Tatsächlich: Bankenkrisen treiben den Goldpreis nach oben. Dies zeigt eine Studie, in der die Genfer Bank die langfristige Gold-Entwicklung untersuchte.
Langfristig ist Gold eigentlich keine berauschende Anlage – dies ein erstes Ergebnis eines neuen Strategiepapiers von Lombard Odier. Die Genfer Privatbank, gegründet 1796, untersuchte darin die Preisentwicklung seit 1920, und sie eruierte beim Gold eine Jahresperformance von real 2,2 Prozent.
Das Bild ändert allerdings, wenn man lediglich die Phasen von grossen Bankenkrisen betrachtet: Dann beginnt Gold zu glänzen.
Der Rekord: Plus 48 Prozent aufs Jahr
Für die gestern veröffentlichte Untersuchung hat die Lombard Odiers Investment Strategy Group fünf wirklich globale Bankenkrisen eruiert: die Grosse Depression von 1929, die britische Bankenkrise der 1970er Jahre, die US-Sparkassenkrise Ende der 1980er, der LTCM-Kollaps und die russische Finanzkrise von 1998 sowie die Subprime-Krise mit ihren Folgen seit 2007.
Das Ergebnis: Die durchschnittliche reale Goldrendite – ausgedrückt in Dollar – lag während dieser fünf grossen Krisen bei durchschnittlich 21 Prozent pro Jahr. Allerdings: Während der LTCM-Krise fiel die Goldperformance leicht negativ aus (annualisiert -1,5 Prozent). In den vier anderen Fällen legte Gold zu, wobei der Zuwachs während der 1970er-Krise in Grossbritannien am höchsten war: Der Realwert des Goldes wuchs in dieser Phase um 48 Prozent (auf Jahresbasis).
Und so kommt das Team unter Leitung von Stéphanie Kretz zum Schluss: «Während globaler Bankenkrisen und in Zeiten, in denen die Finanzsysteme kollabieren, ist Gold ein gutes Anlageinstrument». Das Edelmetall scheine eine perfekte Anlageklasse, um sich auch gegenüber den aktuellen Stabilitätsrisiken unserer Finanzsysteme abzusichern.
Aber hier gibt es bekanntlich Zweifel: Sie bündeln sich meist in der Frage, ob die Sache nicht schon gelaufen sei – und der Goldpreis nicht bereits zu teuer. Tatsächlich trieb die Rally, die seit Dezember 2006 läuft, den Realwert des Goldes um gut 140 Prozent nach oben: Macht also 20 Prozent pro Jahr.
Weshalb Gold derzeit wirklich teuer ist…
Was bedeutet das nun? Lombard Odier überprüfte die jüngere Entwicklung anhand der Required Yield Theory. Danach muss sich die Rendite des Goldes spiegelbildlich proportional zur Rendite verhalten, die von den anderen Anlagekategorien gefordert werden. Denn nur dann eignet sich Gold als Absicherungsinstrument für den Fall, dass andere Anlageklassen an Wert verlieren.
Die Genfer Bankiers haben nun eine Simulation auf Grundlage dieses Modells durchgeführt – und gelangten zu folgendem Ergebnis: Bis 2008 lagen die realen Goldpreise ungefähr im Einklang mit dem Modell. Danach haben sie die Modellsimulation deutlich überflügelt und liegen jetzt klar über dem modellierten Kurs.
Oder anders: Gold ist derzeit wirklich sehr teuer. Auch gemessen in Einheiten «harter» realer Vermögenswerte – etwa Agrarrohstoffe –, die sich gut zur Inflationsabsicherung eignen, liegt der Goldpreis deutlich über den historischen Vergleichswerten.
…und weshalb Rallys trotzdem möglich bleiben
«Insoweit sich Gold überhaupt bewerten lässt, ist sein Preisniveau also derzeit sicher nicht als niedrig einzuschätzen», so die Strategiestudie aus Genf. Doch dies bedeute auch nicht, «dass der heutige Goldpreis weitere Rallys oder neue Hochs in den nächsten Jahren ausschliesst.»
Die lange Perspektive zeigt weiter, dass sich Gold keineswegs automatisch als Inflations-Schutz eignet: Höchstens 20 Prozent der Goldpreis-Entwicklung lasse sich aus der tatsächlichen Inflation erklären. Freilich verändert sich das Bild, sobald man extreme Szenarien betrachtet, also Hyperinflation und Deflation. Die Lombard-Odier-Analysten fanden 19 Fälle, in denen die Teuerung über 12 Prozent lag – dann erbrachte Gold eine Realrendite von 31 Prozent. Das andere Beispiel bildet die Deflationsspirale in der Grossen Depression: In fünf Fällen, wo die Deflation mehr als –1 Prozent erreichte, erzielte Gold eine annualisierte Realrendite von durchschnittlich 8 Prozent; wobei der Rekordwert 34 Prozent betrug. Er trat im Jahr 1932 ein.
Was heisst das für die Anleger?
«Das Momentum des Goldpreises ist grösstenteils positiv», lautet eine Schlussfolgerung von Lombard Odier. Denn immerhin wachse auch die physische Nachfrage, während zugleich die Zentralbanken ihre Goldbestände vermutlich eher behalten würden.
Natürlich sei Gold kein «sicherer Hafen», ja, es sei sogar «eine riskante Anlageklasse, die in der Vergangenheit beträchtliche Verluste und eine hohe Volatilität verzeichnete». Und der Goldpreis könnte sich also auf kurze Sicht volatil entwickeln. Aber «Preisrückgänge sollten aber eher als Kaufgelegenheit denn als Verkaufssignal betrachtet werden».
Schliesslich, so Lombard Odier, befänden wir uns in einem Umfeld, «in dem das Bankensystem am Rande des Zusammenbruchs steht, die Zentralbanken rund um die Welt Geld drucken, ein deutlich unter dem Trend liegendes Wachstum erwartet wird und eine Schulden-Deflations-Spirale droht.»
Kurz: Bessere Zeiten für Gold sind schwer vorstellbar.