An der Börse stehen die Schwellenländer derzeit kaum in der Gunst der Investoren. Doch für die Life-Science-Branche gewinnen die Emerging Markets als Absatzmärkte rasant an Bedeutung.
Die Globalisierung der Absatzmärkte ist auch im Gesundheitswesen eine vollendete Tatsache. Denn während in den westlichen Industrieländern der Sparkurs in der staatlichen Gesundheitsversorgung auf Umsatz und Gewinne drückt, steigen die Erlöse in den Schwellenländern auf Grund der Eigenverantwortung einer rasch wachsenden Mittelschicht.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird sich die Erdbevölkerung zwischen 2010 und 2050 um ein Drittel auf 9,1 Milliarden Menschen vergrössern. Der Anteil der über 60-Jährigen wird sich dabei von 760 Millionen auf 2 Milliarden verdreifachen.
Tiefgreifender Alterungsprozess
Davon besonders betroffen sind die Industriestaaten. So werden die Senioren zur Mitte des 21. Jahrhunderts 36,6 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, in Japan werden es sogar 42,3 Prozent sein.
Dunkelgrün: Mehr als 25 Prozent der Bevölkerung ist über 60 Jahre alt.
Auch andere asiatische Gesellschaften sind mit einen tiefgreifenden Alterungsprozess konfrontiert: Im Stadtstaat Singapur beispielweise wird sich der prozentuale Anteil der Senioren auf 35 Prozent mehr als verdreifachen; auch in China wird er sich im Jahr 2050 auf 29,9 Prozent belaufen.
Steigende Gesundheitskosten
In den vom Alterungsprozess am stärksten betroffenen Ländern sind die Folgen klar ersichtlich: Krankheiten wie Bluthochdruck, Arthritis, Diabetes, Krebs oder Schlaganfall, wie sie vermehrt im fortgeschrittenen Alter auftreten, werden zur Herausforderung.
Dementsprechend werden auch in den Schwellenländern die Gesundheitskosten auf staatlicher Seite und im privaten Bereich steigen. Während in den USA die Ausgaben im Gesundheitswesen zuletzt 17,9 Prozent des Bruttoinlandprodukt (BIP) ausmachten, waren es in Brasilien erst 9,3 Prozent, in China gar nur 5,4 Prozent und in Indien 4 Prozent.
Biotechnologie als Motor
Die Konsequenzen liegen auf der Hand: In diesen (Schwellen-)Ländern werden die Regierungen mit höheren Budgets für die Gesundheitsvorsorge auf die Herausforderungen reagieren. Zugleich steigt mit einer wachsenden Mittelschicht der Anteil der Selbstzahler, die für einen Teil der Ausgaben für medizinische Behandlungen und Medikamente selber aufkommen müssen.
Diese Entwicklungen schlagen sich zwangsläufig in unterschiedlichen Wachstumsraten bei den einzelnen Segmenten der Gesundheitsindustrie nieder: So avanciert die Biotechnologie zum Motor für die Entwicklung innovativer Medikamente. Angesichts der vielen neu zugelassenen Medikamente in den nächsten Jahren gehen Fachleute von einem Wachstum im Bereich von 15 Prozent aus.
Healthcare-IT im Vormarsch
Generikahersteller wiederum sind die Nutzniesser des steigenden Bedarfs an bezahlbaren Arzneien mit gutem Wirkprofil. Mit 10 Prozent bleibt die Gewinndynamik in diesem Segment der Life-Science-Industrie hoch.
Das vom Absatzvolumen weltweit grösste Feld der Healthcare-Industrie bleiben indessen die Dienstleistungen für Patienten, Fachärzte und Spitäler. Dabei geht es um die stationäre und ambulante Behandlung, aber auch um IT-Anwendungen für eine effizientere Erfassung und Analyse von Daten, kurz Healthcare-IT genannt. Die Wachstumsraten schwanken hier je nach Sektor zwischen 2 Prozent und 10 Prozent.
