Die Investition in chinesische Aktien und Obligationen sollte eigenständig erfolgen und nicht Teil einer Schwellenlandallokation sein.
Von Daniel Morris, Chief Market Strategist and Co-Head of the Investment Insight Centre, BNPP AM
Eine eigenständige Zuteilung würde Chinas wachsendes Gewicht in den grossen globalen Marktindizes und seinen reifenden Finanzmärkten gerecht werden.
Denn das Land ist inzwischen für fast 18 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und 11 Prozent der globalen Aktienmarktkapitalisierung verantwortlich (vgl. nachstehende Grafik).
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Dies rechtfertigt nicht nur einen grösseren Anteil der Investorenportfolios, sondern auch eine dedizierte Zuweisung.
Chinesische Aktien: Wenig Korrelation, viele Chancen
China hat seine Finanzmärkte in den letzten 20 Jahren liberalisiert, und in der Folge haben die Zuflüsse ausländischer Gelder zugenommen. Zwar gibt es immer noch Gründe, die eine adäquate Gewichtung inländischer A-Aktien in den MSCI-Indizes verhindern, doch wird man sich diesen im Laufe der Zeit ebenso annehmen.
Als Taiwan und Südkorea in internationale Marktindizes aufgenommen wurden, nahmen die ausländische Beteiligung und die Investitionsströme deutlich zu, so dass es klug wäre, sich vor Beginn eines Trends in China zu positionieren. Ausländische Investoren haben an den chinesischen Onshore-Aktienmärkten im Vergleich zu beispielsweise Indien oder Südkorea noch viel aufzuholen.
Grosse Bandbreite der Performance
Da chinesische Aktien in der Vergangenheit eine niedrige Korrelation mit entwickelten Märkten und mit anderen Schwellenländern aufwiesen, ist es rein aus Diversifikationsgründen suboptimal, das Engagement in China mittels einer grösseren Schwellenland-Allokation zu erhöhen.
Den Anlegern würden auch Alpha-Chancen entgehen, die sich aus der grossen Bandbreite der Performance zwischen chinesischen Sektoren und Einzeltiteln ergeben.
Höchstes Wachstumspotenzial
China weist das höchste Wachstumspotenzial fast aller Länder weltweit auf, und die Branchenzusammensetzung der chinesischen Indizes unterscheidet sich von denjenigen anderer Schwellenländer.
Es gibt in China mehr Unternehmen in wachstumsstarken neuen Technologiesektoren – und weniger in volatilen zyklischen Branchen und im Rohstoffsektor.
Chinesische Obligationen: Mehr Rendite und stabile Währung
Während der chinesische Aktienmarkt inzwischen den grössten Anteil am MSCI Emerging Markets Index ausmacht, ist das Gewicht chinesischer Titel in den grossen Obligationenindizes prozentual weiterhin klein.
Die Indexanbieter steigern den China-Anteil in ihren Benchmarks jedoch kontinuierlich, was zu sehr Mittelzuflüssen von Milliarden von Dollar führen dürfte. Es ist davon auszugehen, dass im Jahr 2021 bis zu 200 Milliarden Dollar von institutionellen Investoren sowie von Privatanlegern in den chinesischen Bondmarkt fliessen könnten.
Massnahmen zum Schuldenabbau
Der chinesische Obligationenmarkt ist für ausländische Investoren wegen der relativ hohen Renditen, der stabilen Währung und der geringen Korrelation zu Schulden anderer Schwellenmärkten (in Lokalwährung) attraktiv.
Zudem ist seine Korrelation zum inländischen A-Aktienmarkt oft negativ. Der chinesische Markt für Unternehmensobligationen ist gross, aber relativ wenig analysiert. Dies bietet aktiven Anlegern die Möglichkeit, diejenigen Emissionen zu ermitteln, für die der Markt das mit einer Anleihe verbundene Risiko nicht korrekt im Preis widerspiegelt.
Investoren sind verständlicherweise über die hohe Verschuldung des Landes besorgt. Peking jedoch geht dieses Problem an und setzt Massnahmen zum Schuldenabbau und zur Abschaffung der impliziten Garantien für staatliche Unternehmen um. Dies dürfte sich mittel- bis langfristig positiv auf den Markt auswirken.
Schrittweise Lockerung
Um mehr ausländische Investoren anzuziehen, wollen die chinesischen Behörden eine einheitliche Regulierung schaffen. Internationalen Ratingagenturen dürfen inländische Unternehmen bewerten. Devisenkontrollen könnten gelockert werden, um einen freieren Kapitalverkehr zu ermöglichen.
Der chinesische Bondmarkt ist der zweitgrösste der Welt, doch halten die meisten Anleger, die in Schwellenlandobligationen investieren, erst einen unerheblichen Anteil an chinesischen Titeln in ihren Portfolios.
Chinesische Obligationen bergen jedoch das Potenzial, überdurchschnittlich hohe, risikobereinigte Renditen zu erzielen. Dies gilt vor allem für Investoren mit der Fähigkeit und der Erfahrung den Markt entsprechend zu analysieren.