Am 7. Mai 2013 ist der Innovation Prize for Africa zum zweiten Mal vergeben worden. finews.ch unterhielt sich mit Jean-Claude Bastos de Morais über die Bedeutung von Innovationen im Hinblick auf die Entwicklung Afrikas und die Rolle, die der private Sektor und Investoren dabei spielen.

Jean-Claude Bastos de Morais ist ein privater Investor und Philanthrop mit einem regen Interesse für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Märkte in Subsahara Afrika.

Im Zentrum von Bastos de Morais' Engagement steht die African Innovation Foundation, eine Organisation, die gegründet wurde, um von Afrikanern initiierte und getragene Entwicklungen anzukurbeln, indem sie Innovation fördert, insbesondere bei jungen Menschen.

Bei der Vergabe des Innovation Prize for Africa (Innovationspreis für Afrika) pflegt die Organisation eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskommission für Afrika der Vereinten Nationen (UN/ECA).

Herr Bastos, erzählen Sie uns zuerst einmal etwas über die diesjährigen Gewinner des Innovation Prize for Africa. Wofür wurden sie ausgezeichnet?

Mit dem erwarteten Wachstum der Weltbevölkerung auf 9 Milliarden bis 2050 und mit mehr als 900 Millionen Menschen die im Hunger leben, wird die Nachfrage nach nahrhaften Lebensmitteln stetig zunehmen. Aufgrund dessen und im Wissen dass die Auswirkungen von Hunger nur grösser werden hat der Innovation Prize for Africa (IPA) das südafrikanische Team der AgriProtein als Sieger 2013 ausgewählt.

Sie entwickelten ein innovatives Konzept des Nährstoff-Recyclings, das nicht nur den Nährwert von Fleisch deutlich verbessert, sondern auch die Kosten für Futtermittel für afrikanische Lebensmittelhersteller und Landwirte erheblich senkt.

Welches Ziel wird mit der Verleihung des African Innovation Prize verfolgt?

Wir haben uns das Ziel gesetzt, einen afrikanischen «Innovations-Spirit» zu begründen und dadurch Investitionen in Startup-Unternehmen und die Einführung von neuen und aufstrebenden Technologien zu fördern sowie das Wachstum eines innovativ ausgerichteten Privatsektors zu beschleunigen.

Der Innovation Prize for Africa selbst ist ein Beleg für die Kraft der Innovation. Wir müssen Afrikas grösste Ressource – sein Humankapital – nutzen, wenn wir eine nachhaltige Entwicklung erreichen wollen. Ich glaube, die Afrikaner müssen sich auf das konzentrieren, was der Kontinent braucht; der Innovation Prize for Africa mobilisiert afrikanische Innovatoren und Unternehmer, indem er die Preisgewinner, die marktorientierte Produkte für eine von Afrikanern getragene Entwicklung anbieten, mit 150'000 Dollar unterstützt.

Was hat der African Innovation Prize bislang erreicht?

Wir haben schon viel bewegt! Einer unserer grössten Erfolge war, dass der Preis afrikanische Minister, die an der 5. gemeinsamen Jahrestagung der Afrikanischen Union und der Wirtschaftskommission für Afrika der Vereinten Nationen (UN/ECA) teilnahmen, dazu veranlasste, eine Resolution zu verabschieden, die darauf abzielt, in den kommenden Jahren die Innovation zu fördern und in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken.

Auf der politischen Ebene haben Mitglieder der Afrikanischen Union offiziell erklärt, dass sie mit der Verabschiedung der Resolution Innovation unterstützen wollen. Das ist ein toller Erfolg, denn dadurch wird afrikanischen Politikern die wichtige Rolle, welche der Innovation als Motor der Wirtschaft zukommt, noch stärker bewusst gemacht.

Die Frage lautet: Was passiert als nächstes? Bis anhin habe ich in vielen Ländern zahlreiche Bemühungen mitbekommen, die darauf abzielen, Innovationen zu fördern. Es ist mein Ziel, eine Plattform zu kreieren, die Innovatoren dabei hilft, Zugang zu finanziellen Mitteln zu erhalten und ihre Lösungen weiterzuentwickeln.

Wie würden Sie Innovation definieren?

