Es herrscht Gründerzeit in der liechtensteinischen Fondsbranche. Noch nie wurden so viele Fonds aufgelegt, zusätzliche Teilfonds eröffnet und Sitzverlegungen nach Liechtenstein durchgeführt.

Nach dem Boomjahr 2020 folgte ein noch besseres erstes Halbjahr 2021. Die Anzahl der Gründungen von Private Label Fonds konnte gegenüber dem Vorjahreszeitraum nochmals um 10 Prozent übertroffen werden und das Fondsvolumen stieg von 59 auf 66 Milliarden Schweizer Franken.

Das ist im Vergleich zu Luxemburg immer noch eine bescheidene Summe, aber Liechtenstein ist nicht das Domizil der grossen Player mit milliardenschweren Fonds.

Der Fondsplatz punktet als Cross-Border-Standort für Private Label Fonds, die bereits in 24 Ländern Europas vertrieben werden. Er bietet kleinen und mittelgrossen Asset Managern ideale Voraussetzungen für den Zugang zum europäischen Markt. Zahlreiche Erfolgsgeschichten von Fondspromotoren, die mit einem zweistelligen oder sogar nur einstelligen Millionenbetrag angefangen haben und heute Fonds mit mehreren hundert Millionen Franken verwalten, bekräftigen diese Aussage.

Starkes Wachstum auch im Vergleich

Es ist bemerkenswert, dass Liechtenstein laut European Fund and Asset Management Association (EFAMA) von 2016 bis 2020 nicht nur prozentual, diesbezüglich ist Liechtenstein mit Abstand die Nummer eins, sondern auch in absoluten Werten in punkto Fondsanzahl – basierend auf Anteilsklassen – einen grösseren Zuwachs verbuchen konnte als Luxemburg, Frankreich, Grossbritannien und die meisten anderen europäischen Staaten.

Lediglich Irland und Deutschland konnten noch stärker wachsen. Betrachtet man nur die Alternative Investment Funds (AIF), dann liegt das Fürstentum sogar vor Deutschland.

Gute rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Ein Grund für diese positive Entwicklung liegt darin, dass der Fondsplatz für AIF besonders gute rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen bietet, die sowohl Fondsmanagern als auch Anlegern zugutekommen.

Aber warum eigentlich «rechtlich»? Unterliegt Liechtenstein als Mitglied im Europäischen Wirtschaftraum (EWR) nicht derselben europäischen Regulierung wie die EU-Staaten? Das stimmt, aber es gibt bewusst einen Spielraum für die Umsetzung der europäischen Richtlinien in nationales Recht. Dieser Spielraum wurde vom EU-Gesetzgeber bei Wertpapierfonds (OGAW) sehr gering gehalten, aber bei AIF gezielt ausgeweitet.

Liechtenstein hat die resultierenden Möglichkeiten genutzt, um ein ausgezeichnetes Umfeld für Fondsmanager und Anleger zu schaffen. Natürlich wurden dabei auch die gebräuchlichen Rechtsformen, darunter die SICAV, die SICAF, der Vertragsfonds (FCP) und die Trustform sowohl für Einzelfonds als auch für Umbrella-Fonds berücksichtigt.

Die Nutzung der vorgesehenen Spielräume sowie die Offenheit gegenüber neuen Technologien und Anlageformen sind die Hauptgründe, warum Fondspromotoren dem Gesetzgeber, der Finanzmarktaufsicht (FMA) und den Marktteilnehmern eine hohe Innovationsbereitschaft bescheinigen.

Geschwindigkeit in den Prozessen – hohe Qualität im Service

Befragt nach den Gründen, warum Fondspromotoren Liechtenstein als Standort gewählt haben, stechen aber zwei andere Argumente besonders hervor – Geschwindigkeit in den Prozessen sowie Qualität bei Service und Administration.

Der gesamte Prozess der Fondsgründung dauert in Liechtenstein im Vergleich zu anderen renommierten Fondszentren tatsächlich nur einen Bruchteil der Zeit. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefert die FMA, die Fonds im Durchschnitt innerhalb einer Woche genehmigt. Die gesetzlich festgelegten Maximalfristen, die je nach Fondstyp zehn oder zwanzig Arbeitstage betragen, werden so gut wie nie ausgeschöpft.

Aber nicht nur bei der Zulassung, auch bei Anfragen bzw. Anträgen im laufenden Betrieb eines Fonds, ist die FMA Liechtenstein bekannt für ihre kurzen Reaktionszeiten. Dies reduziert den regulatorisch bedingten administrativen Aufwand und erleichtert die Arbeit sowohl der Fonds-Verwaltungsgesellschaft als auch des Asset Managers.

Wenn es um die Qualität geht, so ist aus Sicht des Autors doch die sehr ähnliche Mentalität in der Schweiz und Liechtenstein spürbar, ganz abgesehen davon, dass ein erheblicher Anteil der Arbeitskräfte, ebenso wie viele externe Dienstleister aus unserem Nachbarland stammen.


David Gamper ist seit 2014 Geschäftsführer des LAFV Liechtensteinischer Anlagefondsverband und seit 2020 Mitglied des Stiftungsrats der Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungs-Stiftung SV Liechtenstein. Er hat sich schon während seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre auf die Bereiche Finanz- und Bankbetriebslehre spezialisiert. Vor seiner Tätigkeit beim LAFV arbeitete er als Vermögensberater und -verwalter und später in Führungspositionen in Österreich, Italien und Liechtenstein.