Die Wall Street liebt ihn und die Medienbranche sowieso. Aber mit seinem jüngsten Aktionärsbrief macht sich der Star-Investor garantiert unbeliebt.
Wenn sich Warren Buffett über seine Investments und seine Anlagestrategie äussert, hören alle gebannt zu: Die Finanznachrichtenagenturen, Anleger, Banker, die gesamte Wall Street und ihre TV-Sprachrohre «CNBC» und «Bloomberg TV» – alle wollen wissen, was der Milliardär aus Omaha als nächstes orakelt.
Alle wollen wissen, was das Geheimnis des Erfolgs seiner Firma Berkshire Hathaway ist.
Interessant dabei ist, dass der rührige Milliardär Buffett und seine Ansichten so gar nicht in die Welt der Wall Street passen. Mehr noch: Buffett müsste an der Wall Street und in der Finanzgemeinde im Prinzip eine ‹persona non grata› sein. Spätestens dann, wenn man seine Botschaften aus seinem jüngsten Aktionärsbrief liest. Das US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» hat einen Vorabdruck veröffentlicht.
Experten ignorieren – ausser Buffett
Darin empfiehlt Buffett so ziemlich das Gegenteil von all dem, was etwa «CNBC» den Anlegern tagtäglich während Stunden predigt und Banken ihren Kunden verkaufen wollen. Kurz gesagt schreibt Buffett, es sei sinnlos zu versuchen, den Markt zu schlagen.
Um seine Finanzziele zu erreichen, genüge es, einen günstigen Exchange Traded Fund (ETF) auf einen breiten Aktienindex zu kaufen. Und vor allem: Man sollte den nicht abreissenden Strom von Nachrichten, Kommentaren, Expertenstimmen und Anlagetipps ignorieren – ausser natürlich die News von Buffett.
Das rät der Star-Investor:
- «Sie brauchen kein Experte zu sein, um zufriedenstellende Renditen zu erzielen. Halten Sie es einfach und bleiben Sie dabei. Wenn Ihnen schnelle Profite versprochen werden, antworten Sie mit «Nein».
- Wichtig ist die zukünftige Produktivität des Vermögenswertes, den Sie kaufen möchten. Können Sie diese nicht abschätzen, vergessen Sie den Titel. Sie müssen nicht allwissend sein. Es genügt, wenn Sie verstehen, was Sie tun.
- Spekulieren ist okay. Ich kann es jedenfalls nicht mit Erfolg. Ein einmal erzielter Gewinn lässt keine Prognose auf zukünftige Gewinne zu.
- Wenn Sie ihr Wochenende geniessen können, ohne ständig Börsen und Kurse zu prüfen, versuchen Sie es auch mal während der Woche. Ein Spiel gewinnt man auf dem Spielfeld, nicht indem man ständig auf das Resultat schaut.
- Auf Wirtschafts- und Marktprognosen von anderen zu hören, ist reine Zeitverschwendung. Es ist sogar gefährlich, weil die eigene Meinung über die wichtigsten Faktoren beeinflusst werden kann.»
Buffett sagt damit nicht wirklich etwas Neues. Er predigt die Grundsätze von Ben Grahams Standardwerk «The Intelligent Investor». Aber zuhören tun ihm offenbar die Wenigsten. Die Finanzindustrie wäre wohl pleite, wenn mehr Anleger auf Buffett hören würden.