Ich glaube, Innovation wird oft missverstanden und zu eng definiert. Viele sind der Meinung, Innovation sei vor allem eine Sache der entwickelten Länder und es gehe einzig um Wissenschaft, mit anderen Worten: Innovation werde in erster Linie von Forschung & Entwicklung und von Technologie angetrieben. Diese Sicht der Dinge entspricht aber der Realität nicht mehr. Ich glaube, dass man Innovation in einem weiteren Sinn verstehen sollte, der sämtliche Aktivitäten, Handlungen, Systeme und Werte mit einschliesst.

Ich finde, aus wirtschaftlicher Sicht ist die Definition von Innovation, die der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter im vergangenen Jahrhundert geliefert hat, immer noch die pragmatischste. Er erweitert den Begriff, indem er fünf Arten von Innovation anführt:

1) neue Produkte

2) neue Produktionsmethoden

3) neue Lieferquellen

4) neue Erschliessung von neuen Märkten

5) neue Wege, das Geschäft zu organisieren

Schumpeter vertrat die Ansicht, dass Innovation von Monopolen angetrieben werde, also der Kraft, aus dem investierten Kapital ausserordentliche Erträge abzuschöpfen. Vielleicht liefert uns das einen Hinweis darauf, wo wir «Innovation» am ehesten vorfinden. Basierend auf dieser Theorie sollte die stärkste Innovation in sich entwickelnden Märkten zu finden sein, die durch einen fehlenden Wettbewerb charakterisiert sind.

Können Sie uns ein paar Innovationstrends nennen, die Sie als mögliche Motoren für die afrikanische Entwicklung identifiziert haben?

Jean Claude Bastos qWir leben in einer Innovationsumgebung, die sich rasch verändert, und afrikanische Innovatoren entwickeln neue Mittel und Wege, um sich den Herausforderungen, welche die afrikanische Entwicklung mit sich bringt, jeden Tag neu stellen zu können. Diese neuen Lösungen, welche der Technologie des Nordens oft überlegen sind, bieten einen besseren Zugang, eine erhöhte Produktivität und Innovations-Potenzial, um die Lebensbedingungen verändern zu können.

Es gibt eine breite Palette von Trends in der afrikanischen Innovation. Die Trends reflektieren oft die Herausforderungen, vor denen Afrikaner jeden Tag stehen. Über den ganzen Kontinent verteilt entstehen Innovationszentren, diese bieten Technologie-Innovatoren Raum und eine Plattform für die Zusammenarbeit. Besonders angetan sind wir von Innovationen, welche die Leistung von Mobiltelefonen erweitern oder Energie- und Umweltherausforderungen im ganzen Kontinent angehen.

Welches sind heute aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen der afrikanischen Innovation?

Meine Erfahrung, die ich in den vergangenen Jahren mit Investitionen in Afrika machte, hat mir eine fundamentale Einsicht in das Potenzial des Kontinents vermittelt: Afrikaner kreieren innovative Lösungen für ihre alltäglichen Probleme, es fehlt also nicht an guten Ideen. Es fehlt höchstens an den Mitteln, um diese Innovationen zu finanzieren, weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu bringen.

Afrika muss in einen breiter gefassten Begriff von Innovation investieren, der Wissenschaft, Technologie, Organisation, Finanzen und Handel umfasst, um ein entwicklungsfähiges Wertschöpfungs-Netzwerk aufbauen zu können. Meine Erfahrung als Investor hat mich gelehrt, dass einige der vielversprechendsten Innovationen aus der neuen Einschätzung lokaler Märkte und dem Einsatz neuer Methoden in der Geschäftsorganisation heraus entstanden sind. Gelernt habe ich auch, dass sich entwickelnde Länder nicht vom selben Punkt aus starten wie entwickelte Länder.

Ein starkes, von Afrikanern geprägtes Wertschöpfungs-Netzwerk wird dafür sorgen, dass Innovationen von der Idee bis zur Marktreife gebracht werden können. Ein starkes Wertschöpfungs-Netzwerk muss Innovation schützen, unterstützen und vermarkten, eine leistungsfähigere Produktion oder höhere Verkaufszahlen ermöglichen – und das Ganze auf einer panafrikanischen Ebene oder sogar weltweit anpacken.

Welche Vision haben Sie für das Ankurbeln der afrikanischen Innovation?

