Das älteste Champagner-Haus der Welt ist bekannt für sein Engagement für die Kunst. Nun hat es in Reims den Nicolas-Ruinart-Pavillon eröffnet, der die Besucherinnen und Besucher auf ästhetische und sinnliche Weise an den Champagner heranführt. Das eindrückliche Bauwerk wurde vom japanischen Star-Architekten Sou Fujimoto gestaltet und umfasst auch einen Künstlergarten mit Werken von Jeppe Hein und Eva Jospin. finews.art war bei der Eröffnung in Reims dabei.
Es ist ein kalter Tag in Reims, als das älteste Champagnerhaus der Welt, Ruinart, seinen neuen Nicolas-Ruinart-Pavillon präsentiert. Die Erwartungen der Gäste moussieren wie die ersten prickelnden Bläschen eines frisch geöffneten Glases Blanc de Blancs.
Doch dies ist mehr als eine Eröffnung: Es ist eine Einladung, einzutauchen in die Geschichte, das Handwerk und die Vision eines Hauses, das seit 1729 für Exzellenz steht.
Messlatte höhergelegt
In einer Zeit, in der Marken nach Authentizität streben, will Ruinart die Messlatte höherlegen: mit einem Ort, an dem man nicht nur Champagner trinkt, sondern ihn spürt, sieht, hört und versteht.
Man kann sich der Präsenz des neuen Nicolas-Ruinart-Pavillons kaum entziehen.
Im Inneren des Pavillons. (Bild: Raul Cabrera, zVg)
Die Essenz des Champagners architektonisch erfasst
Der japanische Architekt Sou Fujimoto, ein Meister darin, Gebäude atmen zu lassen, hat ein Werk geschaffen, das von innen heraus zu leuchten scheint. Die Glasfassade ist mehr als nur eine architektonische Meisterleistung – sie wirkt wie ein Kristall, der die Essenz von Champagner einfängt: Bewegung, Leichtigkeit, Transparenz.
Steht man vor diesem Bau, scheint die Welt stillzustehen. «Es ist, als ob du in eine Blase eintauchst», flüstert jemand hinter mir, und ich muss zustimmen. Der Pavillon zieht dich hinein – nicht nur physisch, sondern emotional. Hier trifft die zeitlose Geschichte von Ruinart auf den mutigen Geist der Moderne.
Der Pavillon auf dem historischen Gelände von Ruinart. (Bild: Raul Cabrera, zVg)
Besonderer Künstlergarten
Doch Fujimoto geht es nicht nur um die Optik. Die Materialien – regionaler Soissons-Stein, Holz, ein begrüntes Dach – flüstern von Nachhaltigkeit und Respekt für die Umgebung. Es ist ein Bauwerk, das nicht nur gebaut wurde, sondern wächst, lebt, atmet.
«Modified social benches» von Jeppe Hein im Künstlergarten. (Bild: Raul Cabrera, zVg)
Wenn man sich vom Pavillon löst, tritt man in eine Welt, die gleichermassen Kunst wie Natur ist. Der Künstlergarten, gestaltet von Christophe Gautrand, lädt ein, sich zu verlieren – oder vielleicht, sich zu finden. So viele Werke internationaler Künstler; jede Skulptur, jede Installation scheint ihre eigene Botschaft zu flüstern.
Jeppe Hein und Eva Jospin
Die Werke von Jeppe Hein, interaktiv und verspielt, laden dich ein, Teil des Kunstwerks zu werden. Eva Jospins filigrane Kreationen aus Karton erinnern an die weichen Hügel der Champagne. Und dann ist da noch NILS-UDO, dessen Installationen das Wechselspiel von Mensch und Natur so eindrucksvoll einfangen.
Es ist kein Garten, den man einfach durchquert. Es ist ein Ort, den man fühlt, ein Ort, der bleibt.
«Capriccio» von Eva Jospin. (Bild: Mathieu Bonnevie, zVg)
Kulinarik als Teil des Erlebnisses
Wenn es um Ruinart geht, ist Kulinarik nie nur Beiwerk – sie ist ein essenzieller Teil des Erlebnisses. In der «Bar by Ruinart» serviert Küchenchefin Valérie Radou keine Gerichte, sondern Geschichten. Jede Kreation ist inspiriert von der Landschaft, dem Klima, dem Terroir, das den Charakter der Ruinart-Champagner prägt.
Ein simples Gericht, etwa eine Zucchiniblüte gefüllt mit Burrata und Zitrusfrüchten, wird zu einem Dialog zwischen Texturen, Geschmäckern und Aromen. Dazu ein Glas Ruinart Rosé – und plötzlich versteht man, was Harmonie wirklich bedeutet.
Öffnung für die Welt
Und dann gibt es diesen besonderen Moment: den Abstieg in den «geheimen Keller». Hier lagern nicht nur seltene Flaschen, sondern auch Erinnerungen. Der erste Dom Ruinart aus dem Jahr 1959 steht wie ein Wächter der Zeit. Es ist ein Ort, der Ehrfurcht weckt – und die Erkenntnis, dass Champagner nicht nur ein Getränk ist, sondern Geschichte in flüssiger Form.
Architekt Sou Fujimoto. (Bild: Alice Jacquemin)
Zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses öffnet Ruinart seine Türen für alle – keine Reservierungen, keine Hürden. Es ist eine Einladung an die Welt, Teil dieses einzigartigen Universums zu werden.
Historische Kreidekeller
Die historischen Kreidekeller, seit 2015 Unesco-Weltkulturerbe, erzählen von Jahrhunderten harter Arbeit, von Visionen und der Leidenschaft, die in jeder Flasche steckt. Und doch fühlt sich alles frisch, jung und modern an – ein Zeugnis dafür, dass Tradition kein Stillstand sein muss.
Was macht diesen Ort besonders? Es ist nicht nur die Architektur, nicht nur die Kunst oder der Champagner. Es ist die Atmosphäre – dieses Gefühl, dass hier etwas Grosses passiert. Ruinart hat mit seinem neuen Besucherzentrum keinen Ort geschaffen, den man einfach besucht. Es ist ein Ort, den man spürt, ein Ort, der bleibt.
In den historischen Kreidekellern. (Bild: Gregoire Machavoine, zVg)
Bleibende Eindrücke
Vielleicht ist es die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft, von Mensch und Natur, die diesen Ort so besonders macht. Oder vielleicht ist es einfach die stille Magie eines Moments, in dem du mit einem Glas Ruinart in der Hand in die Sonne blinzelst und denkst: «Ja, das ist es.»
Denn am Ende, so würde es der Autor sagen, geht es nicht um die Details – es geht um das Gefühl, das dieser Ort vermittelt. Es ist ein bleibendes Gefühl, gemischt mit Neugier darüber, was vom ältesten Champagner-Haus künftig kommen mag.
Peter Jauch ist…
… Spirituosen Sommelier mit einem Hang zu hochklassigen Cocktails und kombiniert diese gerne mit bestem Food.
… Autor von Coffee-Table-Büchern zu GIN & CHAMPAGNER.
… ein versierter Spirituosen und Champagner Tastinghost.
… zusammen mit Freunden Veranstalter eines Erlebnis-Festivals
… Autor des Cocktails des Monats auf finews.ch