Die Welt ist im abgelaufenen Jahr aus den Fugen geraten. Ein Trend, der sich im neuen Jahr fortsetzen könnte, denn um die globale Situation zu verbessern, fehlt es an Ordnung und Führung.
Von Christos Maloussis, Marktanalyst bei der IG Bank
Nationalismus und Eigeninteressen könnten das Jahr 2019 dominieren und den Trend auch an den Finanzmärkten vorgeben. Das sind die grössten Risiken in diesem Jahr:
1. Verhältnis USA-China
Die Konfrontation hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Um die Handelssituation der USA gegenüber China zu verbessern, zerschlug Donald Trump viel politisches Porzellan. Die Erhebung von immer neuen gegenseitigen Handelszöllen hat die Beziehung der zwei grössten Handelsmächte zueinander so stark belastet, dass dies auch an den Finanzmärkten nicht spurlos vorbei ging.
Selbst wenn auf dem vergangenen G20-Gipfel in Argentinien eine Deadline zur Kompromissfindung auf den 1. März 2019 festgelegt wurde und die Gespräche zur Beilegung des Handelskonflikts bislang Signale der Entspannung bieten, muss man doch festhalten, dass der Konflikt langfristig Vertrauen zerstört und damit grossen politischen Schaden anrichtet.
Auch wenn die beiden Länder einen mehr oder weniger gesichtswahrenden Kompromiss finden, werden die Spannungen zwischen den Grossmächten eher zunehmen und damit auch die Finanzmärkte weiter beschäftigen.
- Risiko: Kurzfristige Entspannung zu erwarten, langfristig jedoch problematisch
2. US-Innenpolitik
Die verlorene Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus bei den Mid-Term-Wahlen 2018 dürfte das innenpolitische Jahr 2019 in den USA dominieren. Die Demokraten werden den US-Präsidenten stark unter Druck setzen.
Vorrangig bei der Russlandaffäre und der Veröffentlichung der Steuererklärung wird Trump deutlichen Gegenwind wahrnspürenehmen. Insbesondere letzteres dürfte bei ihm die Alarmglocken klingeln lassen, da hier die Gefahr besteht, dass ihm und seiner Familie Geschäfte mit den Russen nachgewiesen werden könnten.
Um sich und seine Familie zu schützen, dürfte Trump die Aufmerksamkeit auf andere Themen lenken. Einen ersten Eindruck davon wie weit er gehen wird, zeigt der aktuelle Haushaltsstreit mit den Demokraten, der sich zum längsten Shutdown in der US-Geschichte entwickelt hat.
- Risiko: Hoch
3. Geschäftszahlen in den USA
Trotz oder gerade wegen der Geldflut der US-Notenbank und später durch die Steuergeschenke der US-Regierung waren die Ergebnisse der US-Unternehmen in den vergangenen Jahren ein entscheidender Kurstreiber der US-Indizes. Dieser Faktor könnte sich 2019 jedoch umkehren. Zum einen sind die Analystenerwartungen mit mittlerweile doppelstelligen Wachstumserwartungen ziemlich hoch und könnten somit zu Enttäuschungen führen.
Zum anderen könnte die US-Wirtschaft nach den goldenen Jahren im Nachgang zur Finanzkrise nun den Gegenwind des Handelskriegs und einer sich abschwächenden Weltkonjunktur zu spüren bekommen. Zwar konnten die US-Unternehmen in der abgelaufenen Berichtssaison die Erwartungen noch gerade so erfüllen, jedoch trübte sich der Ausblick zusehends ein.
- Risiko: Mittel/Hoch
4. Zentralbanken
Die US-Zentralbank macht den weiteren Zinsverlauf stark zahlenabhängig. Beim letzten Zinsschritt im Dezember reduzierte sie die Erwartungen von drei auf nunmehr noch zwei Zinsschritten in 2019. Zusätzlich dazu reduzieren die Währungshüter derzeit die aufgeblähte Bilanz um rund 50 Milliarden Dollar pro Monat. Liquidität, die dem Markt entzogen wird.
Für die Europäische Zentralbank (EZB) sieht die Ausgangslage anders aus. Das Nullzins-Niveau könnte sich auch noch deutlich über 2019 hinauszögern, da die einzelnen Mitgliedsländer in den Jahren nach der Finanzkrise die Zinseinsparungen in Höhe von etwa einer Billionen Euro nicht genutzt haben, um Schulden abzubauen oder strukturelle Änderungen einzuleiten und sich somit die Probleme in die Zukunft verschoben haben.
Jeder Zinsschritt der EZB könnte die Haushaltsbudgets von Ländern wie Italien, Spanien oder auch Frankreich sprengen und die Schuldensituation weiter zuspitzen.
- Risiko: Mittel
5. Brexit
Die Situation in Grossbritannien spitzt sich weiter zu. Nach der verlorenen Abstimmung im britischen Parlament und dem von Theresa May knapp gewonnenem Misstrauensvotum am Tag darauf ist weiterhin unklar, wie es mit dem britischen Austritt aus der EU weitergehen wird. May, die bereits als politischer Zombie bezeichnet wird, schafft es derzeit nicht, einen gehbaren Weg für das Vereinigte Königreich zu finden.
Auch die Ankündigung einer neuen Abstimmung Ende Januar scheint keine wirkliche Lösung zu bieten, und somit droht weiterhin die Gefahr eines ungeordneten Austritts Grossbritanniens aus der EU – der Worst Case. Um dies zu vermeiden, bleiben zwei Alternativen: eine Rücknahme des Austrittsgesuchs aus der EU oder eine Verlängerung der Austrittsfrist über den 29. März hinaus. Insbesondere in den ersten beiden Szenarien dürften wir eine starke Reaktion an den Finanzmärkten erwarten.
- Risiko: Hoch