Das beste Mittel, das afrikanische Potenzial auszubauen, sind Investitionen in lokale Innovation und in lokales Unternehmertum. Sobald Afrikaner und der Rest der Welt innovative Durchbrüche anerkennen, welche das neue afrikanische Potenzial zur Entfaltung bringen, werden wir in der Lage sein, für sämtliche Menschen in Afrika eine bessere Zukunft zu schaffen.

Mit der Quantum Global Group, die Sie 2003 gegründet haben, tätigen Sie in Afrika zahlreiche Geschäfte. Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für andere Unternehmen, die sich am Markt beteiligen möchten?

Die grösste Herausforderung ist aus meiner Sicht der erschwerte Zugang zu Finanzierungsquellen. Die Meinungsumfrage «WEF Executive Opinion Survey» bezeichnet die Finanzierung als die grösste Herausforderung, vor die sich Unternehmen gestellt sehen, die in Afrika Geschäfte tätigen wollen. Ich sehe das bei meiner täglichen Arbeit. Ich rufe deshalb Führungspersönlichkeiten aus dem Privatsektor, Regierungen, NGOs und weitere Akteure dazu auf, neue Finanzierungsinstrumente zu schaffen, welche die afrikanische Entwicklung verantwortungsvoll fördern.

Heute kommen 11 Prozent der Arbeitsplätze im privaten Sektor aus dem Bereich Venture Capital und generieren ungefähr 21 Prozent des US-Bruttoinlandprodukts. Seit 1970 bringt jeder Dollar, den Venture-Capital-Firmen investieren, im Schnitt einen Ertrag von über 600 Prozent. Im Vergleich macht Venture Capital allerdings nur einen sehr kleinen Teil der afrikanischen Wirtschaft aus. Das ist ein limitierender Faktor für die aussichtsreiche afrikanische Entwicklung.

In meiner Begeisterung über die Innovatoren, die der Innovation Prize for Africa gefördert hat, bin ich aber zuversichtlich: Wenn diese Innovatoren in der Lage sind, Lösungen für Malaria, Sanitärsysteme, Energie und weitere Problembereiche zu finden, dann können wir auch neue Beteiligungsmodelle kreieren, um diesen Erfindungsreichtum finanziell zu unterstützen.

Was raten Sie anderen Investoren, die in den Kontinent investieren möchten?

Vorneweg: Es ist naiv zu glauben, dass in Afrika nur mit dem Verkauf oder Kauf der reichen Bodenschätze oder der ausgedehnten landwirtschaftlichen Flächen Geld gemacht werden kann. Afrika ist nämlich in erster Linie ein Land mit einfallsreichen Menschen.

Wir brauchen private Kapitalgeber, Unternehmen, aber auch Regierungen und NGOs, um mehr Geld für die guten Ideen zur Verfügung stellen zu können, die das Potenzial haben, den Kontinent vorwärts zu bringen. Wir müssen unsere Anstrengungen bündeln und globale Beteiligungspakte schnüren, damit wir Afrikas wirtschaftliches Potenzial optimal nutzen können.


Jean_Claude_Bastos_300Jean-Claude Bastos de Morais ist ein privater Investor und Philanthrop mit einem starken Interesse für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der afrikanischen Märkte südlich der Sahara.

Er gründete 2003 die Quantum Global Group in der Schweiz. Diese in der Schweiz ansässige, private Unternehmensgruppe verwaltet Vermögenswerte im Umfang von 8 Milliarden Dollar und ist in den Bereichen Anlageverwaltung, Verwaltung von Anlagen und Privatvermögen begüterter Privatpersonen sowie Finanzberatung für Unternehmen tätig.

Im Zentrum von Bastos de Morais' philanthropischem Wirken steht die African Innovation Foundation. Diese Organisation wurde gegründet, um von Afrikanern initiierte Entwicklungen mittels Innovationsförderung (besonders bei jungen Menschen) zu unterstützen. Die Stiftung arbeitet im Rahmen der Verleihung des Innovation Prize for Africa mit der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA) zusammen.

Jean-Claude Bastos de Morais ist Verwaltungsrat des Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF) und Stiftungsrat von Zurich.Minds, einer handverlesenen Gemeinschaft von führenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst und Geschäftswelt. Er ist im Besitz eines Masters in Business der Universität Freiburg (Schweiz). Seine berufliche Laufbahn startete er als Management Consultant.