Die Wahl von Mark Branson zum Banken-Überwacher provoziert Kritik – und unterstreicht das Dilemma, in dem sich die Finma befindet.
Dass das zu reden geben wird, war klar: Die Wahl von des UBS-Mannes Mark Branson zum Leiter des Geschäftsbereichs Banken der Finma ist ein widersprüchliches Signal – und politisch von erheblicher Brisanz.
«Riskanter Finma-Entscheid», titelt denn auch die «Basler Zeitung» heute, und «Le Temps» in Genf nennt es «Une nomination qui pose problème».
Der Brite Branson, 41, war gerade durch seine Auftritte in den Anti-UBS-Senatshearings in Washington als Gesicht der Grossbank erschienen – und als ihr glaubwürdiger Verteidiger. Auf der anderen Seite wird der Finma – wie zuvor der EBK – regelmässig vorgeworfen, sie sei zu sehr mit Grossbanken-Vertretern durchsetzt, was eine gesunde Distanz verunmögliche. Und immerhin sind sowohl Finma-Präsident Eugen Haltiner als auch Finanzminister Hans-Rudolf Merz ehemalige UBS-Leute.
Jetzt neu: Finma versus Nationalbank
«Bransons Wahl birgt die Gefahr, dass die dem guten Funktionieren der Finma kaum zuträgliche Polemik um die Unabhängigkeit neu entflammt wird», meint denn auch die «Basler Zeitung».
Konkretes Beispiel: Für die SP-Finanzpolitikerin Susanne Leutenegger Oberholzer zeigt Bransons Berufung denn auch «die totale Abhängigkeit der Finma von den Grossbanken» – und ergo stellt die Nationalrätin die Frage wieder in den Raum, ob die Grossbanken nicht besser von der Nationalbank überwacht werden sollten.
Allerdings: Dass Bransons Ernennung einen Proteststurm provozierte, liesse sich nicht behaupten. Und die kritische Frage, was der neue Bankengendarm denn wusste über die illegalen Machenschaften von UBS-Bankern in Amerika, wurde bislang nicht laut gestellt.
CVP-Nationalrat Pirmin Bischof nannte die Wahl in der «Baz» zwar «nicht unproblematisch», doch er störte sich vor allem am Zwang, dass Branson bei UBS-Geschäften in den Ausstand treten müsse: «Ich glaube weniger, dass die Unabhängigkeit der Finma gefährdet ist als deren Handlungsfähigkeit.»
Auf der anderen Seite begrüssten beispielweise SVP-Finanzexperte Hans Kaufmann und FDP-Ständerat Rolf Schweiger die Wahl. Auch die Bankiervereinigung äusserte sich positiv zu Branson.
Ein klares Links-Rechts-Problem also? Nicht unbedingt. «Le Temps» zitiert Genfer Bankiers, die ebenfalls Kritik äussern an der Wahl eines UBS-Mannes. Dies sei politisch unsensibel, und obendrein – so ein Bankier – fehle dem Briten die Erfahrung im Private Banking.
War Mark Branson «offen für Neues»?
Aus Bransons zwiespältiger Lage ziehen der «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» eine für ihn persönliche Konsequenz: «Eines kann dem künftigen Finma-Repräsentanten aber kein noch so rigoroser Kodex abnehmen: mit sachgerechter und couragierter Aufsicht persönliche Glaubwürdigkeit zu erlangen.»
Die «Neue Zürcher Zeitung» schliesslich deutet die Wahl als Zeichen dafür, «dass die Auswahl an valablen Kandidaten beschränkt war.» Das Jahresgehalt liege zwar über 300'000 Franken – zugleich liege es aber unter den 500'000 Franken von Finma-Direktor Patrick Raaflaub. «So generös dieses Paket ist – absolute Spitzenleute kann die Finma damit nicht für sich gewinnen», folgert die NZZ.
Und so könnte der Wechsel durch die innere Entwicklung bei der UBS gefördert worden sein: Bislang war Branson ja als Finanzchef von Wealth Management & Swiss Bank tätig, und er sass im Group Managing Board der UBS. «Im Gefolge der Rezentralisierung der UBS-Führungsstrukturen ist im vergangenen Frühling ein grosser Teil der Aufgaben Bransons in die Konzernleitung verschoben worden», schreibt die NZZ, «was den Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung verstärkt haben mag.»
Der Werdegang von Mark Branson
Der studierte Mathematiker arbeitete seit gut zehn Jahren in verschiedenen Positionen für die UBS. Stets eilte ihm der Ruf eines unaufgeregten, hoch intelligten Managers voraus, der viel Arbeit nicht scheut und selbst in hektischen Zeiten kollegial bleibt. Er ist rhetorisch sattelfest, Kollegen sagen von ihm, dass er ein sehr gutes Gedächtnis besitze.
Mark Branson hat einen Master of Science der University of Lancaster sowie einen Master of Arts des Trinity College Cambridge. Nach vier Jahren bei Coopers & Lybrand und drei Jahren bei der Credit Suisse wechselte er 1997 zur Investmentbank des Schweizerischen Bankvereins, SBC Warburg, später Warburg Dillon Read genannt, wo er in strategische Funktionen im Bereich Operations & Logistik übernahm. 1999 übernahm er die Leitung des Bereichs Investor Relations der UBS.
Von 2002 bis 2005 präsentierte er als Kommunikationschef auf Augenhöhe mit den Vertretern der Konzernspitze jeweils das Geschäftsergebnis der Schweizer Grossbank und war für die Aussenwirkung des Unternehmens massgeblich verantwortlich. Auch diese Aufgabe meisterte er selbstbewusst, aber nie überheblich. Er war stets zur Stelle, machte aus seiner Funktion jedoch nie einen Personenkult.
Dieser durchaus bescheidene Arbeitsstil trug wesentlich dazu bei, dass Mark Branson dann im Januar 2006 zum CEO von der UBS Securities Japan Ltd. ernannt wurde und sowohl dem Management Committee der UBS Investment Bank als auch dem UBS Investment Bank Board angehörte. Alsbald kehrte er jedoch in die Schweiz zurück, wo er zur Bewältigung der Subprime-Krise und der US-Ermittlungen wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung mit seinem Gespür dringend gebraucht wurde und neue Aufgaben zugeteilt bekam.