Da der Klimawandel in der politischen Diskussion laufend an Bedeutung gewinnt, spielen auch Aktionäre eine zunehmend wichtigere Rolle, den Verbrauch von fossilen Brennstoffen zu reduzieren, sagt Sora Utzinger von Aviva Investors.

An der Generalversammlung des Mineralölkonzerns BP im vergangenen Mai stimmten die Aktionäre mit überwältigender Mehrheit für eine Resolution, wonach das Unternehmen seine Geschäftsstrategie nach den Zielen des Pariser Klimaabkommens zur Bekämpfung der globalen Erderwärmung ausrichten muss. Die Aktionäre hatten diese Abstimmung gefordert, weil BP nicht ausreichend Informationen zur Verfügung gestellt hatte, damit sich die Anleger davon ein Bild machen konnten.

Obwohl diese Resolution ein Schritt in die richtige Richtung ist, hat BP noch einige Arbeit vor sich, um mit europäischen Konkurrenten wie Repsol, Shell und Total gleichzuziehen, die allesamt bereits begonnen haben, Verantwortung dafür zu übernehmen, wie ihre Produkte verwendet werden.

Nötige Anreize

Unternehmen wie BP können die Klimakrise nicht selber lösen. Andere wirtschaftliche Akteure wie Automobil- und Flugzeughersteller sowie die Konsumenten müssen auch ihren Teil dazu beitragen. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Regierungen weltweit die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen mit den nötigen Anreizen sowie Sanktionen festlegen.

Trotzdem unterschätzen die Kapitalmärkte und Unternehmen die Geschwindigkeit, mit der die Aufsichtsbehörden tätig werden könnten, um die Ziele des Pariser Abkommens einzufordern. Damit Unternehmen wie BP weiterhin wettbewerbsfähig bleiben und langfristigen Wert generieren, muss sich ihre Strategie deshalb ändern.

Zwei Ansätze

Dies bedeutet nicht, dass Ölkonzerne generell aufhören müssen, in fossile Brennstoffe zu investieren. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass sie sich dadurch dem sogenannten Risiko «gestrandeter Vermögenswerte» aussetzen, da es nur noch eine begrenzte Anzahl an neuen Projekten gibt, die fortgeführt werden können. Der CEO von Shell, Ben van Beurden, formulierte 2017 die Konsequenzen daraus, «nur mit Investitionen fortzufahren, die klimapolitisch wettbewerbsfähig sind.“

Vor diesem Hintergrund müssen die Unternehmen einen von zwei Ansätzen verfolgen: Entweder können sie sich für einen «geordneten Rückzug» entscheiden, der sich auf eine Maximierung der Renditen aus dem bestehenden Portfolio konzentriert und keine neuen Projekte mehr genehmigt. Oder aber sie entschliessen sich dafür, freien Cashflow für eine Diversifizierung einzusetzen, also in anderen Sektoren – insbesondere in erneuerbaren Energien – tätig zu werden und dabei den gleichen klimapolitisch eingeschränkten Ansatz bezüglich der Kohlenwasserstoffsparte zu verfolgen.

Viel steht auf dem Spiel

Laut einer Schätzung könnte der damit zusammenhängende Schaden, auf der Basis aktueller Preise, an den Finanzmärkten einen Wert von 43 Billionen Dollar vernichten. Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang, dass wichtige asiatische und amerikanische Öl- und Gasunternehmen zunehmend ins Hintertreffen geraten, während viele europäische Konkurrenten Massnahmen ergreifen, um eine klimapolitisch nachhaltige Strategie zu erarbeiten.

Da dermassen viel auf dem Spiel steht, nehmen institutionelle Aktionäre eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht, diese Unternehmen zu einer Änderung ihres Verhaltens zu bewegen. Letztlich stellt eine übermässige Investition in die Öl- und Gas-Branche ein bedeutendes Risiko für die Anleger dar, unabhängig davon, ob die Welt insgesamt entscheidende Schritte ergreift, um den Klimawandel zu mindern. Schliesslich werden Öl- und Gas-Vermögenswerte «stranden», wenn die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen nachlässt. Oder wenn infolge des Klimawandels übermässige Kohlenstoff-Emissionen zu grossen finanziellen Kosten führen.

Ganz am Anfang

Das Ergebnis der Generalversammlung von BP zeigt deutlich, welch grosser Nutzen sich ergeben kann, wenn sich institutionelle Anleger eingehender mit jenen Unternehmen befassen, an denen sie beteiligt sind. Es beweist auch, dass wir Mineralölkonzerne dazu bewegen können, sich nachhaltigeren kohlenstoffarmen Energiequellen zu widmen.

Die eingangs erwähnte Resolution ist jedoch nur der Anfang dieses Engagements. Wir werden das Unternehmen in den nächsten Monaten genau beobachten, um zu sehen, wie es seine nächsten Massnahmen umsetzt.


Sora Utzinger ist Analystin der Stewardship Fonds von Aviva Investors und verantwortlich für das Screening von Investitionen, die Zusammenarbeit mit Portfolio-Unternehmen und für die Berichterstattung über die ESG-Performance von Fonds.