Die Biennale von Venedig, die alle zwei Jahre stattfindet, gilt als die weltweit wichtigste Plattform für zeitgenössische Kunst. Jedes Jahr zieht sie Künstler, Kuratoren und Sammler aus aller Welt in die Lagunenstadt, um die neuesten Trends und Entwicklungen der Kunstszene zu präsentieren. Doch abgesehen von ihrem kulturellen Prestige stellt sie auch enorme logistische Herausforderungen dar.
Die Kosten für Ausstellungen in Venedig sind etwa vier- bis fünfmal höher als an anderen internationalen Schauplätzen. Der Grund liegt auf der Hand: Die gesamte Logistik muss über das Wasser abgewickelt werden. Kunstwerke, oft von beeindruckender Grösse, werden aufwendig über Kanäle transportiert, was den Aufwand und die Risiken in die Höhe treibt. So verwundert es nicht, dass diese für die Biennale vermehrt per Luftfracht nach Venedig gebracht werden, um Transportschäden und Verzögerungen zu minimieren. Zu den ohnehin hohen Transportkosten kommen die erheblichen Investitionen für die Herrichtung der Ausstellungsräume hinzu.
Airlines als wichtige Partner
Angesichts dieser hohen Logistikanforderungen gewinnen Sponsoren aus der Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Hier kommt Turkish Airlines ins Spiel. Die Fluggesellschaft war Sponsor bei der Ausstellung des renommierten japanischen Künstlers Tomokazu Matsuyama, die im Rahmen der Biennale in Zusammenarbeit mit der Contemporary Istanbul Foundation realisiert wurde. Damit handelt es sich nicht um eine reine logistische Partnerschaft, sondern auch um einen strategischer Schritt, um die eigene Rolle in der Kunstwelt zu stärken.
Künstler Tomokazu Matsuyama (Bild: Francesco Russo)
Der globale Dialog der Kulturen
Matsuyama ist bekannt für seine Werke, die westliche und östliche Ästhetiken miteinander verbinden. Geboren in Japan und stark von seiner Zeit in den USA geprägt, spielt Matsuyama mit kulturellen Referenzen und historischen Symbolen, um eine neue, globalisierte Perspektive auf Identität und Zugehörigkeit zu schaffen. Seine Arbeiten spiegeln das Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne wider und zeigen den Dialog zwischen verschiedenen kulturellen Welten. Doch hinter der ästhetischen Faszination stehen immense logistische Herausforderungen, die sorgfältig geplant werden müssen.
Installationsansicht der Ausstellung «Mythologiques» in Venedig (Bild: Francesco Russo)
In der Ausstellung «Mythologiques» präsentiert Matsuyama eine Serie monumentaler Gemälde und Skulpturen, die Fragen nach kultureller Identität und Migration aufwerfen. Eines der herausragenden Werke ist das über sechs Meter lange Gemälde «You, One Me Erase», das die Vermischung und das Nebeneinander verschiedener Einflüsse thematisiert. Hier treffen traditionelle japanische Motive auf westliche Popkultur, wodurch eine lebendige, visuelle Synthese entsteht.
Schweizer Expertise und logistische Herausforderungen
Der Schweizer Kurator Christoph Doswald, der von der Contemporary Istanbul Foundation mit der Konzeption und Umsetzung der Ausstellung «Mythologiques» von Matsuyama beauftragt wurde, ist seit langem mit der Istanbuler Kunstszene vernetzt. Doswald betont, dass die grossformatigen Werke von Matsuyama eine präzise Logistik erforderten, weshalb der Transport nach Venedig unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen erfolgen musste
Zusätzlich erklärt er: «Wir haben im Arsenale neue Wände, eine Klimaanlage, ein neues Bodendesign und ein komplettes Beleuchtungssystem auf Museumsstandard einbauen müssen», was die hohe Kostenkalkulation zusätzlich beeinflusst.
Tomokazu Matsuyama, You, One Me Erase (detail), 2023 (Bild: Matsuyama Studio)
Istanbul: Aufstrebender Hotspot für zeitgenössische Kunst
Doswald bestätigt zudem, dass Istanbul als neuer Dreh- und Angelpunkt für zeitgenössische Kunst an Bedeutung gewinnt. Die Stadt hat in den letzten Jahren eine starke kulturelle Aktivierung erlebt, und es wird erwartet, dass sie sich zu einem wichtigen Zentrum für internationale Kunst entwickelt. Die Contemporary Istanbul Foundation spielt dabei eine zentrale Rolle, indem sie die Positionierung Istanbuls als aufstrebende Kunstmetropole vorantreibt.
Ausstellungsort «Mythologiques» im Magazzino No. 41, Venedig (Bild: Francesco Russo)
Die neue Rolle von Sponsoren
Mit der Ausstellung «Mythologiques» zeigt Matsuyama seine Werke im historischen Magazzino No. 41, einer Marinebasis in Venedig, die eigens für die Biennale in eine temporäre Kunstgalerie verwandelt wurde. Seine Arbeiten fügen sich perfekt in diese räumliche Umgebung ein und betonen den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Tradition und Innovation.
Zukunft der Kunstförderung
Neben Turkish Airlines sind es auch andere Akteure der Wirtschaft, die vermehrt die Bedeutung der Kunst für ihr Markenimage entdecken. Kunst wird zunehmend als globales Kommunikationsmittel verstanden, das über traditionelle Grenzen hinweg einflussreich ist. In Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung ist es für Unternehmen von Vorteil, sich mit der Kunstszene zu verbinden und sich als Förderer zeitgenössischer Kultur zu positionieren.
Auch die Kunstmesse macht mit
Die türkische Kunstmesse Contemporary Istanbul plant daher, ihre Rolle im internationalen Kunstmarkt weiter auszubauen. Die Messe wird als Plattform dienen, um Istanbuls neues Image als Kunstmetropole zu fördern und die türkische Hauptstadt in den Kreis der grossen internationalen Kunststädte zu bringen. Auch die Zusammenarbeit mit Venedig, wie im Fall der Matsuyama-Ausstellung, ist ein Schritt in diese Richtung.
Die Biennale di Venezia (offiziell: L’Esposizione Internazionale d’Arte, la Biennale di Venezia) ist die älteste internationale Ausstellung zeitgenössischer Kunst und findet seit 1895 alle zwei Jahre statt. Der Hauptschauplatz sind die Giardini della Biennale im Stadtteil Castello, wo 28 Länder in ihren nationalen Pavillons ausstellen. Zusätzlich gibt es im Arsenale eine von Kuratoren zusammengestellte Themenausstellung. Dieses Jahr begeht Venedig die 60. Ausgabe der Biennale, diese ist noch bis zum 24. November 2024 zu sehen.