Die Robotic Process Automation, kurz RPA, entlastet Bankmitarbeitende, damit sie sich wertschöpfenden Tätigkeiten zuwenden können. Ihre Intelligenz und Erfahrung sollen sie für die Betreuung von Kunden verwenden können, erklärt David Steiger von Synpulse im Interview.


Herr Steiger, was ist Robotic Process Automation, oder kurz RPA?

Bei RPA handelt es sich um eine Technologie welche Computer-basierte aber bisher manuelle Geschäftsprozesse automatisiert. Software-Roboter werden eingesetzt um repetitive, regel-basierte Aufgaben analog zu einem normalen Mitarbeiter auf dem Desktop auszuführen. Die Vorgänge sind jederzeit sauber in einem Logfile dokumentiert.

Was sind die Vorteile der Technologie?

RPA ist sowohl business- als auch IT-freundlich. Auf der einen Seite werden keine Programmierkenntnisse verlangt, und auf anderen Seite bedient sich RPA der bestehenden Applikationen und Daten. Damit sind im Vergleich zu bestehenden Technologien Effizienzgewinne schneller und günstiger erzielbar.

Das ist ja eigentlich nichts Neues, warum soll es gerade jetzt ein heisses Thema sein?

Automatisierung über Desktop-Applikationen wurde tatsächlich schon früher gemacht. So sind heute viele Prozesse zum Beispiel mittels Excel-Makros teilautomatisiert. Diese Makros bringen jedoch zahlreiche operationelle Risiken mit sich und sind auf eine Applikation beschränkt.

«Roboter sind «dumm», das heisst, sie haben keine Intelligenz und brauchen klare Anweisungen»

Neu ist die Reichweite, die Sicherheit und die Zuverlässigkeit. Die modernen RPA-Systeme halten die hohen Bankstandards ein und sind skalierbar. Sie stellen damit ein zusätzliches Werkzeug bereit, um auch die nicht-transaktionalen Prozesse weitgehend zu automatisieren.

Welche Prozesse eignen sich für die Automation besonders?

Mit RPA lassen sich alle regelbasierten Prozesse automatisieren, die auf strukturierten Daten beruhen. Roboter sind «dumm», das heisst, sie haben keine Intelligenz und brauchen klare Anweisungen. Sie können jedoch Entscheidungen gezielt an die Mitarbeiter oder an eine künstliche Intelligenz delegieren. Die Möglichkeit, mit dem Menschen über vordefinierte Schnittstellen zu kommunizieren, wird auch in Zukunft noch viel Potenzial freilegen.

«Bei unseren bereits hochgradig automatisierten Kunden sehen wir insbesondere drei Anwendungsfälle»

Interessant ist die Frage nach dem Volumen. Bis anhin haben wir uns mit der IT auf die Prozesse mit hohen Volumina konzentriert. Mit Robotics können wir auch die Automatisierung von Prozessen mit tieferen Volumina automatisieren, für deren Automatisierung bis anhin die Kosten zu hoch waren. Zusätzlich bietet es den Vorteil, dass Fehler vermieden und operative Risiken durch die manuelle Verarbeitung vermieden werden können.

Was sind typische Anwendungsfälle für Banken?

Bei unseren bereits hochgradig automatisierten Kunden sehen wir insbesondere drei Anwendungsfälle:

  • Prozesse, die von halbstrukturierten und nicht-standardisiertem Informationsaustausch abhängen, wie bei der Ein- und Auslieferung von Kundenwertschriften.
  • Prozesse, die auf Altsystemen oder Webportalen von Drittanbietern beruhen, wie der Bezug von Bargeld und Fremdwährungen.
  • Produktinnovation mit dem Anspruch kurzer Markteinführungszeit bei tiefen Kosten für ein «Minimum Viable Product», wie einem digitalen Kunden-Onboarding für ein neues Angebot oder im Rahmen einer Kampagne.

Allgemein sind die Anwendungsfälle jedoch sehr individuell. Wenn dies nicht so wäre, gäbe es bereits eine Standardsoftware dafür.

Was ist der Business Case von RPA?

Die RPA-Hersteller zielen klar auf Kapazitätsreduktion und die Vermeidung von IT-Integrationskosten. Für unsere Kunden stehen jedoch die Erhöhung der Servicequalität und die Entlastung der Mitarbeiter von repetitiven Aufgaben im Vordergrund. Wir sehen keine unterbeschäftigten Mitarbeiter.

«Zuerst geht es darum, den Wert der RPA für ein Finanzinstitut zu bestimmen»

Wir beobachten vielmehr einen zunehmenden «Ressource Stretch». Es geht darum, die Mitarbeiter zu entlasten, damit sie sich wieder wertschöpfenden Tätigkeiten zuwenden können. Ihre Intelligenz und Erfahrung soll für die Betreuung von Kunden oder der Lösung von Problemen gebraucht werden.

Was sind die Erfolgsfaktoren bei der Einführung von RPA?

Zu Beginn gilt es, die richtigen Prozesse zu finden und den Wert von RPA für die Bank zu bestimmen. Hierfür wird die Organisation und ihre Prozesse systematisch durchleuchtet. Beispiele von bereits umgesetzten Automatisierungen dienen als Inspiration und Referenzwert.

«Danach gilt es, einen schnellen Erfolg herbeizuführen»

Die identifizierten Automatisierungspotentiale werden hinsichtlich ihres Nutzens und der Umsetzungskosten bewertet und priorisiert. Die daraus resultierende Roadmap und der Business Case bietet dem Senior Management die Entscheidungsbasis für die Umsetzung und deren Steuerung.

Danach gilt es, einen schnellen Erfolg herbei- und die Erfolge in ein sicheres und effizientes Betriebsmodell zu überführen. Zudem soll schon von Beginn an innerhalb der Bank eine RPA Kompetenz aufgebaut werden, welche die Automatisierung der Prozesse Schrittweise übernimmt.


David Steiger ist Associate Partner bei Synpulse und als Head of Operational Excellence für Kostensenkungsthemen verantwortlich.