Eine Welt, in der Fondsmanager und Besitzer von Vermögenswerten in Echtzeit auf Daten zugreifen und daraus nützliche Erkenntnisse gewinnen können – wo immer sie sich befinden, und wie immer sie möchten – mag heute noch etwas fern erscheinen, aber sie ist näher, als man vielleicht denkt.

Von Justin Chapman, Global Executive, Securities Services and Global Head of Market Advocacy & Innovation Research, und Karsten Illy, Chief Operating Officer Northern Trust Switzerland AG, Northern Trust

Wir befinden uns im Jahr 2030, und es ist mitten in der Nacht. Trotz dieser fortgeschrittenen Zeit ist ein Pensionskassen-Verwalter noch am Arbeiten und möchte auf Abrechnungsdaten für zwei digitale Währungstransaktionen zugreifen. Dabei will er sämtliche Vermögenswerte der Pensionskasse über alle Systeme, Regionen und Plattformen hinweg in einer einzigen Aufzeichnungs-Übersicht sehen, und zwar mit T+0.

Um die Abstimmung von Konten braucht der Pensionskassen-Verwalter sich keine Sorgen mehr zu machen, denn diese ist nicht mehr nötig und somit verschwunden. Kunden möchten hingegen die Informations-Technologie ihrer Wertpapierdienstleister nutzen, um diverse Anlageszenarien durchzuspielen und zu entscheiden, welche Absicherungsansätze für ausgewählte Wertschriften eingesetzt werden sollen. Und Kunden wollen all dies natürlich auf verschiedenartigen digitalen Geräten tun.

Inmitten eines beispiellosen Übergangs

Die Branche der Wertpapierdienstleister befindet sich aktuell inmitten eines beispiellosen Übergangs zu einem digitalen Ökosystem. Die Erwartungen der Kunden an ihre Verwahrstelle weitern sich aus und umfassen eine Vielzahl von zusätzlichen Dienstleistungen rund um Cyber-Sicherheit, künstliche Intelligenz, Cloud Computing, Datenanalyse und Blockchain-Technologien.

Während die Anbieter von Asset Services ihre Tätigkeit schon immer an die sich ständig ändernden Anforderungen ihrer Kunden angepasst haben, müssen sie jetzt höchst flexibel, agil, kreativ und auch digital sein, wie man es bislang noch nicht kannte.

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Die Depotbanken im Jahr 2030 werden kundenorientiert sein und sich auf die Sicherheit von Vermögenswerten konzentrieren. Sie werden aber auch ein neues, partnerschaftliches Ökosystem bilden, in dem sowohl digitale als auch traditionelle Lösungen nebeneinander existieren.

Neue Anlageklassen, neue Marktbereiche

Das Segment der Wertschriftendienstleister wird sich tiefgreifend verändert haben, und der technologische Fortschritt wird es ermöglichen, dass global agierende Custodians als digitale Kanäle für ihre Kunden fungieren.

Damit ermöglichen sie den Zugang zu einer immer breiteren Palette von Märkten, welche einerseits traditionelle geografische Gebiete umfassen, anderseits aber auch aus einer sich neu entwickelnden digitalen Infrastruktur entstehen können.

Digitale Vermögenswerte – also Wertschriften, die digital emittiert, ausgetauscht und abgewickelt werden – dürften dannzumal in praktisch allen Sektoren alltäglich sein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um Obligationen, Private Equity, Exchange Traded Funds (ETFs), Anlagevehikel für Spezial-Investments, Edelmetalle, Immobilien oder andere Assets handelt. Über diese traditionellen Vermögensanlagen hinaus werden auch neue Marktsegmente die digitalen Währungen zum Mainstream machen und die Entwicklung völlig neuer Anlageklassen fördern.

Den Wandel annehmen

Bei so vielen Veränderungen und einer Reihe neuer geforderter Fähigkeiten müssen insbesondere global agierende Wertschriftendienstleister den kulturellen Wandel annehmen. Der Erfolg dürfte wahrscheinlich auf der Kombination aus einer proaktiven Führungsstärke und einer integrativen Belegschaft mit einer Vielzahl kognitiver Fähigkeiten beruhen.

Die Bedeutung der Digitalisierung kann nicht hoch genug betont werden. Deren Implikationen werden in der gesamten Wertschöpfungskette der Wertpapierdienstleister spürbar sein. Die Komple¬xität dieser entstehenden Service-Landschaft wird sicherlich die Kooperationsbereitschaft zwischen Anbietern von Asset Services fördern – dies über einen Wettbewerb, der auf Service-Leistung und der Fähigkeit zur Wertschöpfung beruht.

Dabei geht es insbesondere um Mehrwert aus neuen Erkenntnissen und nicht um die Abwicklung mit standardisierten Prozessen, die Allgemeingut wurden.

Operative Effizienz

So sehr von Unternehmen aus dem Bereich Asset Services Innovation und Kreativität gefordert werden, so sehr wird von ihnen auch erwartet, dass sie weiterhin ihre operative Effizienz unter Beweis stellen. Neue Technologien bieten dazu reichlich Gelegenheit. Nach derzeitigem Stand werden Daten beispielsweise bei jedem Wertschriftendienstleister erzeugt und damit mehrfach gespeichert. Systeme und Infrastruktur werden dadurch mit hohen Kosten konfrontiert.

Bis 2030 dürften die Depotbanken enger zusammenarbeiten. Dadurch werden die Daten bloss einmal erhoben und über alle Firmen hinweg synchronisiert – dies mit gemeinsamen Systemen und Prozessen, um die Kosten zu senken. Operative Funktionen werden ziemlich sicher auch selbstlernend sein und sich laufend verbessern, wobei die Integration von Daten inskünftig viel einfacher sein wird.

Echtzeit-Daten für Revisionsfirmen und Aufsichtsbehörden

Die hohen Anforderungen an das Berichts- und Prüfungswesen werden sicherlich bestehen bleiben, aber dieser Prozess wird in Echtzeit ablaufen, da die Revisionsfirmen und Aufsichtsbehörden direkten Live-Zugang zu den Transaktionen erhalten.

Jüngste Vorschriften mit Schwerpunkt auf Rechenschaftspflicht und Governance haben bereits die Schaffung neuer Technologien gefördert, welche die Verbesserung der Transparenz deutlich erhöht hat. Ausserdem arbeiten Regulierungs¬behörden auf der ganzen Welt daran, Finanzinnovationen besser zu verstehen und sie zu ermöglichen.