Der Manager des R-co Valor, des Flaggschiff-Fonds von Rothschild & Co Asset Management Europe, zieht Bilanz über sein Portfolio und erklärt seinen vorsichtigen Optimismus.
Von Yoann Ignatiew, Portfolio Manager of Rothschild & Co R-co Valor Fund
Die Herausforderung und das Hauptziel bleiben jedoch, diese Volatilität auszunutzen, um bei Korrekturen zu kaufen und gleichzeitig in ruhigeren Phasen Gewinnmitnahmen zuzulassen. Vorsicht, Geduld und Flexibilität werden die Schlüsselprinzipien bleiben.
Das Jahr 2022 war geprägt von einem massiven Anstieg der Inflation, schweren Verwerfungen der internationalen Beziehungen und eines weltweiten Auseinanderdriften der Volkswirtschaften.
Massive Teuerung
Der Anstieg der Konsumentenpreise fiel in den einzelnen Regionen unterschiedlich stark aus. Während die Inflation in Europa überwiegend auf die deutliche Zunahme der Energiepreise zurückzuführen war, spielte in den USA die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt eine wichtige Rolle.
Nach wie vor hängt jenseits des Atlantiks die Inflation wesentlich von der Lohnentwicklung ab, und die Lage am Arbeitsmarkt ist weiter angespannt. Genauso wie die Inflationsraten fiel auch die Reaktion der Zentralbanken unterschiedlich stark aus, obwohl sie alle einen mehr oder weniger restriktiven geldpolitischen Kurs verfolgten. In den USA hob die Fed den Leitzins im Verlauf des Jahres von 0 Prozent auf 4,25 Prozent an, den höchsten Wert seit 40 Jahren1.
Zurückhaltende EZB
In Europa war die EZB mit Zinsanhebungen um insgesamt «nur» 250 Basispunkte zurückhaltender, sodass der Leitzins in der Eurozone gegen Jahresende bei 2,5 Prozent lag. China, das im Gegensatz zur restlichen Welt eine niedrige Inflation verzeichnet, senkte dagegen die Zinsen und stimulierte die Wirtschaft mit einem Konjunkturprogramm. Die Null-Covid-Politik der Kommunistischen Partei hat jedoch die Wirksamkeit dieser Massnahmen untergraben, sodass die Erholung der Wirtschaft mit einem geschätzten Wachstum von nur 2,7 Prozent2 für 2022 hinter den Erwartungen zurückblieb.
An den Finanzmärkten blieb im vergangenen Jahr kaum eine Assetklasse verschont. Die hohe Volatilität der europäischen und US-Renditen wurden zu den Symbolen für Instabilität und Unsicherheit. So lag die Rendite der 10-jährigen US-Treasury zwischen 1,5 Prozent und 4,3 Prozent und schloss das Jahr bei 3,9 Prozent ab, während die der 10-jährigen deutsche Bundesanleihe im Dezember 2022 bei 2,13 Prozent lag und damit im Vergleich zum Dezember des Vorjahres einen Anstieg von 787 Prozent verzeichnet3.
Positionierung des R-co Valor
Die Aktienquote des Fonds lag im Jahresverlauf 2022 zwischen 81 Prozent und 87 Prozent. Derzeit sind wir zu ca. 82 Prozent in Aktien investiert; die restlichen 17 Prozent entfallen auf französische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr sowie auf Barmittel.
Mit Blick auf die Transaktionen im Portfolio haben wir Gewinnmitnahmen in besonders robusten Sektoren getätigt und den Anteil der betreffenden Titel kontinuierlich verringert. So veräusserten wir nahezu alle unsere Positionen im Energiesektor und reduzierten in der ersten Jahreshälfte unser Engagement in diversifizierten Bergbauunternehmen.
Verstärktes Engagement in Technologieaktien
Teilverkäufe erfolgten zudem bei einigen Gesundheitswerten wie AstraZeneca sowie bei Titeln aus dem Luxussektor. Parallel dazu verstärkten wir unser Engagement in Technologieaktien (vor allem in China), wodurch wir unsere Sektor Quote dieses Sektors auf einem stabilen Niveau hielten. Vor allem chinesische Technologieunternehmen wie Alibaba, VIP-Shop oder Tencent konnten wir günstiger Nachkaufen und somit deren schwächere Marktphase ausnutzen.
Für uns spielen diese Titel allerdings nicht nur eine wichtige Rolle im Technologie Segment, sondern stehen ebenfalls für den Konsum des Landes. Im Jahresverlauf nahmen wir ferner neue Werte in unser Portfolio auf: das amerikanische Biotech-Unternehmen Seagen, den chinesischen Immobiliendienstleister Country Garden Services und die amerikanische Silicon Valley Bank.
