Die VP Bank konnte 2020 die verwalteten Vermögen auf 47,4 Milliarden Franken steigern. Tobias Wehrli von der VP Bank blickt auf das vergangene Jahr zurück und erklärt, welche Folgen die Corona-Pandemie für Kundenbeziehungen im Private Wealth Bereich haben wird – und weshalb Vermögensverwaltungsmandate aktueller denn je sind.

Interview VP Bank mit Tobias Wehrli, Head of Intermediaries & Private Banking sowie Mitglied der Geschäftsleitung der VP Bank Gruppe

Herr Wehrli, wie gingen Sie 2020 und gehen auch noch heute mit den erschwerten Bedingungen im Kundenkontakt um?

Die Zeit seit dem Ausbruch der Pandemie ist für uns alle herausfordernd, sei es privat oder geschäftlich. Der massive Einbruch der Aktienmärkte im März 2020 war ein Stresstest sondergleichen. Er eröffnete uns aber auch die Chance, das Vertrauen der Kunden in Krisenzeiten zu bestätigen. Unser Geschäft lebt von vertrauensvollen Beziehungen und somit auch von persönlichen Treffen.

Klar, dass dies in der aktuellen Zeit fehlt. Kommt hinzu, dass die klassischen Vertriebskanäle wie Konferenzen, Events etc. praktisch nicht mehr durchgeführt werden konnten. Wir mussten rasch umdenken und konnten digitale Plattformen in der Kundenkommunikation etablieren, beispielsweise digitale Live-Events.

Die Zahlen im Jahr 2020 haben uns auf diesem Weg bestätigt. Wir konnten das Nettoneugeld trotz der genannten anspruchsvollen Umstände um 1.4 Prozent steigern. Das spricht für unser Krisenmanagement in der Kundenbetreuung sowie für das Vertrauen der Kundschaft.

Welche Entwicklung beobachten Sie bei den Kunden in Bezug auf die Vermögensverwaltung durch die Pandemie?

Aus heutiger Sicht können wir sagen, dass das Jahr 2020 aus Anlegerperspektive insgesamt erfreulich war. Die Renditen entwickelten sich insbesondere in der zweiten Jahreshälfte gut. Aber denken wir an die dunklen Tage im März vor einem Jahr zurück: Verluste der Aktienindizes innert kürzester Zeit von 30 Prozent, Sturz des Erdölpreises und eine grosse allgemeine Verunsicherung.

Das waren für alle Anleger schwierige Zeiten. Entsprechend war auch das Informationsbedürfnis enorm gross. Die Pandemie hat deutlich aufgezeigt, dass Spezialistenwissen einen sehr hohen Wert hat. Beispielsweise konnten sich Anleger mit der Delegation in ein Vermögensverwaltungsmandat eine Menge Zeit und Nerven sparen.

Stichwort Vermögensverwaltungsmandat: Wo sehen Sie Vorteile eines solchen Mandats?

Die Kunden müssen sich nicht selbst um die zeitintensive Verwaltung und Überwachung des Vermögens kümmern. Die Pandemie zeigt dies symptomatisch. Nach den hohen Verlusten der Märkte haben wir in den Mandaten bereits früh wieder Aktien gekauft und die Aktienquote auf die strategische Zielquote zurückgeführt.

Dank dieses Entscheids haben wir bei Kunden im Mandat bei der Erholung der Finanzmärkte von Beginn weg mitgemacht. Gleichzeitig haben wir direkt kommuniziert und erklärt, wie wir die Lage einschätzen und welche Schritte wir unternommen haben.

Somit können sich Kunden auf die Investment-Expertise im Hintergrund verlassen, vom Zugang zu exklusiven Produkten und Dienstleistungen profitieren und gleichzeitig noch Zeit für die schönen Dinge des Lebens gewinnen.

Bringt ein solches Mandat auch Nachteile mit sich?

