Die Tokenisierung macht Investitionen in Kunst angeblich demokratischer und zugänglicher. finews.art-Chefredaktorin Simone Töllner hat nachgefragt bei Fatmire Bekiri. Sie leitet die Abteilung Tokenisierung bei der Schweizer Sygnum Bank.

Fatmire Bekiri widmet sich leidenschaftlich dem Thema der Tokenisierung. In ihrer Funktion bei der Sygnum Bank hat sie massgeblich dazu beigetragen, den neuen Bereich aufzubauen und zu etablieren.

Weltweit erste Kunstwerke tokenisiert

Bekiri braucht Herausforderungen in ihrem Leben, und genau das hat sie zu Sygnum geführt. Unter ihrer Führung hat die Bank als erste weltweit Kunstwerke tokenisiert, angefangen mit der Tokenisierung des Picasso Kunstwerkes «Fillette au béret» (1964).

Es war das erste Mal, dass ein Picasso-Gemälde von einer regulierten Bank tokenisiert wurde. Seit dem Beginn der Investition im Oktober 2021 erzielte es für die mehr als 60 Tokenholder eine Gesamtrendite von etwa 20 Prozent. Der Kooperationspartner des Projekts war Artemundi. Gemeinsam mit der Sygnum Bank wurden neue Massstäbe für Kunstinvestitionen gesetzt.

Picasso 680
Picassos Werk «Fillette au béret» und der Künstler selbst (Bild: shutterstock & ChatGPT)

Weitere Projekte folgten, wie das NFT des Blue-Chip Cryptopunks #6808 im Jahr 2021 oder die Tokenisierung des Andy Warhols «Four Marilyns» im Jahr 2022.

Diese ersten Schritte in der Welt der digitalen Kunstinvestitionen setzten den Grundstein für weitere Projekte.

Ohne teure Zwischenhändler

Javier Lumbreras, CEO von Artemundi, betont die Bedeutung der Tokenisierung im Kunsthandel: «Durch die Qualität, Herkunft, den Zustand und ihre Preisgestaltung perfektioniert die fraktionierte Eigentümerschaft von Kunstwerken über eine Blockchain das Eigentum ohne kostspielige Zwischenhändler.»

Bekiri selbst erklärte zum Abschluss des Investitionszyklus dieses Art Security Tokens: «Der Verkauf von «Fillette au béret», dem ersten von einer regulierten Bank tokenisierten Picasso-Gemälde, macht die Vorteile der Tokenisierung für die Tokenholder greifbar. Dazu gehören einzigartige Kunstinvestitionen und Portfolio-Diversifizierung mit dem Potenzial für signifikante Renditen.»

So funktioniert es

Die Tokenisierung und Fraktionalisierung von Kunstwerken funktioniert so, dass ein physisches Kunstwerk in digitale Anteile, sogenannte Token, aufgeteilt wird. Diese Token repräsentieren Bruchteilseigentum am Kunstwerk und ermöglichen es Investoren, auch mit kleineren Beträgen Anteile an wertvollen Kunstwerken zu erwerben.

Die Sygnum Bank nutzt eine Blockchain-Technologie, um diese Token sicher zu verwalten und zu handeln. Jeder Token ist dabei rechtlich als Wertpapier anerkannt, was die Integrität und Sicherheit der Investition gewährleistet.

Investment Case und Exit-Strategie

Bekiri erläutert weiter: «Es war naheliegend mit einem Picasso Gemälde zu starten, weil jeder Picasso kennt. Man muss Kunst für die Menschen zugänglich machen. Eine Tokenisierung junger Künstler ist sicher auch sinnvoll, aber der adressierbare Markt ist kleiner. Es ist wichtig, den richtigen Zugang zu finden, um Investoren anzusprechen. Renommierte hochklassige Kunstwerke bieten sich hierfür an.»

Sie fügt hinzu, dass die Herausforderung darin bestehe, einen Investment-Case zu generieren, bei dem definiert werde, wie lange man Besitzer des Assets sein wolle, und was der Exit-Plan sei. Entweder verkauft man auf einem Sekundärmarkt oder durch eine Auktion, um die Möglichkeit zu schaffen, die Investition zu liquidieren und am Wertzuwachs zu partizipieren. «Alle diese Faktoren sind zu berücksichtig, um den Prozess erfolgreich zu gestalten», betont Bekiri.

Auch mal eine Zigarre

«Wir mussten sicherstellen, dass alle Eventualitäten abgedeckt sind», erklärt Bekiri weiter. «Von Was-wäre-wenn-Szenarien bei Angeboten für das zugrunde liegende Asset bis hin zu Minderheitenrechte-Klauseln und Regelungen zur Zwangsübertragung. Beim ersten vollständigen Investments auf der Blockchain haben wir gezeigt, dass Tokenisierung funktioniert und Vertrauen geschaffen werden kann.»

Bekiri ist nicht nur eine treibende Kraft in der Welt der Tokenisierung, sondern auch ein Genussmensch. Im Gespräch verrät sie, dass sie sich zu einem guten Drink auch mal eine Zigarre gönnt, am liebsten eine Cohiba.

Sygnum 680
Bekiri am Kundenevent «Art masterpieces on the blockchain in Zürich». Im Hintergrund - Cryptopunk #6808 (Bild: Sygnum)

Leuchtende Augen

Es sei ihr wichtig, authentisch zu bleiben und hinter den Dingen zu stehen, die sie mache, sagt sie. Wenn sie über Tokenisierung spricht, leuchten ihre Augen – besonders in Kombination mit Kunstprojekten, die ihr einen realen Bezug zur Kunst verschaffen.

Ihre Funktion führte sie auch vor zwei Jahren zum ersten Mal an die Art Basel und wo sie sich für neue Kunstprojekte inspirieren liess.

Kleine Anteile investieren

Warum eigentlich Kunst? Für sie war es naheliegend, mit der Tokenisierung von Kunstwerken zu beginnen, da diese schwer zugänglich sind und die Fraktionalisierung sinnvoll ist.

«Wenn jemand 10 Millionen Vermögen hat, würde er nicht alles in ein Picasso-Gemälde investieren,» erklärt sie. Durch die Fraktionalisierung wird es jedoch möglich, selbst für wohlhabende Personen in ein spezifisches Kunstwerk zu investieren, ohne alles auf eine Karte zu setzen.

Herausforderungen meistern

Die technische und rechtliche Umsetzung solcher Projekte stellt eine Herausforderung dar. Sygnum nutzt die leistungsstarke, unveränderliche Blockchain-Technologie, um Informationen zu etwaigen Transaktionen sicher zu speichern. Tokenisierte Kunstwerke werden professionell verwahrt, oft in Zollfreilagern, um höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten.


Fatmire Bekiri hat einen Abschluss in Banking & Finance von der Universität Zürich. Ihre Karriere begann sie im Bereich Corporate Finance bei der Firma IFBC in Zürich, wo sie mehrere Jahre tätig war. Anschliessend wechselte sie zur Aargauischen Kantonalbank (AKB), wo sie im Kompetenzzentrum für Kredit im Firmenkundengeschäft arbeitete. Nach knapp einem Jahr bei der AKB suchte sie eine neue Herausforderung und entschied sich, bei der Sygnum Bank einzusteigen. Dort leitet sie die Abteilung Tokenisierung.