Der UBS-Präsident legt den Finger auf einen wunden Punkt: die massiven Wertschriftenkäufe der Notenbanken. Axel Weber sieht deswegen jetzt Risiken wie kurz vor der Finanzkrise.
Axel Weber ist ehemaliger Notenbanker. Von 2004 bis 2011 präsidierte er die Deutsche Bundesbank und war Führungsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), bevor er 2012 das Präsidium der Schweizer Grossbank UBS übernahm.
Das hindert ihn nicht daran, den Kollegen von einst an den Karren zu fahren. Im Gegenteil: gegenüber dem amerikanischen TV-Sender «CNBC» wirft Weber den Währungshütern eine massive Beeinflussung der Finanzmärkte vor.
Die Auswirkungen dieser Interventionen erinnern den obersten UBS-Banker mittlerweile gar an den Auftakt der Finanzkrise, wie er gegenüber dem Sender ausführte.
Die ultimativen Käufer
Mit ihren Wertschriftenkäufen avancierten die Notenbanken inzwischen in den meisten Märkten zur zentralen Gegenpartei. Ja, sie seien inzwischen die «ultimativen Käufer», so der UBS-Präsident weiter.
Die anderen Investoren müssten hingegen mit Anlagen vorlieb nehmen, mit denen sie kaum umgehen könnten. Das erinnere ihn, warnte Weber, an die Entwicklungen in «einer anderen Anlageklasse» im Jahr 2007.
Zentralbanken wie Staubsauger
Tatsächlich legte Weber damit den Finger auf einen Wunden Punkt. Insbesondere im Anleihenmarkt, in dem sich Pensionskassen und andere institutionelle Anleger von Vorschrift wegen tummeln müssen, wird die Liquidität wegen der Notenbank-Käufe zunehmend knapp.
Laut Berechnungen der amerikanischen J.P. Morgan Asset Management, die kürzlich an einer Medienkonferenz in London vorgestellt wurden, haben die Zentralbanken den Obligationenmarkt fest in ihrem Griff. So halten sie rund die Hälfte aller ausgegebenen Staatsanleihen und «saugen» vier Fünftel der Neuemissionen ab; ihre Bilanzen sind aufgrund der massiven Zukäufe in den letzten zehn Jahren um 300 Prozent angeschwollen.
Kraftloser Vorschlaghammer
Die anderen Investoren müssen kaufen, was übrig bleibt – Hochverzinsliche Papiere, die aber auch höhere Risiken bergen. In diesem Marktsegment ist ein veritabler Schulden-Boom festzutellen: In den letzten zwanzig Jahren hat sich das Hochverzinslichen-Volumen in den USA und Europe vervierfacht, so J.P. Morgan Asset Management.
Und trotz allem konnten die Notenbanken weder die Inflation neu entfachen noch ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum herbeiführen. Die Antwort der Notenbanken waren bisher immer umfangreichere Interventionen – wie die Bank of England, die im Sommer den Folgen des Brexit mit dem «Vorschlaghammer» entgegentreten wollte.
Hohe Politik beunruhigt
Doch immer mehr Experten sehen die Wirkung der Zentralbank-Eingriffe verpuffen. Übrig bleiben Märkte, bei denen selbst Spezialisten Schwierigkeiten bekunden, den Faktor Notenbanken aus den Preisen herauszurechnen, wie UBS-Weber feststellte.
Entsprechend mehren sich die Warner, neuerdings sogar in der hohen Politik. So machte sich die britische Premierministerin Theresa May trotz den wenig absehbaren Folgen des Brexit-Votums jüngst für ein Ende der Niedrigzinspolitik stark.