Selbst wenn man bei der Schweizer Privatbank Pictet gerne damit kokettiert, in Generationen zu denken, lässt sich im Gespräch mit Verena Gross durchaus feststellen, dass bald ein neues Kapitel in der 219-jährigen Firmengeschichte beginnt. Die Wealth-Management-Chefin für die Deutschschweiz ist seit einem Jahr im Amt und legt nun richtig los.

 

Im Abwerben von Credit-Suisse-Mitarbeitenden in den vergangenen zwölf Monaten hat sich die Schweizer Privatbank Pictet nicht sonderlich hervorgetan. Dies im Gegensatz zu einigen direkten Konkurrenten, wie Lombard Odier, EFG International oder LGT, die allesamt bis zu ganzen Teams von der gestrauchelten Grossbank übernahmen.

Dieser Jagd nach Private Bankern widersetze sich Pictet bewusst, sagt Verena Gross im Gespräch mit finews.ch. Sie ist seit einem Jahr verantwortlich für das Wealth-Management-Geschäft in der Deutschschweiz mit den Niederlassungen in Zürich und Basel. «Wir stellen kontinuierlich Kollegen ein, und dabei ist es uns weniger wichtig, woher sie kommen. Unsere Mitarbeitenden sollen langfristig erfolgreich sein.»

Businessplan anfänglich nicht erreicht

«Wir wollen die Kolleginnen und Kollegen nicht bereits nach zwei Jahren wegen einem zu aggressiven Businessplan wieder verabschieden. Wir wollen sie langfristig unterstützen», betont Gross weiter und ergänzt: «Ich kam mit einem ganzen Team von Goldman Sachs zu Pictet, und anfangs haben wir den Businessplan nicht erreicht, langfristig aber übertroffen. Die Lernkurve war ziemlich steil. Doch heute kann ich sagen, dass ich angekommen bin.»

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(Bild: Pictet)

Die Südtirolerin, die in Meran geboren ist, nahe Bozen aufwuchs und in Mailand studiert hat, arbeitet inzwischen seit fast 15 Jahren für die Bank. Anfang April 2023 übernahm sie das Zepter in Zürich von Victor Aerni, der seither das Wealth-Management-Geschäft von Singapur aus in Asien verantwortet. Ihr sind insgesamt über 50 Mitarbeitende unterstellt.

Manchmal etwas einschüchternd

Zürich ist neben Genf einer der bedeutendsten Standorte der Pictet-Gruppe, weltweit, und wird intern gerne als «Second Home» bezeichnet. Ein bedeutender Teil der Kundenvermögen der Gruppe, die sich mittlerweile auf mehr als 600 Milliarden Franken belaufen, werden gemäss Schätzungen von der Limmatstadt aus betreut; die Bank selbst macht dazu keine Angaben – ausser, dass in Zürich gut 200 Personen in sämtlichen Sparten (Vermögensverwaltung, Asset Management, Alternative Anlagen und Asset Services) arbeiten.

Seit 2021 residiert Pictet im historischen Leuenhof an der Zürcher Bahnhofstrasse; was auch als Bekenntnis zum Standort in der Limmatstadt betrachtet werden darf. Die Noblesse, welche dieses Gebäude ausstrahlt, mag indessen manchmal etwas einschüchternd wirken, vor allem weil es nicht ganz klar sein mag, ob man nun die Niederlassung von Pictet betritt oder den Showroom einer der bekanntesten Schweizer Uhrenmarken, die im Erdgeschoss einen Flagship-Store betreibt. Zumeist ist darum ein Portier zur Stelle, der die Besucherinnen und Besucher entsprechend begleitet.

Partner spielen nicht mit der Bilanz

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(Bild: Pictet)

«Das ist ein Mythos», sagt Gross auf die Frage, ob es so etwas wie eine Schwellenangst gebe im Umgang mit Pictet. Immerhin handelt es sich in der Wahrnehmung vieler um eine 219-jährige Institution, die mehrheitlich sehr vermögende Kundinnen und Kunden betreut. Dem widerspricht Gross energisch und betont, dass das Haus eine traditionelle, aber moderne Bank sei, die viele Unternehmerinnen und Unternehmer bediene, die oftmals noch bei weitem nicht im Zenit ihres Schaffen seien. Zudem investierten viele Kundinnen und Kunden beispielsweise schon sehr kleine Beträge in die Pictet-Fonds. «Wir sind die Bank für diejenigen, die einen Investmentfokus suchen», erklärt Gross.

Insofern versteht sich Pictet als solide, vertrauenswürdige und bodenständige Bank, wie Gross weiter findet. Zentral sei dabei natürlich auch, dass das Geldhaus nach wie vor als Partnerschaft geführt werde. «Diese Partner bleiben 20 Jahre oder mehr in ihrer Funktion, und es ist ihr eigenes Geld, dass sie dabei entsprechend langfristig einsetzen», betont die Pictet-Zürich-Chefin. «Sie spielen nicht mit der Bilanz des Hauses herum», unterstreicht Gross.

Blick nach Süden

Dass im kommenden Juli Marc Pictet (Bild unten) die Nachfolge von Renaud de Planta als geschäftsführender Teilhaber übernimmt, ist bereits bekannt, dass er jedoch eine grosse Zeit seiner bankinternen Ausbildung und seines Werdegangs am Zürcher Sitz absolvierte, vielleicht weniger. Dies dürfte dem Standort in der Limmatstadt künftig eine besondere Bedeutung verleihen, wie es bankintern heisst.

Im Gespräch sagt Gross auch: «Wir schliessen es nicht komplett aus, noch ein weiteres Büro in der Schweiz zu eröffnen. Das hängt allerdings immer von den richtigen Leuten ab.» Stärker Fuss fassen will Pictet unter anderem im Tessin, wie finews.ch schon früher gemeldet hat. Offenbar ist man bereits mit den relevanten Personen im Gespräch. «Wir wollen dort präsenter sein, ohne gleich einen Standort zu eröffnen», sagt Gross, sie will allerdings jetzt noch nicht mehr verraten – bestätigt aber, dass die Bank in der Südschweiz schon etliche Milliarden Franken an Kundengelder verwalte.

Neuer «primus inter pares»

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(Bild: zvg)

Selbst wenn man bei Pictet gerne damit kokettiert, in Generationen zu denken, lässt sich durchaus feststellen, dass nun ein neues Kapitel beginnt. Mit dem 50-jährigen Marc Pictet tritt demnächst ein neuer «primus inter pares» an, der die Bank weiterentwickeln wird und die Aktivitäten dieser Schweizer Privatbank in den Geschäftsfeldern Vermögensverwaltung, Asset Management, Alternative Anlagen sowie im Bereich der Betreuung und Verwahrung von Vermögenswerten (Asset Services) in die Zukunft führen wird.

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