Das Risiko von Enttäuschungen an der amerikanischen Börse steige von Tag zu Tag, warnt Axa-Strategin Christina Böck. Höchste Zeit also, US-Aktien unterzugewichten. An Alternativen fehle ist ohnehin nicht.  

Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

Während sich die Konjunktur im Euroraum belebte, hat sie sich in den USA abgeschwächt. Für das erste Quartal 2015 wird in Amerika nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,5 Prozent erwartet.

Die Gründe sind vermutlich von temporärer Natur: der strenge Winter, die Störungen in den Häfen an der Westküste sowie niedrigere Investitionen im Energiesektor nach dem Ölpreisrückgang. Die Stärke des Dollars dürfte hingegen längerfristige Folgen haben.

US-Zinserhöhung spätestens im September?

In den nächsten Quartalen werden aber der Ölpreisrückgang und die niedrige Zehnjahresrendite vermutlich die Konjunktur beflügeln.

Die Zinsentwicklung in den USA steht nach wie vor im Mittelpunkt, und wir erwarten, dass Anzeichen für mehr Lohnwachstum die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) spätestens im nächsten September zu einer Zinserhöhung bewegen werden.

Alles ungewiss in Grossbritannien

Das könnte angesichts der Kluft zwischen den Erwartungen von Notenbank und Markt heftige Marktreaktionen auslösen.

Für Grossbritannien hängen die Aussichten extrem von den Unterhauswahlen am 7. Mai ab. Ihr Ausgang ist äusserst ungewiss und könnte angesichts der sehr unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Programme die Prognosen erheblich verändern.

«Konjunkturereignis Italien»

Im März 2015 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Wertpapier-Kaufprogramm begonnen, das wie gewünscht wirkt: Die Zinsen fallen, die Aktienkurse steigen, der Euro verliert an Wert und die Inflationserwartungen ziehen an. So revidieren wir auch unsere Wachstumsprognosen für den Euroraum nach oben.

Eine Wende in Italien könnte das Konjunkturereignis des Jahres 2015 werden. Die Arbeitsmarkt-Reformen zahlen sich allmählich aus, und die «Popolari»-Reform könnte die Finanzlandschaft verändern. Griechenland ist weiterhin das Risiko Nummer eins. Aber auch im schlimmsten Fall eines Ausfalls oder des «Grexit» rechnen wir nicht mit einer Ansteckung anderer Peripherieländer.

Risiko weiterer Enttäuschungen

Seit September 2014 hat der US-Aktienmarkt rund 5 Prozent zugelegt, obwohl die Gewinndynamik heute kaum mehr positiv ist. Die amerikanische Börse ist im internationalen Vergleich hoch bewertet, die Gewinne je Aktie liegen um 15 Prozent über dem Trend, und die Gewinnmargen sind unter Druck.

Das Risiko weiterer Enttäuschungen in der bevorstehenden Berichtssaison zum ersten Quartal 2015 steigt von Tag zu Tag. Wir erwarten in den kommenden Quartalen stagnierende Gewinne und empfehlen, US-Aktien kurzfristig unterzugewichten und die gesamte Aktiengewichtung auf neutral zu senken.

Erleichterter Schuldendienst

Das Quantitative Easing der EZB wird die Euroraum-Aktien weiter stützen, und wir empfehlen hier eine Übergewichtung. Die extrem niedrigen Langfristrenditen treiben die Anleger von Anleihen in Aktien und der resultierende schwächere Euro dürfte 2015 die Gewinne je Aktie ceteris paribus um 4 Prozent steigen lassen.

Dazu werden die niedrigeren Schulden und Zinssätze wohl den Schuldendienst erleichtern und den Unternehmen höhere Margen bescheren.

Riesige Angebot

Bei den aktuellen Renditeniveaus erscheinen uns die Risiko-Ertrags-Profile langfristiger Staatsanleihen recht ausgewogen. Die EZB-Wertpapierkäufe haben zwar in ihrem ersten Monat viel der erwünschten Wirkung gezeigt, aber eine Enttäuschung war, dass sich die Peripherieländer-Spreads aus technischen Gründen noch nicht stark verengten, was aber in den nächsten Monaten geschehen sollte.

Die Unternehmensanleihe-Spreads weiteten sich im März aus, hauptsächlich auf Grund des riesigen Angebots beiderseits des Atlantiks. Insgesamt erwarten wir in nächster Zeit bessere Marktbedingungen für Unternehmensanleihen, insbesondere für Euro-Anleihen.

Vier Gründe für Dividendenpapiere

Längerfristig bleiben Aktien unsere bevorzugte Anlageklasse, denn wir rechnen nach wie mit vier Dingen:

1. Die Fed wird die Zinsen äusserst vorsichtig erhöhen und bei jedem Anzeichen einer Konjunkturschwäche eine Pause einlegen.

2. In der übrigen Welt steht nach wie vor mehr als genug Liquidität zur Verfügung, nicht nur im Euroraum, sondern auch in Japan und den Emerging Markets (ausser Brasilien).

3. Die – wenn auch flaue – Konjunktur zieht weltweit weiter an.

4. Die Fusions- und Übernahmetätigkeit ist wieder in Gang gekommen und dürfte angesichts gefüllter Unternehmenskassen anhalten.


Christina Bock 180Christina Böck studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, bevor sie einen Master in Management an der H.E.C. in Paris erlangte. Ab 1994 war sie bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers stiess sie 2001. Seit 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.