Lange galten die Schweiz und ihr Private Banking Sektor als sichere Sache – über Generationen gaben Familien ihr Erspartes in die Hände der Privatbankiers. Doch immer mehr externe Einflussfaktoren üben Druck auf das Schweizer Private Banking. Daher stellt sich die unausweichliche Frage: Wie können sich Banken in diesem Marktumfeld nachhaltig positionieren?


Von Jürg Frick, Senior Partner, Banking Industrie und Christoph Gross, Senior Consultant, Deloitte Schweiz.


Eine Lösungsmöglichkeit zeigt sich bei genauerer Betrachtung der Wertschöpfungskette des Private Bankings. Da die IT bereits den grössten Teil der Prozesse und Arbeitsschritte übernommen hat, bleibt den Banken als Differenzierungsmarkmal eigentlich nur noch der Relationship Manager (RM) und dessen Beziehung mit seinen Kunden.

Der RM hat sich jedoch in den vergangen Jahren oft zu einem reinen Verkäufer von Produkten und Paketen entwickelt, die er häufig nicht im Detail versteht. Um den Kunden und dessen Anliegen wirklich «caren», das wird schon seit einiger Zeit nicht mehr gelebt.

Der Hirslanden-Ansatz

Der Ansatz sollte heissen: From Sell to Care – also weg vom reinen Verkauf von Produkten, zurück zum «Caren» um den Kunden. Ein branchenübergreifender Vergleich: Die Hirslanden-Gruppe die diesen Ansatz bereits erfolgreich umsetzen und sich somit als Pionier innerhalb der Krankenhäuser positionieren konnte.

Damit die Belegärzte beziehungsweise analog auch die Relationship Manager (RM) wieder um ihre Patienten/Kunden «caren» können, bedarf es jedoch seitens des Spitals und der Bank tiefgreifende Transformationen.

Centers of Excellence

Die unflexible und veraltete Struktur der Privatbanken muss dafür durch eine neuartige und hochagile Lösung ersetzt werden. Konkret bedeutet das, dass sich die Banken zum Infrastruktur-Anbieter entwickeln müssen um den RMs eine effiziente Plattform bieten zu können.

Den RM ermöglicht dieses Setting wiederrum sich mehr auf die eigentliche Kundenbetreuung zu konzentrieren und nicht wie jetzt fast die Hälfte der Zeit in administrativen Aufgaben zu versinken.

Dabei werden Centers of Excellence (CoE) je neu um die verschiedenen Anliegen – zum Beispiel Nachfolgeregelung, Steueroptimierung und Finanzierung – der Kunden gebildet. Sie werden von den RMs konfiguriert und mit den nötigen Experten bestückt.

Die RM bilden die Brücke zwischen dem Kunden und der CoE – sie fungieren stets als persönlicher Ansprechpartner für den Kunden. Dass RM und Kunden zueinander passen und die RMs wirklich verstehen, was «Caring» im Private Banking bedeutet, ist daher von grosser Bedeutung.

So könnte eine holistische Beratung garantiert werden. Im Heute sieht man bei den Privatbanken eher einen Silodenken-Ansatz und damit folglich eine nur beschränkte Analyse der Kunden.

Deloitte CenterofExcellence 500

Quelle: Deloitte (2017): Centers of Excellence im Private Banking

Risk-Adjusted Pricing

Am Pricing sollte man auch ansetzen: Im Gesundheitswesen kommt als Basis zur Preisfindung die diagnose-bezogene Fallpauschale (DRG) zum Einsatz. Diese variiert je nach dem Ressourcenverbrauch, also je nach dem ökonomischen Schweregrad des Falles. Abhängig vom Gesundheitszustand und Risiko des Patienten wird ein Risikozuschlag aufaddiert. Anschliessend hat der Patient noch die Wahl zwischen verschiedenen Dienstleistungsgrade und auch Hotellerie. Das Pricing ist demnach auf den Patienten und seinen Fall massgeschneidert und transparent für beide Parteien.

Dies steht im Gegensatz zum aktuellen Pricing im Banking, wo es nur eine Standardrate für alle Kunden gibt, die von Domizil, KYC und Grösse unabhängig ist. Dem wird ein Zuschlag für Advisory oder Discretionary addiert. Rabatte gibt es gemäss Grösse und Wichtigkeit des Kunden.

Diese «one size fits all» Logik erscheint im Vergleich zum Pricing im Gesundheitswesen veraltet, intransparent und weniger rentabel. Neben dem CoE-Modell des Gesundheitswesens könnten Banken also auch dessen Risk-Adjusted Pricing (RAP) anwenden.

Konkret könnte dies folgendermassen aussehen: Basis-Ratenanpassung je nach Domizil und Position/Wirtschaftszweig (Case). Darauf ein Risikozuschlag gemäss Risikoanalyse Onboarding/KYC und Service Level Advisory/Discretionary (Bips pro Transaktion/ Flat Management Fee). Der letzte Zuschlag richtet sich nach Concierge Service und anderen Dienstleistungen. Im Vergleich zum aktuellen Pricing ist dieses Model deutlich transparenter und ermöglicht Privat Banken ihren Umsatz mit Privatkunden deutlich zu steigern.