Ende August beginnt der Kurs «ESG für Kundenberater» des AZEK Ausbildungszentrums für Finanzfachleute. Im Interview spricht Ingeborg Schumacher-Hummel, die für die Entwicklung des Lehrgangs verantwortlich ist, über Performance-Mythen, regulatorische Aspekte und die Herausforderungen in der Nachhaltigkeitsberatung.


Frau Schumacher-Hummel, Sie verfolgen das Thema ESG im Finanzbereich seit mehr als 20 Jahren in der Beratung, Lehre und Forschung. Was fasziniert Sie besonders daran?

ESG war in der Finanzbranche lange Zeit ein Nischenthema und hat erst in den vergangenen Jahren, bestimmt auch im Zusammenhang mit der Klimadebatte, stark an Bedeutung gewonnen.

Mich hat es immer fasziniert, mit meinem Wissen zu nachhaltigeren Anlagelösungen beizutragen. Dass man dabei finanzielle Einbussen in Kauf muss, ist ein Mythos, der noch in vielen Köpfen steckt. Hier muss ein Umdenken stattfinden.

Sehr spannend finde ich zudem die laufenden Veränderungen auf dem Markt nachhaltiger Anlagen. Auf der Kundenseite steigt die Nachfrage markant, und neue Kundensegmente wollen bedient werden. Regulatorische Aspekte sind dabei nicht zu unterschätzen.

Vor allem auf EU-Ebene werden viele Massnahmen ergriffen, die auch für die Schweiz relevant sind.

Das Thema ESG ist mittlerweile omnipräsent. Weshalb ist eine spezielle Schulung der Finanzfachleute notwendig?

In jüngster Zeit sind viele neue Aus- und Weiterbildungen im Bereich ESG hinzugekommen. Bis anhin fehlte aber ein speziell auf die Kundenberater zugeschnittenes Angebot.

Kunden sind oft keine Finanzspezialisten und darauf angewiesen, dass die Berater ihnen die Möglichkeiten im Rahmen der rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend und transparent aufzeigen.

Aus diesem Grund habe ich zusammen mit AZEK einen ESG-Lehrgang für Kundenberater entwickelt. Unser zentrales Anliegen war es, das Kursprogramm auf die Bedürfnisse der Kundenberater auszurichten.

Wir fragten uns: Was müssen sie wissen, um ihre Kunden abzuholen und kompetent zu ESG-Themen zu beraten? Wie können sie dieses Wissen im Kundengespräch einbringen? Wie können sie sich selber in der Vielfalt nachhaltiger Fonds orientieren?

Wo sind die Kundenberater bezüglich ESG speziell gefordert?

Nachhaltigkeit ist nicht immer trennscharf und lässt da und dort Interpretationsspielraum. Hinzu kommen zahlreiche Fachbegriffe und die laufende Einführung neuer Regulierungen muss ebenfalls überblickt werden.

Diese Komplexität hält noch viele Berater davon ab, Nachhaltigkeit mit ihren Kunden zu thematisieren. Stand heute werden Berater ab Oktober 2022 zumindest Kunden aus der EU nach ihren Präferenzen zu Nachhaltigkeit befragen müssen. Viele Schweizer Banken planen daher, das Thema in jedem Kundengespräch zu verankern.

Mit dem ESG-Lehrgang wollen wir den Beratern eine Gesamtsicht verschaffen und ihnen die Werkzeuge mitgeben, dieses Wissen einfach verständlich an ihre Kunden weiterzugeben respektive auf kritische Fragen vorbereitet zu sein.

Die erste ESG-Lehrgang für Kundenberater ging im vergangenen Juni erfolgreich zu Ende. Welche Erfahrungen nehmen Sie mit?

Die Teilnehmer waren alle sehr interessiert und engagiert. Das Webinar-Format des Lehrgangs hat sich bewährt. Ich denke, dass es uns gelungen ist, den Beratern Werkzeuge in die Hand zu geben, die ihnen helfen, ihre Kunden kompetent an das Thema ESG heranzuführen.


Ingeborg Schumacher-Hummel berät mit ihrer Firma Responsible Impact Investing Anleger sowie Finanzdienstleister bei der Entwicklung und Implementierung von nachhaltigen Anlagestrategien. Sie ist Vorstandsmitglied des Forums Nachhaltige Geldanlagen, forscht und ist als Dozentin in der Lehre tätig.

Seit mehr als 30 Jahren bildet AZEK Fachleute in Finanzanalyse & Vermögensverwaltung, Wealth Management, Finanzmarktoperationen, Financial Data Science und ESG aus. Den Absolventen steht ein breites Weiterbildungs-Angebot der Dachorganisation SFAA zur Verfügung. Die nächsten Kurse ESG für Kundenberater ESG-CA beginnen Ende August 2021.