Die UN Sustainable Development Goals rücken für Anleger immer stärker in den Vordergrund. Keimpe Keuning von LGT Capital Partners über die zum Teil erstaunlichen Resultate einer neuen Studie.
Herr Keuning, die LGT Capital Partners veröffentlichte kürzlich eine Studie darüber, wie nachhaltig Investoren in alternative Anlagen agieren. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse?
Wir haben über 200 Grossanleger wie Pensionskassen, Stiftungen und Versicherungsgesellschaften, die in Alternative Anlagen investieren, befragt, wie sie sich gegenüber den Sustainable Development Goals (SDGs) verhalten. Diese wurden 2016 verabschiedet und sind damit noch relativ jung. Die Antworten haben uns deshalb teilweise überrascht.
Warum?
Gut ein Viertel der befragten Investoren berücksichtigt die SDGs bereits in ihren Anlageentscheidungen und 40 Prozent planen dies in den kommenden zwei Jahren zu tun – 91 Prozent sind davon überzeugt, dass die Finanzindustrie durch Berücksichtigung der SDGs einen Beitrag zur Lösung drängender, aktueller Problemen unserer Gesellschaft leisten kann.
Welche Themen und Probleme stehen dabei im Vordergrund?
Primär geht es um den Klimawandel, aber auch um die Schaffung eines soliden Gesundheitswesens oder einem Zugang zu sauberem Wasser und zu sauberen, bezahlbaren Energielösungen. Es hat sich zudem gezeigt, dass eine Mehrzahl der Investoren davon ausgeht, dass die SDGs neue Anlagemöglichkeiten schaffen werden.
«Rund 40 Prozent der Befragten wollen sich diesem Thema in den kommenden zwei Jahren widmen»
Und auch im Hinblick auf die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) sollen die SDGs eine positive Wirkung haben, da sie eine exaktere Messung der ESG-Wirkung ermöglichen können.
Und wie messen die Anleger ihren Beitrag an die SDG?
Trotz der sehr hohen Erwartungen an die SDGs ist es wenig überraschend, dass die Umsetzung noch schwierig ist. Nur zehn Prozent der Investoren messen derzeit die Wirkung ihrer Investmententscheidungen auf die SDGs; 40 Prozent wollen sich diesem Thema in den kommenden zwei Jahren widmen, der Rest befasst sich aktuell noch nicht aktiv damit.
In Hinblick auf ein SDG-Reporting liegen die aktuellen Zahlen noch niedriger, erst 8 Prozent sind hier aktiv, in Planung für die nächsten zwei Jahre ist es bei 48 Prozent der Investoren. Diese Entwicklung konnte auch bei der ESG-Integration beobachtet werden. Meist war das Aufsetzen eines systematischen Reporting-Prozesses einer der letzten Schritte der Integration
Wenn SDG immer breiter akzeptiert werden, könnten sie die etablierten ESG-Kriterien mittelfristig ersetzen?
Wir befragen seit 2013 jährlich rund 300 Asset Manager darüber, wie sie die ESG-Kriterien in ihren Entscheiden berücksichtigen. Die jüngste Befragung hat klar gezeigt, dass die ESG-Integration vor allem in Europa inzwischen fast Standard ist.
«Wahrscheinlicher ist, dass Investoren die ESG-Kriterien mit den SDGs in Bezug setzen»
Dies wird unter anderem dadurch gefördert, dass immer mehr und bessere Daten rund um ESG zur Verfügung stehen. Daher ist nicht zu erwarten, dass die ESG-Kriterien dereinst abgelöst werden könnten.
Sondern?
Wahrscheinlicher ist, dass Investoren die ESG-Kriterien mit den SDGs in Bezug setzen, also, dass ESG-Indikatoren wie der CO2-Ausstoss in Bezug zu SDG in «bezahlbare und saubere Energielösungen» gesetzt werden, was wiederum ermöglichen würde, die Wirkung der ESG-Integration dedizierter auszuweisen.
Angesichts der sehr dringenden Probleme in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Klima, Ressourcen und Energie, bietet es sich zudem an, die Erfahrungen rund um die Integration von ESG für eine zügige Implementierung der SDGs zu nutzen.
Keimpe Keuning ist Executive Director und Mitglied des ESG-Komitees bei LGT Capital Partners.