Viel schneller als erwartet wird das Pariser Abkommen in Kraft treten. Reicht das aus, um den Klimawandel zu stoppen? Welchen Beitrag sollte die Finanzindustrie leisten?

Von Ursula Finsterwald, Group Sustainability Managerin bei LGT

Das Übereinkommen von Paris (Bild unten) wurde am 12. Dezember 2015 auf der UNO-Klimakonferenz in Paris verabschiedet. Ein wichtiges Ziel ist die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich mit dem vorindustriellen Niveau.

Aktuell haben bereits 84 Staaten, die zusammen für mehr als 60 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, das Pariser Abkommen ratifiziert. Damit kann es am 4. November 2016 in Kraft treten.

COP21 Climate 500

Positiv ist auch, dass noch vor Inkrafttreten des Abkommens die Staatengemeinschaft einen ersten wichtigen Schritt zur Erreichung des 2-Grad-Ziels unternommen hat: 150 Staaten haben sich am 15. Oktober 2016 im sogenannten Abkommen von Kigali darauf geeinigt, das Protokoll von Montreal zu verschärfen und den Gebrauch von klimaschädlichen Fluorkohlenwasserstoffen (FKW) einzuschränken.

Diese werden vor allem in Kühlschränken und Kühlanlagen eingesetzt; und die Nachfrage nach FKW wächst typischerweise im Gleichschritt mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Schaffen es die Staaten, FKW bis 2036 um rund 85 Prozent zu reduzieren, kann die Erderwärmung um rund 0,5 Grad gestoppt werden.

Zielerreichung ist umstritten

Der erste Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel scheint also geschafft. Nun beginnen die Arbeiten zur Umsetzung des Pariser Abkommens, das heisst die Regierungen der Unterzeichnerstaaten müssen ihre nationalen Aktionspläne ausarbeiten.

Ob diese Massnahmenpläne aber ambitiös genug sind, um das Klimaziel zu erreichen, darf bezweifelt werden. Ein Schwachpunkt des Abkommens ist, dass die einzelnen Staaten selbst über ihren Beitrag zur Zielerreichung entscheiden können.

Beobachter befürchten deshalb, dass die vorgesehenen Massnahmen nicht annähernd ausreichen werden, um das Ziel zu erreichen.

Was macht China?

Neben der EU, die sich das ambitiöse Ziel gesetzt hat, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren, stehen andere Staaten mit weniger ambitionierten Zielen. Zu diesen gehören auch die USA, die ihre CO2-Emissionen bis 2025 lediglich um rund 26 Prozent gegenüber 2005 verringern wollen.

Schwieriger zu beurteilen ist China, das zwar bereits heute am meisten in alternative Energieformen investiert, aber auch für rund einen Viertel der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist. Chinas CO2-Emissionen sollen bis maximal 2030 steigen und danach sinken.

Bis dann soll die Industrie zudem viel effektiver arbeiten, so dass bei gleich hoher Produktion 65 Prozent weniger CO2 ausgestossen wird. Weiter soll der Anteil erneuerbarer Energie bis zu diesem Zeitpunkt um rund 20 Prozent steigen.

Was tut sich diesbezüglich im Finanzsektor?

Unter Chinas Präsidentschaft hat sich die G20 dieses Jahr dem Thema eines nachhaltigen Finanzsystems gewidmet und die Green Finance Study Group ins Leben gerufen. Diese Gruppe hat vor kurzem den «Greening Banking Policy»-Report veröffentlicht. Darin diskutieren die Autoren die von den G20-Staaten bis anhin ergriffenen Massnahmen, um eine umweltfreundlichere Wirtschaft zu fördern.

Unter anderem stellen die Autoren fest, dass die Finanzakteure in den meisten G20-Staaten Umweltrisikofaktoren nicht in die Berechnung der Eigenkapitalanforderungen einbeziehen müssen. Anscheinend sind die staatlichen Akteure der Meinung, dass die Finanzmarktaufsichten mit Basel III die Flexibilität erhalten, die sie benötigen, um die Banken aufzufordern, relevante Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren.

Konkrete Massnahmen wären noch besser

Weiter sollen die Banken im Rahmen von Basel III aufgefordert werden, Umweltrisiken im Kreditgeschäft zu berücksichtigen. Dies erfolgt bis dato allerdings auch nicht.

Diese Erkenntnisse der Green Finance Study Group sind wichtig. Wichtiger wären aber konkrete Massnahmen der Staaten und der Finanzmarktakteure. Da passiert noch zuwenig.

Hohe Anpassungskosten drohen

Je länger die Finanzmarktteilnehmer mit dem Ergreifen von Massnahmen zuwarten, umso grössere Verluste könnten sie auf ihren Vermögenswerten erleiden. Dann nämlich, wenn Finanzinstitute in Unternehmen investiert sind, die die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt haben oder diese als vorübergehenden Trend abtun.

Solche Unternehmen werden früher oder später mit hohen Anpassungskosten aufgrund verschärfter Umweltauflagen, mit Folgekosten aus Umweltschäden sowie mit Reputationseinbussen konfrontiert sein. Stattdessen sollten Banken auf nachhaltige Unternehmen und Sektoren setzen, die zu einer kohlenstoffarmen und klimaneutralen Entwicklung beitragen.

Ein systematischer Prozess

Als wichtige Mittler zwischen Anlegern und kapitalsuchenden Unternehmen und Staaten können Banken bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Und gewisse Staaten – so die EU aber auch China – messen dem Finanzsektor eine wichtige Rolle zu, die Ziele erreichen zu helfen.

Die LGT hat bereits vor Jahren einen systematischen Prozess eingeführt, der eine vertiefte Due Diligence von Unternehmen aber auch Staatsanleihen vorsieht. Dieser berücksichtigt etwa auch die Unterzeichnung von internationalen Abkommen, wie dem Pariser Übereinkommen. Zudem bewertet sie die von Staaten ergriffenen Massnahmen zum Klimaschutz auf ihre Glaubwürdigkeit und den Beitrag zur Zielerreichung.


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