«Wir sollten uns nicht so oft fragen, was in den nächsten zehn Jahren anders sein mag, sondern vielmehr, was sich wahrscheinlich nicht ändern wird», sagt Christian Dreyer, CEO der CFA Society Switzerland.

Christian Dreyer 160Christian Dreyer, Geschäftsführer der CFA Society Switzerland

Eine nachhaltige Strategie lässt sich mit viel Zeit und Energie nur auf das bauen, was stabil ist. So die Erkenntnis von Jeff Bezos, Gründer und Chef des 1994 gegründeten Online Detailhändlers Amazon. Im Fall von Amazon sind diese Grundpfeiler übrigens tiefe Preise und kurze Lieferfristen.

Alles andere ist Nebensache. Meine erste Bestellung bei Amazon habe ich am 11. August 1998 aufgegeben - «The Innovator’s Dilemma» übrigens. Das Buch ist immer noch wichtig und gültig. Aber was genau hat das nun mit dem eben angebrochenen Jahr in der Finanzbranche zu tun?

Inbegriff der Stabilität

Einfach alles! Atemlos hecheln wir den letzten Trends hinterher, sei es an den Märkten mit theoretisch schon längst nicht mehr funktionierenden Trendfolgestrategien, sei es mit Geschäftsstrategien von Allfinanz über Fintech in Verfolgung überrissener Quartalsziele - ganz zu schweigen von Compliance und regulatorischen Entwicklungen.

Oft verstehen wir unter langfristig das, was weiter als sechs Monate in der Zukunft liegt... wie konnte es so weit kommen in einer Branche, die einst Inbegriff der Stabilität, ja der gepflegten Langeweile war?

Aus den Augen verloren

Viel hat damit zu tun, vermute ich, dass wir den Sinn und Zweck unserer Tätigkeit aus den Augen verloren haben. Entgegen verbreiteter Annahme kann der nicht darin bestehen, den Aktionärsnutzen zu maximieren, denn das ist nur mittelbar über die stete Schöpfung von Kundennutzen möglich.

Der unbedingte Fokus auf den Kundennutzen hat also im Mittelpunkt jeder Finanzkarriere zu stehen. Und der verändert sich in der Finanzindustrie eigentlich gar nicht so rasend schnell wie viele Berater glauben machen möchten. Ein empirischer Beleg dafür findet sich in der trotz regen Wettbewerbs unverändert hohen Trägheit der Kundenbasis.

Pantheon der Finanz

Dass diese mittelbare Relation von Kunden- und Aktionärsnutzen tatsächlich tragfähig ist, hat CFA Institute jüngst in einer gemeinsam mit State Street veröffentlichten Publikation nachgewiesen: Organisationen und Individuen, die ihre Gewohnheiten und Anreize tatsächlich am nachhaltigen Kundennutzen ausrichten, verfügen über statistisch signifikant höhere Performance, Kundenzufriedenheit und Mitarbeiter-Engagements als Konkurrenten, die solches nur proklamieren. Im an griechischen Lettern reichen Pantheon der Finanz wurde dafür sogar ein bislang selten genutzter Buchstaben in Beschlag genommen, nämlich Φ (Phi – steht für Purpose, Habits und Incentives).

Es ist gut möglich, dass die Neuausrichtung (oder Rückbesinnung) der Branche auf Φ ein Generationenwerk sein wird - verordnen lässt sie sich schwer.

Umso wichtiger ist es, dass die akademische Aus- und Weiterbildung der neuen Generation von Finanzfachleuten schnell wegkommt von ihrer fast exklusiven, vermeintlich hart wissenschaftlichen Ausrichtung auf Modelle, Quantifizierung und Technik, denn es besteht die reale Gefahr, dass «echte» Ingenieure aus technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen sie dabei rechts überholen werden - finanzmathematische Modelle sind vergleichsweise simpel.

Vielfältige Interessenskonflikte

Das an der Praxis geschärfte Bewusstsein dafür, zu welchem Zweck und zu wessen Nutzen solche Modelle eingesetzt werden und wie mit den vielfältigen Interessenkonflikten der Finanzindustrie im Sinne des Kunden umgegangen werden muss – das ist es, was bleibt.

Und Ihre Qualifikation. Machen Sie den ersten Schritt, indem Sie sich vor dem 15. Februar in das CFA Programm einschreiben.