Portugals grösster Weinschatz sind die unzähligen, einheimischen Rebsorten. Oft sind in den Weingärten alte bis uralte Rebstöcke zu finden. Daraus entstehen im Anbaugebiet des Dourotals die berühmten Ports – und entdeckungswürdige Rotweine, wie die Selektion von finews.ch-Weinredaktor Peter Keller zeigt.

Portugal ist hierzulande immer noch ein Geheimtipp – zumindest was die Weine betrifft. Doch der oft unterschätzte Nachbar von Spanien kann indes mit einem grossen Trumpf punkten.

Er stützt sich nämlich auf Hunderte von einheimischen, teilweise unbekannten Rebsorten. Oft haben die Rebstöcke ein biblisches Alter von bis 100 Jahren.

Bekannteste Sorten

Das bekannteste Anbaugebiet des Landes ist im Dourotal zu finden, benannt nach dem gleichnamigen Fluss, der von Spanien bis zur Stadt Porto respektive in den Atlantik fliesst. Charakteristisch sind die steilen, terrassierten Rebberge – eine spektakuläre Landschaft und Lagen, die bis auf eine Höhe von 900 Metern über Meer steigen.

Zu den bekanntesten roten Sorten des Douros zählen etwa Touriga Nacional, Tinta Barocca und Tinta Roriz, in Spanien als Tempranillo bekannt. Zudem wachsen zahlreiche Weisswein-Sorten wie Arinto, Gouveio und Rabigato, um nur eine kleine Anzahl zu nennen. Vorherrschend sind Schiefer- und Granitböden.

Lange Reifezeit

Weltbekannt wurde das Dourotal durch den süssen, aufgespriteten Portwein. Die Süsse und der relativ hohe Alkoholgehalt von rund 20 Prozent werden durch das Zusetzen von Brandy zum gärenden Traubenmost erreicht. Produziert wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Stilen.

Der teuerste Port ist der Vintage, also ein Wein aus einem einzigen Jahrgang. Er braucht eine lange Reifezeit in der Flasche, bis er den höchsten Genuss bietet. Weit verbreitet ist der fassgereifte Tawny, der 10, 20, 30 oder gar 40 Jahre im Holzfass verbleibt, bis er auf den Markt kommt.

Die fünf Favoriten

Doch in den vergangenen Jahren setzten die Winzer und Winzerinnen vermehrt auch auf trockene Rot- und Weissweine – bei ständig steigender Qualität. Dies hat eine Reise durch das Dourotal eindrücklich bestätigt. Als Erinnerung bleiben charaktervolle Gewächse zurück, die eine Entdeckung lohnen. Das sind unsere Favoriten:

  • Vintage Port Vargellas 2005, Taylor’s: Nur in aussergewöhnlichen Jahren entstehen Vintage-Ports. Zu den führenden Häusern zählt seit langem Taylor’s, stets familiengeführt. Es konzentriert sich ausschliesslich auf die Produktion der aufgespriteten Süssweine. Dieses exzellente Beispiel stammt aus der Quinta Vargellas und besteht aus rund 30 einheimischen Rebsorten. Der noch jugendliche 2005er überzeugt durch sein einnehmendes Bouquet, das fruchtig-florale-würzige Noten offenbart. Er ist komplex, elegant und langanhaltend. Die Süsse wird durch eine gute Säure gestützt. Hervorragendes Reifepotenzial. Perfekt zu Blauschimmelkäse. (Preis: 79 Franken).
  • Tawny Port 10 Years old, Van Zellers & Co: Trinkbereit ist dieser Tawny, welcher der Winzer Cristiano van Zeller verantwortet. Er zählt zur renommierten, fünfköpfigen Gruppe der Douro Boys, die sich gemeinsam für das Renommee der Douroweine einsetzen. Als Basis dient eine Vielzahl von einheimischen Sorten. Charakteristisch ist die bernsteinbraune Farbe («tawny») des Weins. In der Nase machen sich Noten von trockenen Früchten, Rosinen und nussige Anklänge bemerkbar. Es handelt sich um einen eleganten, ausgewogenen, nicht zu süssen Port mit einer mittleren Säure und schönen Länge (Preis: 44 Franken).
  • Pintas Character Red 2022, Weingut Wine & Soul: Das Winzer-Ehepaar Sandra Tavares und Jorge Serodio Borges hat dieses Projekt 2001 gestartet. Das Duo fahndete nach alten Rebbergen. Dieser charaktervolle Rotwein ist ein gemischter Satz aus rund 30 einheimischen Rebsorten, die teilweise gar nicht identifizierbar sind. Die Trauben werden in sogenannten Lagares (Vergärungsbecken aus Granit) fussgestampft. Der Ausbau erfolgt in gebrauchten Barriques. Das Resultat ist einzig- wie grossartig: intensive Farbe, vielschichtiges, fruchtig-florales-würziges Bouquet, im Gaumen reintönig, dicht, elegant, feine Tannine, gute Säure, mineralisch, langer Nachhall (Preis: 53 Franken).
  • Tinto Reserva 2022, Macanita: Das Geschwisterpaar Antonio und Joanna Macanita steht hinter diesem Weingut, das erst vor zehn Jahren die ersten Gewächse auf den Markt gebracht hat. Man geht in jeder Beziehung ungewöhnliche Wege und konzentriert sich vor allem auf höhergelegene Rebberge und solche, die in der Dourotal-Lagen-Klassifikation zuunterst eingestuft sind. Das hindert die Winzer freilich nicht, exzellente, ausdrucksstarke Weine zu produzieren. Dieser Rotwein vermag höhere Ansprüche zu erfüllen: Kraft gepaart mit Eleganz. Dank der präsenten Säure ist indessen überhaupt keine Schwere festzustellen. Gute Länge (Preis: 25 Franken).
  • Redoma Branco Reserva 2022, Niepoort: Dirk Niepoort zählt zu den bekanntesten Winzern im Dourotal. Er erzeugt eine breite Palette von Weinen. Sein zugänglicher, moderner «Fabelhaft» ist hierzulande ein Renner. Doch es geht auch anspruchsvoller, wie dieser trockene, finessenreiche, mineralisch geprägte Weisswein eindrücklich zeigt. Die Nase ist durch fruchtig-würzige Anklänge sowie dezente Röstnoten geprägt. Auch im Gaumen ist das Holz perfekt eingebunden. Ebenso die präsente Säure, die im Redoma Branco für eine gute Spannung sorgt. Langer Nachhall (Preis: 36 Franken).