Belastende Zinsen
Hohe Performancebeiträge leisteten der Rohstoffsektor und vor allem unsere Energietitel. Auch die diversifizierten Bergbauunternehmen im Portfolio entwickelten sich erfreulich. Umgekehrt schlug unser Engagement in Technologiewerten besonders negativ zu Buche, da diese durch den rasanten Anstieg der Zinsen belastet wurden.
Unser Engagement im chinesischen Technologiesektor machte jedoch in den letzten beiden Monaten des Jahres deutlich Boden gut, nachdem die Kommunistische Partei das Ende der Null-Covid-Politik verkündet hatte.
Ausblick: Balanceakt der Zentralbanken
Auch für das Jahr 2023 müssen die Zentralbanken einen Balanceakt vollführen. Zwar scheinen sie das Tempo der Zinserhöhungen allmählich zu verlangsamen, doch ihre Rhetorik bleibt unverändert aggressiv. Daran dürfte sich so lange nichts ändern, bis die Inflationsraten «ausreichend» zurückgegangen sind – auf die Gefahr hin, dass zahlreiche Regionen der Welt in eine Rezession getrieben werden.
Die EZB, die dem US-Zyklus hinterherhinkt, steht vor einer zusätzlichen Schwierigkeit: Sie muss für mehr als 20 Länder mit ihren jeweiligen Besonderheiten eine gemeinsame Geldpolitik festlegen. Eine wichtige Variable ist ferner die Staatsverschuldung, die als Stressfaktor im kommenden Jahr unbedingt berücksichtigt werden muss. Die massiven Konjunkturprogramme haben die Schuldenlast der Staaten massiv erhöht.
China vor grossen Herausforderungen
Vor einer besonderen Herausforderung wird in den nächsten Monaten China stehen. Nach dem Ende seiner Null-Covid-Politik wird sich herausstellen, ob die Regierung in der Lage ist, wirksame Impfkampagnen durchzuführen und die explosionsartige Zunahme der Infektionen zu bewältigen. Für 2023 wird in dem Land ein Wachstum von rund 5 Prozent erwartet; allerdings ist angesichts der eher schwachen Vergleichszahlen durchaus eine positive Überraschung möglich.
Konjunkturmassnahmen der Regierung in Kombination mit der Unterstützung des Immobiliensektors würden für positive wirtschaftliche Impulse sorgen. Allerdings könnte sich die Erholung der chinesischen Konjunktur als zweischneidiges Schwert herausstellen, weil dadurch zwar das internationale Wirtschaftswachstum kräftig gestützt, aber auch die Inflation angeheizt würde.
Margen geraten unter Druck
Die Energiepreise dürften auch 2023 einen Belastungsfaktor darstellen. Zum einen wird die hohe Instabilität negative Auswirkungen auf die privaten Haushalte und die Industrie haben, zum anderen wird sie die internationalen Beziehungen beeinflussen und zu geopolitischen Spannungen führen
An der Unternehmensfront dürften die Margen und Ergebnisse nach einem letztlich recht robusten Jahr 2022 in den kommenden Monaten unter Druck geraten. Im aktuellen Umfeld ist ein Engagement an den Aktienmärkten aus unserer Sicht dennoch weiterhin ratsam, da die oben genannten Faktoren zumindest in Teilen in den Kursen bereits eingepreist sind. Darüber hinaus bleiben einige makroökonomische Daten solide, wie z.B. die Arbeitsmarktdaten in den USA.
Rhetorik der Zentralbanken entscheidend
Die Risikoprämie der Aktie ist zwar geringer als noch vor zwölf Monaten, aber immer noch vorhanden. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die Aktienmärkte weiterhin stark schwanken und das die Rhetorik der Zentralbanken hierbei eine entscheidende Rolle spielt. In diesem volatilen Umfeld werden wir versuchen, Kursrücksetzer für Käufe und positive Phasen für Gewinnmitnahmen zu nutzen.
Gil Platteau Country Head Switzerland, |
R-co Valor Fund Mit einem verwalteten Vermögen von über 3,6 Milliarden Euro und einer Erfolgsbilanz von 29 Jahren ist der R-co Valor der älteste und grösste Flaggschiff-Fonds von Rothschild & Co Asset Management Europe. Der R-co Valor investiert in globale Aktien, wobei er Top-Down-Makroansichten mit einer Bottom-Up-Aktienauswahl kombiniert. Der Fonds, der in CHF, EUR und USD erhältlich ist, zeichnet sich durch ein hohes Mass an Flexibilität und einen benchmarkunabhängigen Investmentansatz aus. Die Strategie, die seit ihrer Auflegung im Jahr 1994 zweistellige annualisierte Renditen erzielt hat, lag im bisherigen Jahresverlauf bei +11,5 Prozent und erzielte in den vergangenen zwölf Monaten +5,4 Prozent (Stand: 7. Februar 2023, in EUR). |
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Quellen:
1Bloomberg, 30.12.2022.
2Weltbank, Dezember 2022
3Bloomberg, 30.12.2022.