Noch ein Blick auf China
China bildet zurzeit den mit Abstand grössten Gesundheitsmarkt unter den Schwellenländern. Allerdings ist er noch höchst fragmentiert.
Die aufstrebende Supermacht ist hier mit drei Herausforderungen konfrontiert: Die in den 1970er-Jahren verordnete Ein-Kind-Politik wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem beschleunigten Alterungsprozess in der Gesellschaft führen. Darüber hinaus gewinnen ländliche Regionen, in denen aktuell 900 Millionen Menschen und damit 70 Prozent der Gesamtbevölkerung leben, an Bedeutung.
Steigender Bedarf an Datenanalyse
Dort steht der Bevölkerung weniger Geld für Gesundheitsausgaben zur Verfügung. Mit einer Penetrationsrate von 90 Prozent üben Generikahersteller hier eine dominierende Präsenz aus. Zugleich liegen 70 Prozent aller Kliniken für eine stationäre Behandlung in städtischen Ballungszentren.
Zu guter Letzt – und mit den ersten beiden Faktoren verbunden – steigt der Bedarf an neuen IT-Anwendungen für Behandlungen und die Datenanalyse.
Zu den Pionieren in der chinesischen Healthcare-IT zählen private Initiativen wie AliHealth Cloud Hospital. Patienten finden hier über ein Onlineportal Fachärzte und Spitäler. Dabei können sie Behandlung und Services bewerten sowie ihre eigenen Gesundheitsdaten verfolgen.
Vielfältige Plattformen
Ärzte und Hospitäler wiederum können Patientendaten über eine integrierte IT-Plattform verwalten, an verschiedenen Standorten praktizieren und online kommunizieren. Bislang dominiert noch kein Anbieter die gesamte Wertschöpfungskette.
An Bedeutung gewinnen Plattformen für den Informations- und Datenaustausch zwischen Fachärzten, aber auch für das Rekrutieren von Fachpersonal und Patienten für klinische Studien.
Wie in China sind aber auch die Regierungen anderer Schwellenländer dabei, ihre Gesundheitsausgaben zu erhöhen. Zugleich unterstützen sie mit neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen private Initiativen etwa beim Bau und dem Management von Krankenhäusern und Institutionen für die Betreuung von Senioren.
Erweiterte Expertise
Durch die Fusion mit Adamant Biomedical Investments per Anfang 2015 hat Bellevue Asset Management seine Reichweite im Healthcare-Bereich verstärkt. Unter der Leitung von Cyrill Zimmermann (Bild) hat das Management neben den bislang betreuten Produkten auch die Verantwortung für das von Bellevue betriebene Fonds- und Mandatsgeschäft im Healthcare-Bereich übernommen.
Die 1,1 Milliarden Franken an Kundengeldern und die 3‘000 Firmen aus der Gesundheitsbranche, die in der eigenen Research-Datenbank erfasst sind, untermauern die Expertise.
Verschiedene Kriterien
In der Portfoliostrategie baut das Team auf den Mix aus vier qualitativen und quantitativen Kriterien. In die erste Kategorie fällt die langjährige Erfolgsbilanz, die das Management von Unternehmen ausweisen muss, aber auch die Qualität der Produktpipeline, die sich in der Entwicklung befindet.
Darüber hinaus werden länderspezifische Risiken wie von staatlicher Seite verordnete Regularien in die Analyse einbezogen. Dasselbe gilt für operationelle Risiken, also Schwachstellen in der Wertschöpfungskette bei den Lieferanten in Produktion, Logistik und Vertrieb, aber auch potenzielle Patentstreitigkeiten.
Zu den quantitativen Kriterien zählt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im Verhältnis zum erwarteten Gewinnwachstum in den kommenden drei Jahren. Das zu erwartende Umsatzwachstum, die operative Marge sowie ein niedriges Kurs-Umsatz-Verhältnis runden das Investmentprofil ab.