Der Umbruch in der hiesigen Finanzbranche macht vielen Banken zu schaffen. Dabei würde ein Blick nach Singapur reichen, um zu erkennen, wohin die Reise geht. 10 Thesen.

1. Konsolidierung auf Hochtouren

Was in der Schweiz erst diskutiert wird, ist im südostasiatischen Tropenstaat bereits in vollem Gange: die Konsolidierung. Unlängst übernahm die lokale DBS (Development Bank of Singapore) das Private-Banking-Geschäft der Société Générale, und bereits zuvor hatte die ebenfalls in Singapur ansässige OCBC (Oversea Chinese Banking Corporation) das Private-Banking-Geschäft der holländischen ING geschluckt. Weitere Transaktionen werden folgen; auf dem Radar erscheint etwa auch die Tessiner BSI, die vor einigen Jahren noch munter von Singapur aus expandierte – nun steht die Generali-Tochter zum Verkauf.

Fazit: In der Schweiz haben viele Finanzhäuser ihr Geschäftsmodell noch nicht den neuen Gegebenheiten angepasst.

2. Mitarbeiter für eine neue Finanzwelt

Dass der Paradigmenwechsel hierzulande so schleppend vorankommt, hängt auch mit der Wandlungsfähigkeit der Mitarbeiter ab. Viele Kundenberater haben noch nicht begriffen, dass sie lieber schon heute statt morgen von ihren Pfründen Abschied nehmen sollten. Oder anders gesagt: Nach wie vor gehen viele Private Banker davon aus, dass sie bei einem Stellenwechsel mindestens ebenso grosszügige «Fringe Benefits» und Sicherheiten erhalten wie bisher. Doch damit ist Fehlanzeige.

Fazit: In Singapur verdient gut, wer liefert. Sonst nicht.

3. Offshore als Geschäftsmodell

Irrtum, wer denkt, das Offshore-Banking sei am Ende. Zwar machen das europäische Ausland und die Amerikaner gehörig Druck auf die Schweiz. Doch geht dabei vergessen, dass es nach wie vor enorm viele Kunden gibt, die ihr Geld am liebsten in die Schweiz bringen. Das geht in der ganzen Diskussion über die Zukunft des hiesigen Finanzplatzes allzu oft vergessen. Die Schweiz sollte sich zum Thema Offshore-Banking nicht im vorauseilenden Gehorsam «unterverkaufen».

Fazit: Singapur richtet sich gezielt auf wohlhabende Privatkunden aus ganz Asien (zum Beispiel aus China, Indonesien, Malaysia) ein, die ihr Geld ausserhalb ihrer Heimat haben möchten – völlig deklariert.

4. Mehr Standort-Marketing

Schweiz Tourismus weibelt um die ganze Welt, um die Tourismus-Destination Schweiz zu verkaufen. Wo aber bleiben die gleichen Bemühungen für den Schweizer Finanzplatz? Praktisch nirgends. Dabei nimmt die Popularität des hiesigen Bankenplatzes in der Gunst im Ausland wieder munter zu, wie Umfragen zeigen.

Fazit: In Singapur gibt es einige fähige Köpfe, die es verstehen, auf Roadshows zu gehen und ihren Finanzplatz weltweit in ein attraktives Licht zu rücken.

5. Alle zusammen

Punkt 4 setzt etwas Wichtiges voraus: Kooperation. Das geht der Schweizer Branche zusehends ab. Man hat kaum mehr das Gefühl, dass Bankiervereinigung, Finma und SNB wirklich miteinander kooperieren möchten. Die Grossbanken haben längst ihre eigene Lobby-Organisation ins Leben gerufen, daneben agieren weitere Verbände (Privatbanken, Auslandsbanken, Vermögensverwalter, etc.) eher unkoordiniert; mittlerweile hat mit der «Alliance Finance» auch noch eine weitere Lobby-Organisation ihre Tätigkeit aufgenommen – ein weiteres Indiz dafür, dass der Finanzplatz schlecht repräsentiert wird.

Fazit: In Singapur ziehen alle Interessensgruppen am gleichen Strick.

6. Wo bleiben die Werte?

Nicht lange ist es her, da standen der Schweizer Finanzplatz und die Schweizer Banken für zuverlässige, qualitativ hochstehende und vertrauenswürdige Finanzdienstleistungen. Mag sein, dass es immer noch so ist – die Wahrnehmung ist jedoch eine andere. Eher assoziiert man die (Gross-)Banken mit Lohnexzessen, Manipulationen und kurzfristiger Geschäftspolitik.

Fazit: Es ist erstaunlich, mit welcher Konsequenz gerade die eingangs erwähnten Werte auf dem Finanzplatz Singapur hoch gehalten werden. Es täte der Schweiz gut, sich manchmal auf ihre Vergangenheit zu besinnen.

7. Rechtssicherheit ist unverhandelbar

Was den vermögenden Privatkunden in der Schweiz mittlerweile am meisten zu schaffen macht, ist die schwindende Rechtssicherheit. Der ausländische Druck hat dazu geführt, dass sich die Schweizer Politik zu wenig für den Schutz des Privateigentums, die Stabilität und die Diskretion einsetzt.

Fazit: Über solch elementare Grundrechte und Rechtsprinzipien wird in Singapur nicht verhandelt.

8. Endlich bessere Performance

Oftmals macht es den Eindruck, als hätten die Schweizer Banken und Vermögensverwalter noch immer nicht erkannt, dass der heutige Kunde mehr als nur Kapitalerhalt bei seinem Geld will. Das war früher der Fall, als die Vermögen noch undeklariert waren. Wenn der Kunden heutzutage aber mit seinem Geld völlig frei und mobil ist, erwartet er auch Performance. Hier haben viele Institute den Leistungserweis noch nicht erbracht.

Fazit: In Singapur hat man es mit anspruchsvollen Kunden zu tun. Man braucht nicht alles anzubieten, doch Performance zählt zum Elementaren im Service-Paket der Vermögensverwaltung.

9. Bankgeheimnis auf immer und ewig

In der Schweiz ist der Begriff «Bankgeheimnis» vielerorts zum «Unwort» geworden. Dabei geht es in diesem Zusammenhang nicht um Steuerhinterziehung, sondern um den Schutz der finanziellen Privatsphäre – dieser Schutz ist aktueller denn je. Darauf sollte die Schweiz wieder setzen. Vielleicht schafft sie das mit der Initiativ zum Schutz der Privatsphäre.

Fazit: In Singapur ist das Bankgeheimnis noch selbstverständlich.

10. Mehr Bildung

Die vermögenden Privatkunden von heute lassen sich kaum mehr mit einem Luxus-Lunch oder Freikarten für die Oper beeindrucken. Stattdessen verlangen sie von ihren Bankberatern ein umfassendes Know-how über alle nur erdenklichen Themen rund ums nachhaltige Investieren und Geldverwalten. Davon sind viele Kundenberater in der Schweiz meilenweit entfernt, weil sie derlei Fähigkeiten bislang kaum mitbringen mussten.

Fazit: In Singapur werden die Kundenberater selbst bei Schweizer Instituten diesbezüglich gezielt geschult – bisweilen sogar parallel zur Klientel.