Weltweit haben Obligationen mehr als 450 Milliarden Dollar an Wert verloren, was im Umkehrschluss einen beachtlichen Anstieg der Anleihen-Rendite zur Folge hatte. Die Hintergründe.
Von Andreas Ruhlmann, Marktanalyst bei der IG Bank
Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe stieg um das 10-fache von 0.077 Prozent am 20. April 2015 auf mehr als 0.70 Prozent zum jetzigen Zeitpunkt.
Der Verfall der Bundesanleihe zog auch den gesamten globalen Anleihenmarkt nach unten. Dieser Ausverkauf findet statt, nachdem der US-Investor und Obligationen-Spezialist Bill Gross Bundesanleihen als einzigartige Verkaufsmöglichkeit bezeichnet hatte. Sollte dies den Funke dieses Ausverkaufes dargestellt haben, gibt es dementsprechend viele Erklärungen für diese ungewöhnlich hohe Volatilität am Anleihenmarkt.
Fundementale Gründe
Während das Halten von Anleihen mit negativen Renditen in einem deflationären Umfeld sinnvoll war, wurden die kurzfristigen Inflationserwartungen wegen des um 30 Prozent stark gestiegenen Ölpreises kurzfristig nach oben korrigiert. Die Verbesserung der makroökonomischen Gesamtsituation in Europa trug ebenfalls zu höheren Inflationsprognosen bei.
Markttechnische Gründe
Investmentbanken haben ihre Handelsaktivitäten an den Anleihemärkten auf Grund der höheren Eigenkapital-Vorschriften deutlich reduziert. Wir müssen uns nur an die UBS erinnern, die 10'000 Arbeitsplätze im Jahr 2012 in eben dieser Branche gestrichen hat. Ein geringes Handelsvolumen mit nur wenigen, aber stark positionierten Markteilnehmern sowie ein paar grosse Verkäufer genügen, um einen Schneeballeffekt auszulösen
Verschiedene Nebeneffekte
Höhere Rendite machen so genannte «Carry Trades» in Euro weniger attraktiv, da sie sich nachteilig auf Risikoanlagen wie Aktien auswirken. Gleichzeitig führt dies zu einem steigenden Eurokurs.
Was kommt als nächstes?
Diese Art der parabolischen Bewegung ist nicht nachhaltig. Die Renditen der 10-jährigen Obligationen in Deutschland nähern sich dem Höchsttand von 0,80 Prozent vom Dezember 2014 an; ein Niveau, das schwer zu überwinden sein sollte (vgl. Grafik).
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist durch das geldpolitische Lockerungsprogramm (Quantitive Easing) eine Zwangskäuferin europäischer Anleihen, was die Nachfrage in Schach hält. Darüber hinaus bleiben «Grexit»-Risiken eine Bedrohung, die kurzfristige Anleihen für Investoren weiterhin attraktiv hält.
Der steigende Ölpreis ist mehr auf den fallenden Dollar zurückzuführen, als auf eine drastische Veränderung in Angebot und Nachfrage. Mit dem steigenden Wachstum der US-Wirtschaft im zweiten Quartal 2015 könnte sich diese Bilanz schnell umkehren.
Wie können Sie davon profitieren?
Wenn höhere Renditen verblassen oder sich sogar umkehren, ist eine positive Wirkung auf die globalen Aktienmärkte mit einem neuen Rekord auf europäischen und amerikanischen Märkten durchaus denkbar. Der Euro sollte dabei zu seinem Abwärtstrend zurückkehren.