Die meisten Unternehmen in der Schweiz gehören dem KMU-Segment an. Für Versicherungsfirmen besteht dort ein enormes Wachstumspotenzial. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie den sich wandelnden Bedürfnissen der KMU gerecht werden.

Von Martin Gertsch, Director Business Operations & Innovation Insurance, Deloitte Schweiz

99 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU. Auf sie entfallen fast zwei Drittel der Arbeitsplätze im Land. Gemäss einer Studie von Deloitte zu Versicherungen für KMU («The future of small business insurance – What do customers want?») besteht für Versicherungsgesellschaften in diesem Segment noch erhebliches Wachstumspotenzial, wenn sie Zusatzdeckungen oder Beratungsleistungen anbieten.

KMU wissen den Wert von Versicherungen immer mehr zu schätzen. Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie scheint ihr Vertrauen in Assekuranzunternehmen ein Allzeithoch erreicht zu haben.

Neue Wachstumschancen für Versicherer

Die Erfahrungen mit ihren Versicherern während der Krise haben bei den meisten KMU einen positiven Eindruck hinterlassen. Doch trotz des grossen Vertrauens könnte noch mehr getan werden. Viele der 5’300 weltweit befragten KMU, davon 400 in der Schweiz, wünschen sich mehr Beratungsleistungen und Produkte, die besser für den Schutz ihres Unternehmens geeignet sind.

Für die Versicherer könnten sich dadurch neue Wachstumschancen eröffnen.

KMU wünschen sich einen vertrauenswürdigen Berater

Wie ein KMU mit der Versicherung in Kontakt tritt, ist stark von der zuständigen Person beim KMU und weniger vom Unternehmen oder der Branche abhängig. Das Alter des oder der Zuständigen ist dabei der wichtigste Faktor dafür, wie KMU Versicherungen vergleichen, abschliessen und verwalten (digital, telefonisch oder persönlich).

KMU schätzen den persönlichen Kontakt mit Versicherungsvertretern und -maklern. Gleichzeitig wird aber auch die digitale Interaktion mit ihrem Versicherer wichtiger. Für wachstumsorientierte Versicherungsgesellschaften, die ihre Agenten und Vermittler richtig incentivieren und digital befähigen, werden sich dadurch neue Chancen eröffnen.

KMU sind offen für Zusammenarbeit mit nicht traditionellen Anbietern

Schweizer KMU haben ein Bedürfnis nach einer ganzheitlichen Risikoberatung, die über die traditionelle Versicherungsdeckung hinaus geht. Sie sind an Beratung und am Kauf von Zusatzdienstleistungen interessiert, mit denen sie sich besser schützen können. Die Proaktivität der Beratung bei sich verändernden Unternehmens- oder Umweltbedingungen ist ihnen dabei besonders wichtig.

Im Vergleich mit den internationalen Studienteilnehmenden, sind Schweizer KMU ausserdem besonders offen dafür, Versicherungsschutz und Dienstleistungen von nicht traditionellen Akteuren wie beispielsweise grossen Technologieunternehmen zu erwerben. Versicherungsgesellschaften, die KMU mit Hilfe von Partnerschaften und Ökosystemen besser verstehen als ihre Mitbewerber, können ihr Standardangebot an Lösungen zielgerichtet um Beratungsleistungen erweitern und so für den Kunden Mehrwert schaffen.

KMU sind anfälliger für Schäden und Verluste

Nach der Covid-19-Pandemie sind sich KMU ihrer Risiken und Schwachstellen stärker bewusst. Sie werden deshalb voraussichtlich mehr für Versicherungen ausgeben. Aus der Umfrage geht hervor, dass selbst in einem gesättigten Markt wie der Schweiz 53 Prozent der KMU im Land in naher Zukunft mit höheren Ausgaben für ihre Versicherungen rechnen.

Die Studie deutet darauf hin, dass der Hauptgrund für den Abschluss weiterer Versicherungen durch KMU deren höhere Anfälligkeit für Schäden und Verluste in der Welt nach Covid-19 ist. Die Ereignisse der vergangenen Jahre haben den Schweizer KMU die potenziellen Auswirkungen von systemischen Risiken wie dem Ausfall von Versorgungssystemen und dem möglichen Auftreten von sogenannten «Black Swans» klar vor Augen geführt.

Mit dem Krieg in der Ukraine nehmen auch Cyberrisiken zu, da staatlich unterstützte Angreifende Schwachstellen ausnutzen, um Zugang zu kritischen Anwendungen und Infrastrukturen zu erhalten oder diesen zu unterbrechen. Als Folge dieser Unsicherheiten sind KMU laufend darin bestrebt, ihre Portfolios um neue Arten der Deckung zu ergänzen und Veränderungen in der Risikolandschaft zu verstehen.

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Dienstleistungen, die Schweizer KMU in Anspruch nehmen würden, wenn sie von ihrer Versicherungsgesellschaft angeboten würden (Grafik anklicken für grosse Ansicht)

Versicherer sind mit neuen Herausforderungen konfrontiert

Der Studie zufolge werden nicht nur der Versicherungsschutz, sondern auch die proaktive Risikoanalyse und Beratung von KMU sehr geschätzt. Versicherer sollten das verstärkte Interesse der KMU an Versicherungsprodukten und Dienstleistungen als Zeichen künftigen Wachstums betrachten und rasch handeln, um neue Produkte und Angebote zu entwickeln, die den im Wandel befindlichen Bedürfnissen gerecht werden.

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