Jim Rogers diskutierte zum Jahreswechsel über die wichtigsten Wirtschaftsthemen für 2014 – und über seine eigenen Investment-Pläne. Hier seine Perspektiven für die Weltwirtschaft und die wichtigsten Anlageklassen (Teil 2).
Jim Rogers hat jetzt einen neuen Online-Auftritt: Auf «Jim Rogers World» diskutiert der Erfolgs-Investor seine Ansichten zur Entwicklung der Märkte und der Weltwirtschaft. Zum Start von «Jim Rogers World» nahm er Teil an einem Hangout – einer Online-Diskussion in kleinem Kreis –, über die Investment-Perspektiven 2014. finews.ch war dabei. Hier erste Höhepunkte.
Was werden im Jahr 2014 die aufkommenden Themen sein? Was beschäftigt Sie?
Ich habe Russland erwähnt, ferner den Wandel in China. Dann Nordkorea: Hier bin ich leicht optimistisch, dass ein gewisser Wandel möglich ist. Dann Airlines und die Landwirtschaft. Und eben Gold: Vielleicht bessert sich hier schon 2014 etwas, aber ich würde sagen, dass es der Goldpreis nicht wieder nach oben schafft, bis all die Mystiker und Gläubigen ausgestiegen sind.
Es gibt derzeit einfach zuviele Mystiker im Markt, die überzeugt sind, dass Gold einfach nicht sinken kann. Mich erinnert das an die Internet-Blase: Auch da gab es viele Menschen, die überzeugt waren, dass das Internet die Zukunft ist. Und es war ja tatsächlich die Zukunft. Aber das bedeutet nicht, dass die Aktien hier nicht sinken können. Vielleicht wird 2014 zum Jahr, in dem all die Gold-Gläubigen aus dem Markt verschwinden.
Ihrer pessimistischen Sicht auf die westliche Wirtschaft könnte man Warren Buffetts Haltung gegenüberstellen: Der hat mal gesagt, dass wir im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege, viele kleine Kriege, eine grosse Depression, einen Ölschock und unzählige Rezessionen durchlebt haben – aber der Dow-Jones-Index stieg von 66 auf 11'000 Punkte.
Das ist völlig richtig, und es ist ein guter Punkt. Aber im 20. Jahrhundert wurden die USA aber auch zu einer Schuldnernation. Sie nahm zwar schon im 19. Jahrhundert oft Schulden auf, aber die wurden verwendet für den Bau von Eisenbahnen, Strassen, Kanälen und Schulen. Damit wurde die USA bis 1940 wieder zu einer Gläubigernation, man erntete die Früchte. Seither entwickelte sich Amerika zur grössten Schuldnernation in der Geschichte der Menschheit. Und dies, ohne viel Geld für Investitionen ausgegeben zu haben. Heute geht viel mehr Geld in die Wohlfahrt – oder in Panzer. Panzer sind gut für den, der sie baut, aber dem Rest der Menschheit bringen sie nichts.
«Die Menschen werden in Dollar und Franken flüchten. Aber was dann?»
Es gibt noch einen anderen Aspekt: Vor 100 Jahren war ein US-Dollar ein US-Dollar. Ganz gleich, auf welche Statistik man schaut, seither wurde er um 99 Prozent entwertet. Am Ende geht es uns allen in einem gewissen Mass besser, aber dies auf der Grundlage von Schulden und einer entwerteten Währung.
Als Europäer kennen wir das, den Verlust der weltwirtschaftlichen Spitzenposition: Man kann auch danach ganz gut leben. Auf der anderen Seite gibt es doch zwei ganz starke positive Kräfte – erstens den wirtschaftlichen Aufstieg von Millionen Menschen in Asien, Lateinamerika, vielleicht sogar Afrika. Zweitens die Vorteile durch die Vernetzung. Diese Kräfte sollten unterm Strich doch stark genug sein als Gegengewicht zu den Leverage-Problemen.
Kein Zweifel, hunderte Millionen Menschen erhoben sich aus der Armut in den letzten Jahren. Ich hoffe – und ich erwarte auch –, dass sich das fortsetzt. Aber anderswo wird es vielen Menschen schlechter gehen als früheren Generationen. Die Statistiken bezeugen das ja bereits, ob in Amerika, ob in Griechenland oder Spanien, sogar in Japan. So ist die Welt: Es gibt Völker, die aufsteigen, und Völker, die ihre Position verlieren. Der Schlüssel liegt also darin, dort dabei zu sein, wo es nach oben geht. Fragen Sie mich in dreissig Jahren, ob wir es richtig gemacht haben.
So wie Sie reden, müssten Sie Ihr Geld im Dollar anlegen – Rekordschulden hin oder her. Und im Schweizer Franken. Denn das sind die Währungen, in welche die Menschen bei einer schweren Krise flüchten werden.
Richtig. Und ich bin derzeit in beiden Währungen investiert. Nicht weil ich grosses Vertrauen hätte in Dollar oder Franken. Aber ich erwarte, dass es in den nächsten ein oder zwei Jahren mehr Unsicherheiten geben wird, und folglich werden viele Menschen dorthin flüchten. Der Hauptgrund ist, dass sie einfach nicht wissen, was sie sonst tun sollten. Der Dollar ist kein sicherer Hafen, aber die Menschen meinen, es sei einer. Die wichtige Frage ist aber: Was dann? Wohin kann man weiterziehen? In die chinesische Währung? In Realwerte?
Haben Sie immer noch ihr Schweizer Bankkonto? Und wollen Sie es behalten?
Ja, ich habe es noch, und ich habe es auch immer in der Steuererklärung angegeben. Oft wurde ich gefragt: «Wieso gibst du das an, du bist ja verrückt.» Aber ich habe es immer gemeldet, und vielleicht war das doch nicht so verrückt. Ich fand immer, dass ich es nicht nötig habe, mir deshalb Scherereien einzuhandeln. Ich habe übrigens mehrere Konten in der Schweiz, so wie ich in verschiedenen Ländern Konten besitze.
Als ich an der Wallstreet war, klagte mir mal ein Mann über die Steuerprobleme, die er sich durch einen Aktienverkauf einhandelt. Da habe ich mir gesagt: Das will ich auch mal haben – ein Steuerproblem. Ich will mir auch mal Sorgen darüber machen, wieviele Steuern ich bezahlen muss.
«Am Ende des Jahrzehnts werden wir alle sehr glücklich sein mit Gold»: Zum ersten Teil des Gesprächs. — Sie können die ganze Debatte auch hier verfolgen.
- Teilnehmer am Hangout waren u.a.: Lucas Bruggemann, Gründer «Jim Rogers' World» und Inhaber Follow Your Trader AG — Birdie deQuai, New Media Developer, USA — Ralph Pöhner, Partner finews.ch — Matthew Wong, Managing Director, Equity Derivatives, KGI Asia Limited, Hong Kong.
- Weitere Live-Hangouts mit Jim Rogers sind geplant: Wer sich auf «Jim Rogers World» registriert, wird dazu eingeladen.