Die Präsenz in Moskau sei ein wichtiger Impulsgeber und ein Zeichen für das starke Engagement in Russland, sagt Michael Künzi, Leiter der Repräsentanz von Marcuard Heritage in Moskau, im Interview mit finews.ch.
Herr Künzi, wann hat Marcuard Heritage seine Repräsentanz in Moskau eröffnet?
Gleich Anfang 2003, als Marcuard Heritage seine Geschäftstätigkeit aufnahm. Ich selber bin im Juni 2013 zur Firma gestossen. Inzwischen befindet sich die Repräsentanz in Moscow City, einem erstklassigen Standort in der Innenstadt mit einer ausgezeichneten Infrastruktur – mit Hotels, Restaurants, Fitnesszentren und was auch immer Sie wollen.
Was was ist der Zweck einer Repräsentanz oder Neudeutsch eines Representative Office?
Es unterstützt die anderen Unternehmen der Marcuard-Heritage-Gruppe. Marcuard Heritage ist ein unabhängiger Vermögensverwalter, der rund 60 Mitarbeitende beschäftigt und Büros in der Schweiz, dem Hauptsitz, sowie in Singapur und in Limassol, Zypern, unterhält.
«Unsere Repräsentanz ist eine Art Kompetenzzentrum»
Ausserdem haben wir einen institutionellen Vermögensverwalter, der in Zürich Fonds auflegt und verwaltet: Alpinum Investment Management. Die Repräsentanz dient auch als Support-Büro für die reisenden Mitarbeiter.
Können Sie das noch genauer erklären?
Sicher, wir bieten den Kundenbetreuern, die von Zürich nach Moskau kommen, Besprechungsräume, wir helfen bei der Bearbeitung von Dokumenten, beim Empfang und Versand. Unsere Repräsentanz ist eine Art Kompetenzzentrum.
«Es ist keine Bank; es ist kein Vermögensverwalter»
Wir beschäftigen hier vor Ort im Moment fünf Leute. Wir kennen uns natürlich sehr gut aus mit den für uns relevanten Gesetzen und Vorschriften. Kurzum, wir unterstützen unsere Unternehmen und deren Mitarbeitende in allem, was mit dem spezifischen russischen Know-how zu tun hat.
Haben Sie eine Lizenz als Vermögensverwalter Russland?
Nein, wie gesagt, es handelt sich um eine Repräsentanz und nicht um eine operative Gesellschaft; sie hat entsprechend keine Lizenz für den Wertpapierhandel oder für den Zahlungsverkehr. Es handelt sich also weder um eine Bank noch um einen Vermögensverwalter.
Streben Sie eine Lizenz an?
Nun, ich habe gelernt, nie über allfällige Fusions- und Übernahmepläne sprechen und auch nichts zu dementieren oder zu bestätigen. Man muss vorsichtig sein, wenn man über die Zukunft spricht. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir in den vergangenen Jahren verschiedene Optionen geprüft haben.
Aber im Moment sind wir noch nicht so weit, und letzten Endes hängt alles von den Bedürfnissen der Geschäftspartner und Kunden ab. Heute sind wir noch nicht an dem Punkt angelangt. Für die unmittelbare Zukunft denke ich also, dass sich an der Struktur nichts ändern wird.
War es eine gute Entscheidung, diese Repräsentanz zu eröffnen?
Ja, ich denke schon. Darin äussert sich der Wunsch, nahe an einem unserer Kernmärkte sowie an unseren Kunden zu sein. In unserem Unternehmen haben wir viele russische Kunden, und wir haben diese von Anfang an betreut. Die Präsenz in Moskau ist ein Zeichen für unser grosses Engagement in diesem Land.
«Ich bin 50 Jahre alt und lebe seit 21 Jahren in Russland»
Hier treffen wir unsere Kunden, wenn sie etwas vor Ort besprechen wollen und nicht in die Schweiz reisen können. Es ist auch der Ort, wo unsere reisenden Kundenberater ihre Geschäftspartner treffen können.
Besonders in den vergangenen zwei Jahren war die Repräsentanz eine grosse Hilfe, um die Distanz zwischen den Menschen zu überbrücken, weil das Reisen unmöglich oder eingeschränkt war – wegen der Corona-Pandemie. Diese Erfahrung hat uns gezeigt, wie wertvoll es ist, ein Büro mit erfahrenen Mitarbeitenden in Moskau zu haben.
Seit wann sind Sie in Moskau?
Ich bin 50 Jahre alt und lebe seit 21 Jahren in Russland. Ich bin Ökonom und von Haus aus Spezialist für russische Sprache und Literatur. Ich bin vor acht Jahren zu Marcuard Heritage gestossen und habe zuvor bei Lombard Odier und der UBS gearbeitet. Ich habe also einen eindeutigen Banking-Background.
Warum ist das wichtig?
Weil es zeigt, dass mir sehr viel an Russland liegt. Ich bin seit mehr als 20 Jahren hier und habe mit meiner Familie zweimal versucht, auszuwandern – 2009 und 2016 nach London respektive nach Zürich.
Doch nach jeweils einem Jahr kehrten wir nach Moskau zurück. Für mich ist dies der Ort, an dem ich leben möchte. Ich denke, das ist wohl der springende Punkt, wenn ich über mich und die Kultur spreche. Ich kann viel Gutes über die anderen Unternehmen, für die ich gearbeitet habe, sagen. Aber ich denke auch, viele kulturellen Unterschiede haben mit der Grösse eines Unternehmens zu tun.
«Der Ort, wo ich arbeite, sollte sich auch ein bisschen wie zu Hause anfühlen»
An einem Ort wie Marcuard Heritage kennt jeder oder jede jeden. Die Leute bleiben normalerweise auch lange bei uns. Es herrscht ein grosses Vertrauen. Wir kennen uns gut, weil wir lange dabei sind.
Das ist wichtig, gerade weil die Arbeit einen so grossen Teil des Alltags ausmacht. Der Ort, wo ich arbeite, sollte sich auch ein bisschen wie ein Zuhause anfühlen. Je kleiner eine Organisation ist, desto eher stehen die Mitrbeitenden im Mittelpunkt.
Michael Künzi leitet die Repräsentanz von Marcuard Heritage in Moskau. In dieser Funktion ist er auch Mitglied des Executive Committee der Gruppe. Er stiess im Juni 2013 zum Unternehmen, nachdem er vier Jahre lang das Büro von Lombard Odier in Moskau geleitet hatte. Bevor er zu Lombard Odier kam, war er Managing Director bei der UBS, wo er für den Aufbau der Vermögensverwaltungs-Plattform in Moskau verantwortlich war. Er promovierte in russischer Literatur und Linguistik und hat darüber hinaus ein Lizenziat in Wirtschafts- und Politikwissenschaften der Universität Bern.