Im internationalen Wettkampf um den attraktivsten Fintech-Standort in der Welt schaffen es gleich zwei Schweizer Finanzzentren an die Spitze. Nur ein Standort bietet noch bessere Bedingungen.
Oft standen die Schweizer Behörden in der Kritik, sie würden zu lasch agieren, um die Schweiz als Fintech-Standort mit globaler Ausstrahlung zu positionieren. Mittlerweile hat die Schweiz aber sehr gute Bedingungen für die Startup-Szene geschaffen.
Dieses Fazit zieht eine Studie (bezahlpflichtig) des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ Hochschule Luzern. Demnach liegen Zürich und Genf im internationalen Vergleich auf den Plätzen zwei und drei (siehe Grafik) und damit noch vor dem Fintech-Mekka London. Auf den Spitzenplatz schaffte es die asiatische Finanzmetropole Singapur. Insgesamt untersuchte das IFZ 27 Fintech-Zentren.
Das Ranking basiert auf 68 Indikatoren, welche die Rahmenbedingungen bezüglich des politischen, rechtlichen, ökonomischen, sozialen sowie technologischen Umfelds zeigen.
Nachbesserungen in zwei Bereichen
So wurden unter anderem die politische Stabilität, die Effizienz der Behörden, der Zugang zu Krediten und Venture Capital, die Anzahl Studienabgänger in den Bereichen Wissenschaft und Technik sowie der Zugang und der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie berücksichtigt.
Aufholpotenzial gegenüber dem Spitzenreiter Singapur haben die beiden Schweizer Städte vor allem in der ökonomischen und technologischen Dimension, wie die Studienautoren feststellen.
Zürich verteidigt Spitzenplatz
Im vergangenen Jahr ist die Fintech-Szene hierzulande deutlich gewachsen. Rund 190 Fintechs sind in der Schweiz tätig. Das ist laut den Studienautoren ein Zuwachs von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
In Bezug auf die Anzahl domizilierter Unternehmen konnte Zürich mit nun 84 (+12) Fintech-Firmen die Spitzenposition ausbauen, gefolgt von Zug mit 29 (+8) und Genf mit 19 (+6).
Trotz der steigenden Zahl von Fintech-Unternehmen konnte dieses Wachstum «noch nicht vollumfänglich in neue Arbeitsplätze oder höhere Unternehmensbewertungen umgesetzt werden», stellte Thomas Ankenbrand (Bild oben links), Projektleiter der «IFZ FinTech Study 2017» fest. Insofern habe die Fintech-Branche in der Schweiz noch viel Wachstumspotenzial.
Zugang zu internationalen Märkten
Das IFZ stellte aber fest, dass der Schweizer Markt zu klein ist, um alle Fintech-Geschäftsmodelle rentabel betreiben zu können. Deshalb verfolgen laut Studie rund 60 Prozent der Firmen ein internationales Business-to-Business-Geschäftsmodell.
Entscheidende Faktoren für den Fintech-Standort Schweiz seien überdies die Gewähr, dass Produkte und Dienstleistungen global exportiert werden können und ein globaler Zugriff auf talentierte Mitarbeitende und Risikokapital vorhanden sei.
Auch was das regulatorische Umfeld angeht, ist die Schweiz gut beraten, weiterhin dynamisch auf kommende Entwicklungen zu reagieren. «Ansonsten werden vielen Unternehmen den globalen Markt nicht mehr von der Schweiz aus bearbeiten», warnt Ankenbrand.
Kooperation anstatt Konkurrenz
Ein weiterer interessanter Befund der Studie ist das Verhältnis zwischen Banken und den Fintechs. Letztere bedrohen mit günstigen Finanzdienstleistungen die meist viel teureren Produkte der Banken.
Die Wissenschaftler des IFZ kommen aber zum Schluss, dass die Firmen in den meisten Fällen mit den Banken kooperieren oder deren Zulieferer sind. «Die Firmen unterstützen also die Banken in ihren Digitalisierungsbemühungen als innovative Speerspitze, statt diese direkt zu konkurrenzieren», so Ankenbrand.