In unserer Rubrik finews.art choice stellen wir Künstlerinnen und Künstler vor, deren Werk wir in Bezug auf Qualität und Marktentwicklung besonders spannend finden. Diese Woche richten wir unser Augenmerk auf die japanisch-schweizerische Künstlerin Shizuko Yoshikawa (1934-2019).
Yoshikawa erlebt derzeit eine Wiederentdeckung auf dem Kunstmarkt. Diese neue Aufmerksamkeit wird ihr durch kürzlich stattgefundene Ausstellungen, wie etwa in der Marlborough Gallery in London (Mai 2024) und im Museum für Moderne Kunst (MAMCO) in Genf sowie durch die Werkpräsenz auf der Art Basel im Juni zuteil. Yoshikawa, die bis zu ihrem Tod in Zürich tätig war, wird nun auch einer neuen Sammlergeneration vorgestellt.
Shizuko Yoshikawa: «Possible Progressions», 2024, Marlborough Gallery, London. (Bild: Eva Herzog)
Der Aufstieg der Konkreten Kunst in der Schweiz
Die Konkrete Kunst spielte insbesondere in der Schweiz eine zentrale Rolle, nicht zuletzt aufgrund der historischen Entwicklungen und der starken Kunstszene in Zürich. Die Schweizer Künstler Max Bill, Camille Graeser, Richard Paul Lohse und Verena Loewensberg legten die Grundlagen für diese Bewegung, die durch ihre mathematische Präzision und abstrakte Formensprache besticht. Yoshikawa, die 1961 aus Japan in die Schweiz kam, fand in dieser Umgebung eine inspirierende Heimat.
Asiatische Wurzeln und westliche Tradition
In der Tradition der Zürcher Konkreten entwickelte sie eine eigene Bildsprache, die ihre asiatischen Wurzeln mit der konstruktivistischen Strenge der westlichen Kunst verknüpfte. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch die Kombination von klaren geometrischen Formen mit einer subtilen, oft von Licht und Farbe geprägten Ästhetik aus.
Shizuko Yoshikawa in ihrem Studio in Zürich, 1970 (Bild: S. Yoshikawa and J. Müller-Brockmann Stiftung, Zürich)
Vergessen und wiederentdeckt
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Künstlerinnen und Künstler, die in Vergessenheit geraten sind, durch erneutes Interesse und Ausstellungen auf dem Kunstmarkt wiederentdeckt werden. Yoshikawa ist ein solches Beispiel. Obwohl sie zu Lebzeiten Anerkennung fand, geriet ihr Werk nach ihrem Tod für einige Zeit in den Hintergrund. Doch nun, durch neue Ausstellungen und den wachsenden internationalen Fokus auf vergessene weibliche Stimmen in der Kunst, wird Yoshikawa wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Ihre Werke, die in der Marlborough Gallery in London ausgestellt wurden, stiessen auf grosses Interesse und haben dazu beigetragen, ihren Namen in der Kunstwelt erneut zu etablieren.
Zurück auf den Kunstmarkt
«Die Shizuko Yoshikawa und Josef Müller-Brockmann Stiftung, 2016 von der Künstlerin gegründet, hat seit 2019 keine Mühen gescheut, den Nachlass der Künstlerin aufzuarbeiten und wieder an die Öffentlichkeit zu bringen. Das hat nach und nach das Interesse der Museen und der Kunstwelt geweckt und damit Yoshikawas Bekanntheitswert entsprechend gesteigert.» unterstreicht Gabrielle Schaad, Stiftungsrätin und Dozentin an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK).
Shizuko Yoshikawa: «Possible Progressions», 2024, Marlborough Gallery, London. (Bild: Eva Herzog)
Erschwingliche Preise
Yoshikawa, die eine Generation jünger als die Schweizer Malerin und Vertreterin der Zürcher Schule der Konkreten Verena Loewensberg (1919-1986) ist und von dieser beeinflusst wurde, brach, ähnlich wie Loewensberg, mit dem strengen Rationalismus der Konkreten Kunst und brachte Dynamik und Dreidimensionalität auf die Leinwand. Ihre Werke, darunter Reliefbilder, Zeichnungen und Siebdrucke, werden auf dem internationalen Kunstmarkt zu vergleichsweise (noch) erschwinglichen Preisen angeboten – Reliefbilder zwischen 30'000 und 50'000 Pfund, Zeichnungen und Siebdrucke unter 1'000 Pfund.
Shizuko Yoshikawa: «Possible Progressions», 2024, Marlborough Gallery, London. (Bild: Eva Herzog)
Die Regeln aufbrechen
Yoshikawa, 1934 in Ōmuta, Japan, geboren, kam über den Umweg der Grafik und des Corporate Designs zur Malerei. Sie studierte an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, die von Max Bill mitbegründet wurde, und heiratete 1967 den einflussreichen Schweizer Grafikdesigner Josef Müller-Brockmann. Anfang der 1970er Jahre begann sie, ihre ersten abstrakten Reliefs zu schaffen, und entwickelte daraus sukzessive ihren charakteristischen zurückhaltenden Stil, der sie immer näher an die Minimal Art rückte.
Im Fokus von neuen Sammlern
Yoshikawa vertritt eine undogmatische Variante der Konkreten Kunst und verhalf dieser Kunstrichtung, die oft als rational und kalkulierbar galt, zu einer neuen, verjüngten Anhängerschaft.
Shizuko Yoshikawa: «Possible Progressions», 2024, Marlborough Gallery, London. (Bild: Eva Herzog)
Förderung junger Künstlerinnen
Die Werke von Yoshikawa werden von der Shizuko Yoshikawa und Josef Müller-Brockmann Stiftung in Zürich verwaltet. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Werk der Künstlerin zu bewahren und zu verbreiten. Ein wesentlicher Bestandteil des Stiftungszwecks ist der Shizuko Yoshikawa Förderpreis, der alle zwei Jahre an junge Künstlerinnen vergeben wird. Damit wird ganz im Sinne der Stifterin jungen Frauen geholfen, sich in der Kunstwelt zu etablieren und ihre Karriere voranzutreiben. Der Preis ist mit 25'000 Franken dotiert und wird diesen Herbst zum vierten Mal vergeben.
Shizuko Yoshikawa: «Possible Progressions», 2024, Marlborough Gallery, London. (Bild: Eva Herzog)
Umfassende Ausstellung in Japan
Ende des Jahres wird eine umfassende Retrospektive mit dem Titel «Space Between. Shizuko Yoshikawa und Josef Müller-Brockmann» im Nakanoshima Museum of Art in Osaka stattfinden. Diese Ausstellung, die vom 21. Dezember 2024 bis zum 2. März 2025 läuft, wird das Werk von Yoshikawa und ihrem Ehemann beleuchten und soll die Brücke zwischen östlicher und westlicher Kunsttradition weiter festigen.