Top-Model Gisele Bündchen wollte sich ihren Lohn in Euro auszahlen lassen. Das war vor 2008. Zum Glück hat sie es nicht getan, sagt Thomas Stucki von der SGKB.
Es gab eine Zeit vor der Finanzkrise, als nicht nur das brasilianische Top-Model Gisele Bündchen (Bild oben), sondern auch die Börsianer darüber spekulierten, ob der Euro den Dollar als Weltwährung ablösen würde. Die erdölexportierenden Länder dachten gar offen darüber nach, den Handel mit Rohöl in Euro anstatt in Dollar abzuwickeln.
«Diese Idee war gar nicht so abwegig, wie das aus heutiger Sicht und nach der Eurokrise der Fall erscheinen mag», sagt Thomas Stucki, (Bild links) Chief Investment Officer (CIO) bei der St. Galler Kantonalbank (SGKB). Die Eurozone umfasse immerhin einen Wirtschaftsraum mit 333 Millionen Einwohnern und sei damit rein bevölkerungsmässig etwa gleich gross wie die USA. Die jährliche Wirtschaftsleistung der Eurozone sei mit rund 13 Billionen Dollar zwar etwas geringer als die rund 17 Billionen der USA, repräsentiere aber doch ein grosses wirtschaftliches Volumen.
Ein paar Konstruktionsfehler
Hinzu komme, dass nach der Einführung des Euro ein vielfältiger und liquider Kapitalmarkt aufgebaut wurde. Dieser erlaube es institutionellen Anlegern und Zentralbanken seither, grosse Summen in Euro‐Obligationen und europäischen Aktien anzulegen. «Damit wären die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben, damit sich der Euro zumindest als Alternative zum Dollar etablieren könnte», sagt Stucki.
Spätestens mit der Eurokrise zeigte sich aber, dass die Einheitswährung ein paar Konstruktionsfehler hat. So hätten die Sanktionsmechanismen bei einer fehlenden Budgetdisziplin der Mitgliedsländer versagt.
Jahrelange Verstösse
«Länder mit einer überbordenden Schuldenquote wie Portugal oder Griechenland verstiessen während Jahren gegen die Maastricht‐Kriterien, ohne dass von Seiten der EU‐Behörden etwas dagegen unternommen wurde. Erst als die Kapitalmärkte das Zepter in die Hand nahmen und die weitere Finanzierung der Schuldenpolitik verweigerten, wurde der Druck erhöht», so Stucki weiter.
Die gleiche Situation zeigt sich bei der Stabilität des Finanzsystems: Die nationalen Aufsichtsorgane waren nicht bereit, Kompetenzen abzugeben und versuchten bis zuletzt, die eigenen Banken zu schonen.
Verweigerte Unterstützung
«Erst als die Kapitalmärkte den Banken die Unterstützung verweigerten, bewegte sich die Eurozone», betont der Investmentchef der SGKB. Zumindest seien inzwischen mit der Bankenunion die Weichen in die richtige Richtung gestellt worden.
Es sei nicht erstaunlich, dass in der Eurokrise die Europäische Zentralbank (EZB) als einzige Institution wirklich Handlungsfähigkeit bewiesen habe. Die nationalen Zentralbanken der Euroländer hätten bei der Gründung des Euro ihre geldpolitischen Kompetenzen an die EZB abgegeben und so den Weg zu eurotauglichen Entscheidungsprozessen freigemacht.
Krisenfeste Gremien
«Entsprechend war die EZB die einzige europäische Institution, welche das Vertrauen der Kapitalmärkte auch in der Eurokrise genoss», folgert Stucki.
«Der Euro könnte eine Alternative zum Dollar sein», sagt der Anlagexperte, doch dazu brauche es krisenfeste Entscheidungsgremien mit Sanktionierungsmöglichkeiten bei Fehlverhalten.
Keine Bange
Dies bedinge eine weitergehende Delegation von Kompetenzen an zentrale Institutionen analog der EZB. Dafür seien jedoch Vertragsänderungen notwendig, die in allen Ländern von den lokalen Parlamenten genehmigt werden müssten. Da sei die Prognose einfach, dass dies auf absehbare Zeit politisch nur schwer umsetzbar sei, sagt Stucki und zieht daraus den Schluss: «Der Dollar muss um seine Position als Weltwährung deshalb nicht bangen.»