwärtspotenzial.

«Diese Erfahrung schärfte mein Sensorium für Marktverhalten und fragwürdiges Geschäftsgebaren»

Ganz wichtig für uns ist die Einschätzung des Managements einer Firma und deren Corporate Governance. Diesbezüglich hilft mir mein früheres Wirken enorm.

Inwiefern?

Ich weise einen eher unüblichen Werdegang auf. Ich erlernte das Aktiengeschäft bei der frisch fusionierten UBS im Jahr 1998. Nebst dem Privileg, Kunden zu beraten, führte ich später über viele Jahre auch Portfolios. Sei das als Short-Seller oder als Investor im Edelmetall- & Rohstoffbereich.

Diese einzigartige Erfahrung schärfte mein Sensorium für globale Makrothemen, Marktverhalten und fragwürdiges Geschäftsgebaren. Dazu habe ich in den vergangenen drei Jahren am Gymnasium Zürich Oberland in Wetzikon Wirtschaft & Recht unterrichtet.

Diese Erfahrung war unheimlich bereichernd, weil man als Lehrperson in drei Dimensionen gleichzeitig überzeugen muss: fachlich, pädagogisch und psychologisch.

«Darüber hinaus pflegen wir einen regen Austausch mit Lumen Capital in Singapur»

Daraus ergeben sich für unsere Kundinnen und Kunden folgende Vorteile: systematischer Analyse- und Anlageprozess, umfassendes Verständnis und Empathie für ihre Situation, und das Wissen, welche Instrumente sich zu einer erfolgreichen Umsetzung idealerweise eignen.

Wie unterscheidet sich Lumen Capital Schweiz von anderen unabhängigen Vermögensverwaltern?

Dreifach. Die Kompetenz des Teams ist sehr komplementär. Meine Erfahrung hilft in der Ideen-Generierung, im strukturierten Analyse- & Anlageprozess, in der Portfoliokonstruktion und im Risikomanagement. Dies erlaubt uns, der Kundschaft vielfältige und fundierte Anlagelösungen zu präsentieren.

Darüber hinaus pflegen wir einen regen Austausch mit Lumen Capital in Singapur (LCI) und profitieren von deren Asien-Expertise. Ein wichtiger Partner von uns ist auch das Team der Cynos AG. Ihre Kompetenz im Bereich Compliance und Risikomanagement ist für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor.

«Ein wichtiger Partner von uns ist auch die Firma Cynos»

Wie ist die Beziehung zu Lumen Capital in Singapur?

LCI und Lumen Capital Schweiz stellen rechtlich zwei unabhängige Firmen dar. LCI beschäftigt im Investment Team ein halbes Dutzend Personen. Das ermöglicht ihnen breite und tiefe Analysearbeiten. Wir profitieren mehrfach: Asienexpertise und fundiertes Wissen über aufstrebende Märkte, Zugang zu interessanten Investment-Managern und -produkten sowie komplementäres Fachwissen über festverzinsliche Instrumente.

Können Sie uns ein Beispiel geben, wie diese Zusammenarbeit den Kundinnen und Kunden zunutze kommt?

Einerseits betrifft es die Firma Geberit. LCI ermöglichte mir den Zugang zu einem Anbieter eines Private-Debt-Produktes für Finanzierungen im europäischen Immobilienmarkt. Seit vergangenem Herbst hat der Manager detailliert auf Herausforderungen inklusive Kreditausfällen hingewiesen.

Deshalb konnten wir Positionen in der Geberit-Aktie auf substanziell höheren Niveaus reduzieren, respektive verkaufen. Die kürzlichen Zweitquartalszahlen 2023 haben diese adressierten Herausforderungen bestätigt. Geberit bleibt jedoch ein erstklassiges Unternehmen, das unsere Anlagephilosophie beispielhaft verkörpert.

Ich, andererseits, konnte dem Team in Singapur im Frühjahr Zugang zu einem spannenden Produkt im Bereich Gerichtsfinanzierungen (Litigation Finance) geben. Der stete Fachaustausch ermöglicht gegenseitig, der Kundschaft Mehrwert zu offerieren.

«Bei Banken besteht oft ein asymmetrisches Risikoprofil»

Empfehlen Sie auch Schweizer Bankaktien (falls ja, welche)?

Innerhalb von Banken besteht oft ein asymmetrisches Risikoprofil bei den wichtigen Entscheidungsträgern, weil die Anreizsysteme falsch aufgegleist sind. Deshalb schaffen diese Banken zyklusübergreifend nur unsteten Mehrwert. Aus Schweizer Sicht hat es die Privatbank Julius Baer nun in der Hand, aus der UBS-CS-Situation als Gewinner hervorzugehen und Marktstellung sowie Ertrags- und Gewinnniveau auf ein markant höheres Niveau zu hieven.

Die Bank hat nach vergangenen Fehltritten Fortschritte in der operativen Disziplin gemacht. Das Privatkundengeschäft offeriert stabile und stete Erträge und erzielt attraktive Renditen.

«Ich erinnere mich an 2008/09»

Wie beurteilen Sie – im Vergleich zu Singapur – die Erfolgschancen für den Finanzplatz Schweiz?

Ich erinnere mich an 2008/09. Da haben viele Experten eine starke Schrumpfung prognostiziert. Das hat sich so nicht bewahrheitet, weil etliche Rahmenbedingungen wie politische Stabilität, unaufgeregte Fiskal- und Geldpolitik den Finanzplatz attraktiv machen.

Aber wir dürfen nicht selbstgefällig werden. Wir müssen den härteren Wettbewerb annehmen. Hohes Niveau bei Fachexpertise, Kundenservice, Performance und Regulatorischem sind keine Selbstläufer aber wichtig für künftigen Erfolg.


Matthias Bachmann ist seit Juli 2022 als Chief Investment Officer (CIO) für Lumen Capital (Schweiz) tätig. Nach seinem Ökonomiestudium an der Universität Basel und einem Master in Wirtschaft und Recht an der Universität Zürich startete er Ende der 1990er-Jahre seine Berufskarriere als Aktienspezialist bei der damaligen UBS Investment Bank. Zwischen 2007 und 2012 war er Mitgründer der Firma MainFirst Schweiz und in der Folge in verschiedenen Funktionen für die Positionierung der Schweizer Niederlassung verantwortlich. Weitere Stationen waren danach Craton Capital sowie die Rothschild Bank. Zwischen 2020 und 2023 absolvierte Bachmann einen Master LfM in Wirtschaft & Recht an der Universität Zürich und war Lehrbeauftragter an der Kantonsschule Zürich-Oberland in Wetzikon ZH.