Mehrere Tausend Stellen im Schweizer Bankgewerbe sollen verschwinden. Besonders betroffen davon ist das mittlere Kader. Viele Mitarbeiter ducken sich nun, um ja nicht auf die Liste der Entlassungen zu geraten.
Aufbruch und Angst umschreiben vermutlich am besten die derzeitige Befindlichkeit in vielen Schweizer Banken. Aufbruch, – wie bei der Credit Suisse – wo man sich auf «ein Leben» nach dem Bankgeheimnis einstellt, unter verschärften Regeln und Bestimmungen sowie angesichts eines rasanten Technologiewandels (Fintech).
Angst wiederum, weil mit den vielen Veränderungen und Anpassungen ein weiteres Mal mehrere Tausend Arbeitsplätze verschwinden oder ins Ausland abwandern werden. Allein im nächsten Halbjahr sollen im Schweizer Bankgewerbe rund 5'000 Stellen verschwinden, wie die «NZZ am Sonntag» (Artikel kostenpflichtig) unter Berufung auf Experten am vergangenen Wochenende schrieb.
Das Rückgrat der Organisation
Betroffen davon ist vor allem das mittlere Kader; Leute also, die wesentlich dazu beitragen, dass «der Laden» sozusagen läuft. Zumeist sind das langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die entsprechend auch gut verdienen. Doch weil die Margen in den Keller geraten sind, bleiben vielen Banken nur noch Kostensenkungen übrig, um Verluste abzuwenden.
Davon ist das mittlere Kader besonders betroffen, das früher sozusagen als das Rückgrat der Organisation galt. Doch mit dem Vormarsch der Technologie automatisieren sich viele Prozesse, und als Folge davon verschwinden verschiedene Hierarchiestufen. So ist es nicht verwunderlich, dass die «Angstkultur» in vielen Instituten nun laufend grössere Dimensionen annimmt.
Wöchentliche Überwachung
«Früher war man oftmals Unternehmer in einer Bank. Für viele Entscheidungen war man selber verantwortlich. Die Ziele wurden definiert, jedoch war man relativ flexibel, wie man das Ziel erreichen wollte», sagt Beat Jakob. Der langjährige UBS-Banker machte sich im vergangenen Jahr selbständig und betreut seither als Personalcoach stellensuchende «Banker».
Heute werde in der Branche viel mehr vorgegeben, so Jakob weiter. Das habe sicher mit den verschärften regulatorischen Anforderungen zu tun. «Der Zielerreichungsgrad wird wöchentlich überwacht. Dadurch steigt der Druck auf die Mitarbeiter. Deren Individualität steht nicht mehr im Vordergrund. Mit dieser Situation tun sich vor allem ältere Banker schwer», stellt Jakob fest.
Frustrierende Puffer-Funktion
Das ist insofern undankbar, weil das mittlere Kader stets auch so etwas wie eine Puffer-Funktion im Betrieb übernommen hat. Doch läuft es in einem Unternehmen nicht mehr rund, ist das mittlere Kader sozusagen eingeklemmt zwischen der Unzufriedenheit des «Fussvolks» und der dauernden Erwartungshaltung des Top-Managements, ohne aber die entsprechenden Befugnisse zu besitzen, um selber etwas verändern zu können.
Genau das ist letztlich frustrierend für eine ganze Generation an relativ erfahrenen Kaderleuten, die ihre Loyalität zum Arbeitgeber über viele Jahre unter Beweis gestellt haben und nun sozusagen ausgemustert werden. Die vergangene Woche angekündigte Reorganisation der Credit Suisse ist das jüngste Beispiel dafür.
In Deckung gegangen
«From thriving to surviving» – vom Gedeihen zum Überleben – so lässt sich umschreiben, was derzeit in vielen Banken abläuft und «am Ende des Tages» darauf hinaus läuft, dass viele Mitarbeiter in Deckung gehen und sich immer weniger engagieren. Denn sie wollen um jeden Preis vermeiden, auf den Radar der angekündigten Sparprogramme zu geraten.
Ist es dann trotzdem einmal so weit, rät Beat Jakob diesen Bankangestellten, folgende fünf Dinge:
- Erstens: Die Trennung emotional bewältigen – die eingehenden Selbstzweifel und Verletzungen zu verarbeiten sind wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Jobsuche.
- Zweitens: Abstand nehmen.
- Drittens: Eine genaue Standortbestimmung erarbeiten.
- Viertens: Eine Kompetenzanalyse vornehmen und nach Optionen und Möglichkeiten suchen.
- Fünftens: Sport treiben oder einer anderen körperlichen Betätigung nachgehen. Denn die Versuchung ist gross, den Frust im Alkohol zu ertränken oder nichts zu tun.