Überlegungen stellen sich sicherlich bezüglich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Wer die Verwaltung seines Vermögens in ein Mandat delegiert, bezahlt für diese Dienstleistung. Klassische Mandate sind daher häufig erst ab einer bestimmten Investitionssumme sinnvoll.

Wer jedoch mit einer geringeren Investitionssumme vom Wissen der Experten profitieren möchte, kann beispielsweise mit einem Strategiefonds die optimale Lösungen für den Vermögensaufbau finden.

Die Nachhaltigkeit streichen viele Institute heraus. Inwiefern unterscheiden Sie sich in diesem Punkt von anderen Banken?

Bei uns zieht sich Nachhaltigkeit durch den gesamten Beratungsprozess. Seit dem 1. Januar 2020 sind alle unsere Vermögensverwaltungsmandate mit einem Nachhaltigkeitsscore versehen, der den Kunden transparent aufzeigt, wie nachhaltig das Portfolio investiert ist.

Wir gehen mit unserem eigenen Nachhaltigkeitsscore einen grossen Schritt weiter als die meisten anderen Banken, indem wir nicht nur die inzwischen weit verbreiteten ESG-Kriterien verwenden, welche die Beurteilungen in puncto Umwelt, Soziales und Unternehmensführung umfassen.

Wir berücksichtigen Nachhaltigkeitsaspekte bereits bei der Auswahl von einzelnen Aktien und Anleihen sowie Fonds. Wir sind überzeugt davon, damit bessere Ergebnisse für unsere Kunden zu erzielen. Diese Indikatoren helfen, das Risikoprofil einer Anlage zu vervollständigen.

Welche Entwicklung erwarten Sie im Private Wealth Bereich in den kommenden Jahren?

Die Pandemie dürfte zwei Faktoren in den kommenden Jahren stark prägen. Zum einen den Digitalisierungsschub, zum anderen ist es das Zinsumfeld. Wir gehen von einem anhaltenden Tiefzinsumfeld aus. Weiter erwarte ich künftig ein verstärktes Bedürfnis nach individuell auf die Bedürfnisse abgestimmten Lösungen und Investmentmöglichkeiten, um die persönlichen Vermögensziele zu erreichen.

Gemäss meiner Einschätzung wünschen sich immer mehr Anleger sinnhafte Anlagemöglichkeiten. Diese Anforderungen haben uns in Kombination mit den tiefen Zinsen dazu bewegt, neue Investitionsmöglichkeiten zu kreieren. Unser neu geschaffener Bereich Client Solutions zielt genau auf diese Bedürfnisse ab und ermöglicht Investments, die weit über das bisher Bekannte hinausgehen und, beispielsweise Privatmarktanlagen einschliessen.

Können Sie das erläutern, welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf ihre Rolle als Bank?

Wir verstehen uns künftig als Anbieter von Open Wealth Services. Wir bieten unseren Kunden die Plattform innovative und massgeschneiderte Finanzlösungen zu erhalten, unabhängig davon ob wir diese selbst offerieren oder durch einen unserer Ökosystempartner anbieten.

Zugang zu diesem Ökosystem sollen künftig sowohl Privat- wie auch Intermediärkunden haben. Hier gehen wir einen neuen Weg und leisten Pionierarbeit. Immer mit dem Ziel, unseren Kunden die bestmöglichen Finanzlösungen zu bieten.


Tobias Wehrli ist Head of Intermediaries & Private Banking sowie Mitglied der Geschäftsleitung der VP Bank Gruppe. Davor war er bis 2020 Head Intermediaries der VP Bank. Seine Karriere begann er 1993 bei der UBS, bevor er zur Credit Suisse Group wechselte und seine Karriere später bei der St. Galler Kantonalbank und ab 2015 bei der VP Bank fortgesetzt hat. Tobias Wehrli verfügt über ein Executive MBA der FH St. Gallen und einen Abschluss in Wirtschaft der FHS St. Gallen.