Das Ende der Euro-Untergrenze sei ein Trauma für die Branche, sagt Axa-Strategin Christina Böck. Auf Grund der Bewertungs-Vorschriften für Schweizer Pensionskassen öffne sich nun eine gefährliche Schere.  

Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

Der Staub hat sich noch nicht gelegt. Die kürzliche Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Euro-Untergrenze aufzuheben, stellt nach wie vor ein Trauma für die Finanzmärkte dar, und der Prozess der Preisfindung in den Zins- und in den Devisenmärkten hat sich bislang nicht normalisiert.

Im Gegenteil: Die Geld-Brief-Spanne auf dem Währungspaar Dollar/Franken lag in den vergangenen Tagen bei ungefähr 0,4 Prozent – was das Zehnfache der durchschnittlich im Jahr 2014 festgestellten Bandbreite ist.

Ein Durcheinander bei Währungsabsicherungen

Besonders durcheinander ist der Markt für Währungsabsicherungen: Der Preis, den man als Schweizer Investor für eine einmonatige Absicherung einer Dollar-Position zu zahlen hat, schwankt innerhalb eines Tages schon einmal zwischen 3 und 5 Prozentpunkten.

Und die Zinsen auf zehnjährige Eidgenossen hatten ihren letzten Tiefstand bei -0,3 Prozent – am 29. Januar 2014 lagen sie schon wieder bei «grosszügigen» -0,01 Prozent. Unmöglich zu sagen, wo sich diese Bewegungen in den nächsten Wochen einpendeln werden.

Obwohl der Franken fundamental nun stark überbewertet erscheint, ist es dennoch unwahrscheinlich, dass wir einen Kurs gegen den Euro von 1.20 Franken so bald wiedersehen werden. Nach Schätzungen des internationalen Research-Unternehmens Towers Watson sind durch die Bewegungen seit dem Ende des Mindestkurses Pensionskassen-Vermögen von rund 30 Milliarden Franken verloren gegangen.

Langfristig noch grösserer Schaden

Diese Zahl beinhaltet sowohl Verluste auf Währungspositionen und Schweizer Aktien, als auch Gewinne auf Schweizer Obligationen, wenn diese Allokation in den letzten Jahren auch rückläufig war. Zum Jahresende 2014 schätzte das Pensionskassenbarometer von Swisscanto den durchschnittlichen Deckungsgrad der privaten Pensionskassen auf knapp 116 Prozent. Nach den jüngsten Entwicklungen beläuft er sich unseren Schätzungen zufolge nun aber eher auf etwa 111 Prozent.

Es sind allerdings nicht nur diese kurzfristigen Bewegungen in den Märkten, die Anlass zu Bedenken geben. Langfristig ist der Schaden vermutlich noch viel grösser. Denn durch die Bewertungsvorschriften für Schweizer Pensionskassen erleben wir nun die weitere Öffnung einer gefährlichen Schere, nämlich jene zwischen der Verzinsung der Verpflichtungen und den auf den Anlagen zu erzielenden Renditen.

Künftig unmögliche Performance

Auf der Aktivseite werden die Negativzinsen mit der Zeit auf die Cash-Positionen durchschlagen – da darf man sich keine Illusionen machen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich manche Pensionskassen bereits Gedanken über die Hortung von Bargeld machen, denn die Lagerungs- und Sicherungskosten kommen bestimmt unterhalb der Negativzinsen von -0,75 Prozent zu liegen.

Auf der Passivseite verzinsen viele Pensionskassen die Alterskapitalien der Aktiven noch recht grosszügig, oft mit deutlich über 3 Prozent, insbesondere auf Grund der guten Performance von 2014, die laut Swisscanto mehr als 8 Prozent betrug. Aber diese Performance lässt sich in der Zukunft kaum mehr erwirtschaften.

Technische Zinsen anpassen

Der technische Zins (für das Kapital der Rentner) war schon in der Vergangenheit zu hoch – inzwischen ist die Spanne zwischen dem durchschnittlichen technischen Zins und den Marktzinsen noch einmal geradezu explodiert – die technischen Zinsen müssen also dringend weiter nach unten angepasst werden, um die Umverteilung von Aktiven zu Rentnern in Schranken zu halten. Die SNB erhöht also einen bestehenden Anpassungsdruck noch einmal deutlich weiter.

Was ist also tun?

Durch die Absenkung der Zinsen ist die relative Risikoprämie für Aktien stark gestiegen. Dazu kommt, dass Schweizer Aktien durchschnittlich 10 Prozent verloren haben, in Vorwegnahme einer kommenden Wachstumsabschwächung oder Rezession. Man sollte sich folglich neu überlegen, ob diese gestiegene Risikoprämie nicht eine in der Zukunft schwächere Wirtschaft überwiegt.

Aus meiner Sicht sind Aktien, Schweizer und Europäische, deutlich interessanter geworden und in der Kombination mit Absicherungen gegen Extremverluste sicher heute eine Investition wert.


Christina Bock 180Christina Böck studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, bevor sie einen Master in Management an der H.E.C. in Paris erlangte. Ab 1994 war sie bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers stiess sie 2001. Seit 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.