Gesunde Ökosysteme tragen zum Klimaschutz bei und sind essenziell für die Weltwirtschaft. Anleger können helfen, den Verlust an Biodiversität aufzuhalten.

Von Robert-Alexandre Poujade, Leiter Biodiversität, BNP Paribas Asset Management

Klimawandel und Biodiversitätsverlust sind eng miteinander verknüpft und können durch ökologische Anlagestrategien gemindert werden. Die Finanzierung der biologischen Vielfalt ist eine Investition, kein Kostenfaktor. Sie ist Voraussetzung für Ökosystemleistungen, die von entscheidender Bedeutung für die Weltwirtschaft sind.

Zudem bringt sie finanzielle, wirtschaftliche und ökologische Vorteile. Laut einer Studie des Wirtschaftsanalyseunternehmens Elsevier verursacht die Umweltzerstörung jedes Jahr Kosten von schätzungsweise 1,4 Billionen Dollar, was 1,6 Prozent des globalen BIP entspricht.

Stark von der Natur abhängig

Mehr als die Hälfte des globalen BIP sind mehr oder minder stark von der Natur abhängig. Die Zahl der Asset-Management-Produkte, die sich auf die biologische Vielfalt konzentrieren, nimmt zu.

Den 14 «Biodiversitätsfonds» mit einem verwalteten Vermögen von 1,6 Milliarden Dollar stehen nach Angaben von Morningstar allerdings 1’100 «Klimafonds» mit einem Gesamtvolumen von 350 Milliarden Dollar gegenüber.

Naturschutz-Massnahmen

Auf der COP15 einigten sich rund 200 Länder auf das Kunming-Montreal Rahmenabkommen zum Schutz der Biodiversität (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF)). Dessen Kernstück ist das «30×30»-Ziel, das vorsieht, bis 2030 rund 30 Prozent der Land-, Meeres- und Küstenflächen sowie Binnengewässer unter Schutz zu stellen.

Gemäss einem Bericht der Universität Cambridge übersteigt der finanzielle Nutzen, der sich aus dem Schutz von 30 Prozent der Land- und Meeresflächen ergibt, die damit verbundenen Kosten im Verhältnis von 5:1. Die Regierungen haben sich ebenfalls dazu verpflichtet, umweltschädliche Subventionen abzubauen.

Milliarden für den Naturschutz

In der Vereinbarung wurde festgelegt, jährlich 200 Milliarden Dollar für den Naturschutz auszugeben. Neben öffentlichen Mitteln könnte dies über private Finanzierungen, die Förderung von Mischfinanzierungen und die Ermutigung des Privatsektors zu Investitionen in die biologische Vielfalt über Impact Funds und andere Instrumente erfolgen.

Die Umweltverschmutzung soll reduziert werden, indem auf die Beseitigung von Plastikmüll hingearbeitet und das von Pestiziden ausgehende Risiko durch integrierte Schädlingsbekämpfung um 50 Prozent verringert wird.

Wie ist der aktuelle Stand bei den Schutzgebieten?

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(Die Grafik zeigt Arten von Gebieten mit Schutzmassnahmen, in Prozent der Gesamtfläche, zum Vergrössern, Grafik anklicken)

Offenlegung als Schlüssel für das Risikoverständnis

Investoren verlangen die Offenlegung von Umweltdaten, um den Einfluss von Unternehmen auf die biologische Vielfalt beurteilen zu können. Daten des Carbon Disclosure Project (CDP) zeigen jedoch, dass die meisten Unternehmen ihre Verpflichtungen nicht in die Tat umsetzen.

Mehr als 30 Prozent der 8’850 vom CDP befragten Unternehmen haben sich öffentlich zu Initiativen für die biologische Vielfalt verpflichtet bzw. unterstützen diese. Weitere 25 Prozent möchten dies in den kommenden zwei Jahren tun. Demgegenüber haben mehr als 50 Prozent der Unternehmen bisher keine Massnahmen ergriffen, um ihr Engagement zum Erhalt der biologischen Vielfalt voranzubringen.

Das Global Biodiversity Framework fordert die Regierungen zu Massnahmen auf, um Unternehmen zur Offenlegung ihrer Risiken, Abhängigkeiten und Auswirkungen in Bezug auf die biologische Vielfalt anzuhalten. Das dürfte auch Anlegern helfen, die biodiversitätsbezogenen Risiken und Chancen ihrer Portfolios besser zu verstehen.

Was Investoren und Asset Manager beitragen können

Die Verhandlungspartner auf der COP15 waren sich einig, dass der Finanzsektor in Möglichkeiten investieren muss, um den Verlust der Artenvielfalt bis Ende 2030 aufzuhalten und den Trend umzukehren. Nach Angaben des Paulson Institute klafft derzeit eine Finanzierungslücke von 700 Milliarden US-Dollar für den Schutz natürlicher Systeme.

Die Experten haben zwei Möglichkeiten formuliert, um diese Lücke zu verringern:

  • Abbau von Subventionen, die der Biodiversität schaden
  • Aufstockung der finanziellen Mittel zum Schutz der Biodiversität
    Dies beinhaltet Kohlenstoffmärkte, Biodiversitäts-Offsets (Kompensationsmassnahmen) und grüne Finanzprodukte.

Neben dem Abschnitt zu den Offenlegungen des GBF unterstützt BNPP AM Folgendes:

  • Einigung auf einen ehrgeizigen und transformativen globalen Rahmen für die Zeit nach 2020, der die Ausrichtung der Finanzströme an den globalen Biodiversitätszielen verlangt
  • Stärkung der nationalen Biodiversitätsstrategien und Massnahmepläne, um eine erfolgreiche Umsetzung des Rahmens zu gewährleisten
  • Schaffung eines regulatorischen Umfelds, das es Finanzinstitutionen ermöglicht, biodiversitätsbezogene Risiken und Chancen zu managen

Initiative im Frühjahr 2023 geplant

Gemeinschaftliches Handeln ist notwendig, um das systemische Risiko der Naturzerstörung im Finanzwesen anzugehen. Deshalb haben Investoren auf der COP15 die Gründung der Initiative Nature Action 100 angekündigt.

Diese soll Investoren ermutigen soll, dringend erforderliche Massnahmen gegen naturbezogene Risiken und Abhängigkeiten in ihren Portfoliounternehmen zu ergreifen. Sie wird im Frühjahr 2023 offiziell starten.